Hinweise auf den Ursprung des Sonnenwinds
Die Sonde Solar Orbiter der Agenturen Nasa und ESA hat in der äußeren Atmosphäre der Sonne kleine Jets beobachtet – und möglicherweise die Quelle des Sonnenwinds gefunden.
Der Solar Orbiter, ein Forschungssatellit der Weltraumagenturen Nasa und ESA, hat einen Hinweis auf den Ursprung des Sonnenwinds gefunden. In der äußeren Atmosphäre der Sonne zeichnete die Sonde eine Reihe kleiner Jets auf, mit denen die Sonne Material ins Weltall schleudert. Jeder habe eine Dauer von 20 s bis 100 s gehabt, teilte die ESA mit.
Plasma-Jets: Messungen im Ultravioletten
Der Sonnenwind besteht aus geladenen Teilchen, die von der Sonne ins Sonnensystem hinausgeschleudert werden. Noch ist nicht vollständig verstanden, wo und wie der Sonnenwind entsteht.
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Die neuen Daten stammen von einem Instrument, dass im Ultravioletten misst (Extreme Ultraviolet Imager, EUI) und im März den Südpol der Sonne beobachtet hat. Dort seien kleine Plasma-Jets zu sehen gewesen, sagt Lakshmi Pradeep Chitta vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen. „Wir konnten die winzigen Jets nur entdecken, weil das EUI mit unerreichter Auflösung und hoher Kadenz Bilder aufnimmt.“
Wie wird das Plasma beschleunigt?
Seit Langem ist bekannt, dass ein Teil des Sonnenwinds mit sogenannten Koronalen Löchern zusammenhängt. Das sind Regionen, in denen sich Magnetfelder nicht in der Sonne schließen, sondern in den Weltraum hinausragen. Entlang dieser bewegt sich das Plasma, aber: Wie wird es beschleunigt?
Die gängige Theorie besagte bislang, dass das Material im Sonnenwind aus der äußersten Sonnenschicht stammt, der Corona. Diese sei so heiß, dass sich das Plasma stark ausdehne und entlang der offenen Feldlinien ins All hinausgeschleudert werde. Das Resultat sei ein annähernd kontinuierlicher Plasmafluss von der Sonne weg.
Die Beobachtungen des Solar Orbiters legen nun das Gegenteil nahe. „Ein Großteil des Materialflusses ist nicht konstant, die Allgegenwärtigkeit der Jets legt den Schluss nahe, dass der Massenstrom der Koronalen Löcher sich aus einer Vielzahl rasch wechselnder Massenströme zusammensetzet“, sagt Andrei Zhukov vom Königlichen Observatorium in Belgien.
Bessere Messungen mit neuem Beobachtungswinkel
Die beobachteten Jets haben laut ESA in etwa ein Tausendstel der Energie eines Nanoflares, das zu den kleinsten bisher bekannten Aufheiz-Events in der Corona zählt. Entsprechend schwer lassen sich die Jets beobachten. Das liegt auch daran, dass der Solar Orbiter sich aktuell noch in der Nähe des Sonnenäquators bewegt, wohingegen das beobachtete Koronale Loch am Südpol liegt.
In Zukunft wird der Solar Orbiter seine Inklination anheben, er wird also immer größere Teile der Pole von oben beobachten können.