Wasserstoff: Pilotprojekt für grünen Stahl startet 2022 im Emsland
Der Energiekonzern RWE, das Projekt- und Planungsbüro LSF, der Stahlspezialist Benteler Steel/Tube und das Aachener Start-up CO2Grab wollen gemeinsam Technologien „zur CO2-freien Stahlproduktion“ entwickeln und testen. Heute wurde bekannt, dass das Konsortium 2022 im Rahmen eines Demonstrationsprojekts eine Wasserstoff-Direktreduktionsanlage auf dem Geländes des RWE-Gaskraftwerks im niedersächsischen Lingen bauen will.
Heute gab Niedersachsen Umwelt- und Energieminister Olaf Lies dem Aachener Start-up CO2Grab eine Förderzusage des Landes über 3 Mio. €. Das erst im letzten Jahr gegründete Unternehmen fokussiert auf die Dekarbonisierung energieintensiver Industrien wie Zement, Stahl und Chemie. Konkret werde das Geld in ein „Demonstrationsprojekt einer grünen Wasserstoff-Direktreduktionsanlage auf dem RWE-Kraftwerksgelände in Lingen“ fließen, so die Meldung von RWE.
Grüner Wasserstoff, der mit Ökostrom erzeugt worden ist, gilt inzwischen als Königsweg der Stahlbranche auf dem Weg der Dekarbonisierung. Doch wie gelingt es, mit dem Energieträger der Zukunft klimaneutralen Stahl kostengünstig zu produzieren? Diese Frage will das Konsortium aus dem Energiekonzern RWE, dem Projekt- und Planungsbüro LSF, dem Stahlspezialist Benteler Steel/Tube und dem Aachener Start-up CO2Grab unter anderem mit Hilfe des Demonstrators in Lingen beantworten.
Defossilisierung der Stahlindustrie zentral für Energiewende in Deutschland
Das, wofür man vor einigen Jahren vermutlich noch belächelt worden wäre, wird Wirklichkeit: die Defossilisierung der Stahlindustrie in Deutschland. Sie sei zentral, damit die Energiewende in Deutschland gelingt, erklärte Lies. Mit Know-how, Willen und Überzeugung bringe man die einst als „unvereinbar geltenden Ziele“ zusammen: Klimaschutz und Energiewende mit der notwendigen Zukunftsfähigkeit für unseren Industriestandort und den damit verbundenen guten Arbeitsplätzen.
Bei der Direktreduktion wird Eisenerz mithilfe von Wasserstoff reduziert. Diese Direktreduktion wird „grün“, wenn der Wasserstoff „grün“ ist. Der ist „grün“, wenn die Elektrolyseure und Anlagentechnik, mit denen der Wasserstoff hergestellt wird, mit Grünstrom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben werden.
Der Wasserstoff reagiert dabei mit dem Sauerstoff im Eisenerz (Eisenoxid) und wandelt es in sogenannten Eisenschwamm um. Dieser Prozess wird „direct reduced iron“ (DRI) genannt. Statt Kohlenstoffdioxid wie bei der klassischen Hochofenroute, entsteht bei dieser Technologie Wasserdampf. Der Eisenschwamm wird anschließend mit Stahlschrott eingeschmolzen und zu Stahl weiterverarbeitet.
Wasserstoffstahl für CO2-arme Rohrlösungen
Benteler Steel/Tube, der Stahlzweig der familiengetragenen Industrieholding Benteler International AG, will zukünftig diesen Stahl verwenden, um daraus CO2-arme nahtlose und geschweißte Rohrlösungen zu produzieren. Das passt, denn der zweite Zweig von Benteler ist die Automotive-Sparte. Dessen Kunden, die international tätigen Automobilhersteller, ,gehören zu den ersten Kunden, die bei vielen der inzwischen europaweit angestoßenen Projekte zu Wasserstoffstahl oder grünem Stahl inzwischen als Erstanwender feststehen.
Im Rahmen des Forschungsprojekts sollen im ersten Schritt über 1 t/h an Eisenschwamm mithilfe von grünem Wasserstoff produziert werden. Der grüne Wasserstoff soll über Elektrolyseanlagen auf dem Kraftwerksgelände erzeugt und in die DRI-Anlage eingespeist werden. Die Konsortialpartner bescheinigen der DRI-Technologie „großes Potenzial zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie“. Bauen und betreiben will die Anlage das Start-up CO2Grab, an das auch der Förderbescheid ging. LSF wird die Betriebsweise der Elektrolyse optimieren, vor allem die Anpassung an die fluktuierende Produktion von Wind- und Solarstrom steht hier im Vordergrund.