Vorsicht beim Umbau
Für neue Maschinen ist eine CE-Kennzeichnung Pflicht. Dass auch für modifizierte Maschinen eine Konformitätsprüfung erforderlich werden kann, ist vielen Betrieben nicht bewusst.
Mal eben Maschinen umbauen, sie an den Stand der Technik anpassen, mit leistungsfähigen Antrieben, Zusatzeinrichtungen oder neuer Steuerungssoftware ausstatten, das ist in Produktionsbetrieben üblich. Vielen Verantwortlichen ist dabei nicht bewusst, dass nach dem Umbau einer Maschine eine erneute Prüfung der Konformität nach EU-Recht erforderlich sein kann. Dass die Zeit fehlte, sich damit zu beschäftigen, ist aber keine Entschuldigung. Denn hier geht es um Konformität mit dem EU-Recht, die mit dem CE-Zeichen bescheinigt wird. Damit geht es letztendlich um Haftungsfragen, die im schlimmsten Fall mit Gefängnisstrafen geahndet werden können. Eine Geldstrafe nach einer Kontrolle durch die Marktaufsicht ist da noch das kleinere Übel.
CE-Richtlinie
CE steht für Conformité Européenne, also die Konformität nach EU-Recht
Maschinenhersteller erklären mit dem CE-Kennzeichen, dass ihr Produkt die Anforderungen der europäischen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG beziehungsweise des deutschen Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) und der Produktsicherheitsverordnung (9. ProdSV) erfüllt, dass die Maschine einem Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen wurde und entsprechende Dokumente vorliegen.
Das CE-Kennzeichen ist für den Verkauf von Maschinen oder technischen Produkten in der EU verpflichtend.ckd
Doch soweit soll es erst gar nicht kommen. Ob der Umbau einer Maschine dazu führt, dass der Betreiber eine Prüfung erstellen muss, kann er z. B. mithilfe eines Flussdiagramms entscheiden. Das findet er im Interpretationspapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Thema „wesentliche Veränderung“ an Maschinen, das im April 2015 veröffentlicht wurde. „Das Dokument berücksichtigt die wichtigsten Aspekte und ist auch am praktikabelsten“, sagt Thomas Kramer-Wolf, Fachreferent für Safety und Maschinenbau bei Wieland-Electric, einem Hersteller elektrischer Verbindungstechnik.
Auch wenn ein CE-Konformitätsverfahren nur im Falle einer „wesentlichen Veränderung“ nötig wird, darf sich ein Betreiber nicht allein darauf beschränken. Denn er muss laut den betrieblichen Arbeitsschutzpflichten bei allen Veränderungen an seiner Maschine eine Gefährdungsbeurteilung nach §3 der Betriebssicherheitsverordnung machen. „Hierbei ist wichtig, dass selbst die kleinste Änderung und deren Bewertung mit ein paar Sätzen auf einem Blatt Papier mit Datum und Unterschrift dokumentiert wird“, bekräftigt Kramer-Wolf, der sich seit 17 Jahren mit der funktionalen Sicherheit beschäftigt .
Trotz Flussdiagramm und Dokumentation ist es für viele Betriebe nicht einfach zu entscheiden, ob sie das Konformitätsverfahren durchlaufen müssen. Diesen Unternehmen können Schulungen helfen. Erst kürzlich gab es an der Mechatronikakademie des Clusters Mechatronik & Automation Management aus Augsburg ein Seminar, wie sich der Umbau alter Maschinen und neuer Kombination auf die CE-Konformität auswirkt.
„Wir haben festgestellt, dass das Thema bei den Unternehmen eine hohe Relevanz hat“, sagt Thomas Helfer, Leiter der Mechatronikakademie. Die Nachfrage sei so groß gewesen, dass es ihm zufolge nicht nur einen zusätzlichen Termin gibt, sondern auch Inhouse-Schulungen.
Schulungen scheinen auch nötig zu sein: „Es gibt noch sehr viele Maschinenbetreiber, die an der CE-Kennzeichnungspflicht nach dem Umbau der Maschine, die wesentlich verändert wurde, zweifeln“, sagt Thomas Kraus, der im VDMA für die Maschinenrichtlinie zuständig ist und immer wieder Anrufe mit dieser Fragestellung erhält. „Das Konformitätsverfahren zur CE-Kennzeichnung muss der Betreiber für eine Maschine, die er wesentlich verändert hat, auch so durchführen, dass es einer Überprüfung standhält. Das kann niemand, ohne dass er die gesetzlichen Pflichten kennt“, beschreibt Kraus die Situation. Schließlich übernehme der Betreiber damit Herstellerpflichten.
Der Bedarf an fachspezifischer Expertise, sicherheitsrelevante Anforderungen zu erfüllen – darum geht es bei der CE-Kennzeichnung –, wächst bei Herstellern ebenso wie bei Betreibern. Und das nicht ohne Grund: „Bei einer wesentlichen Veränderung an der Maschine muss wie beim Neubau auch die Konstruktion geprüft oder dargelegt werden“, weiß Peter Placke, CE-Koordinator und Fachsicherheitsingenieur beim Erstausrüster Bosch Rexroth, dessen Service sich auch der Modernisierung von Maschinen angenommen hat. Dazu gehört heute eine Reihe Dokumente und Auslegungsberechnungen, die vom Maschinenhersteller erstellt werden. „Ein Betreiber verfügt über diese Konstruktionspläne üblicherweise nicht, daher muss er selbst die nötigen Berechnungen und Auslegungen erstellen oder die Leistung extern einkaufen“, ergänzt Placke.
Der Aussage des Experten zufolge, sollten Betreiber daher im Vorfeld je nach Anforderung abwägen, welcher Weg der richtige ist: ein Umbau mit einer wesentlichen Veränderung, ein Neukauf oder der Erwerb einer geeigneten Gebrauchtmaschine. Es gäbe aber auch sehr viele Fälle, in denen ein Retrofit ohne eine wesentliche Veränderung auskomme und die Maschine hinterher dennoch produktiver und gegebenenfalls auch sicherer sei. Und das ist, wie Placke versichert: „in der Praxis sogar die Regel.“ciu
Inzwischen bieten viele Veranstalter CE-Seminare an. Speziell um die „CE-Kennzeichnung im Maschinen- und Anlagenbau“ geht es z. B. Ende Oktober in Aschheim bei München beim VDI Wissensforum.