Erster erfolgreicher Linear-Aerospike-Triebwerkflug
Dem deutschen Unternehmen Polaris Raumflugzeuge gelang der erste erfolgreiche Flug eines Linear-Aerospike-Triebwerks mit seinem Demonstrator Mira II – eine Weltpremiere. An dem Triebwerkstypen waren zuvor die großen Namen der Raumfahrtgeschichte gescheitert.
Das deutsche Luft- und Raumfahrtunternehmen Polaris Raumflugzeuge hat erfolgreich ein Linear-Aerospike-Triebwerk im Flug gezündet. Am 29. Oktober kam der Antrieb, AS-1F, auf eine Brenndauer von 3 s. Dieser verbrennt Flüssigsauerstoff (LOX) und Kerosin.
Das teilte Polaris auf der Social-Media-Plattform Linkedin mit. „Wir sind unglaublich stolz auf diese Leistungen und freuen uns auf die nächste Reihe von Flugkampagnen, die den Einsatzbereich des Triebwerks und das Leistungsvermögen des Fahrzeugs schrittweise erweitern werden“, heißt es.
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Flug mit reduzierter Treibstoffladung
Polaris hat die Tests mit dem Flugdemonstrator Mira II durchgeführt, der wie ein Flugzeug Tragflächen und ein Fahrwerk hat. In den Tagen vor der Aerospike-Zündung hatte Polaris bereits erste Flugtests mit Mira II durchgeführt. Die Kampagne fand in Peenemünde statt.
Polaris gibt an, der Triebwerkstest habe aus Sicherheitsgründen mit reduzierter Treibstoffmenge und reduziertem Brennkammerdruck stattgefunden. Das Triebwerk hat demnach in 3 km Entfernung zum Startpunkt über der Ostsee gezündet. Mira II verzeichnete eine Beschleunigung von 4 m/s2 – das entspricht einem Schub von 900 N –, gewann an Höhe und landete nach dreieinhalb Minuten wieder in Peenemünde.
In zukünftigen Kampagnen will Polaris die Brenndauer und den Schub des Triebwerks schrittweise steigern. In Zukunft will das Unternehmen auch den 7 m bis 8 m langen Überschalldemonstrator Nova nutzen.
Das ist der Vorteil beim Aerospike-Triebwerk
Im perfekten Schubstrahl sind die Gasmoleküle parallel zueinander, wenn sie die Brennkammer verlassen. Beim gebräuchlichsten Triebwerkstyp, der Lavaldüse, ist das nur in einem eingeschränkten Höhenkorridor so; der Schub ist stark vom Umgebungsdruck abhängig. Beim Start (sea level) schnürt der Schubstrahl in der Tendenz ein, im Vakuum des Orbits fächert er auf.
Der Aerospike-Antrieb hat diesen Nachteil nicht – und verbraucht in der Theorie ein Drittel weniger Treibstoff. Das Gas wird so gelenkt, dass der Schubstrahl immer parallel bleibt; die Performance wird unabhängig vom Umgebungsdruck. Dafür wird das Gas in der Düse geführt: Ein Führelement, der Spike, muss mitten im Schubstrahl montiert werden. Es gibt runde und – wie bei Polaris – lineare Spikes.
Bei beiden Typen ist das grundsätzliche Problem dasselbe: Der Spike ist extrem hohen Temperaturen ausgesetzt und muss effizient gekühlt werden. Seit den 1960er-Jahren arbeiten vor allem US-Unternehmen am Aerospike-Prinzip, darunter Rocketdyne und Lockheed Martin. Alle sind gescheitert – oder vor der Komplexität des Antriebs zurückgeschreckt.
Dass sich neuerdings wieder Unternehmen an der Technik versuchen, liegt an der Reife additiver Fertigungsverfahren. Mit diesen lassen sich filigrane Kühlkanäle im Spike fertigen, durch die der Treibstoff zur Kühlung hindurchgeleitet werden kann.