Raumsonde Voyager 1 sendet der Nasa wieder lesbare Daten
Kein anderes von Menschen gebautes Objekt hat sich je so weit von der Sonne entfernt wie die beiden Voyager-Sonden. Zuletzt sendete Voyager 1 nur noch Datenmüll, aber jetzt hat sich die Sonde wieder gefangen.
Inhaltsverzeichnis
- Methusalem unter den Weltraumsonden
- Voyager-Sonden der Nasa sind erstaunlich widerstandsfähig
- Großteil der ursprünglichen Voyager-Teams schon in Rente
- Jupiter und Saturn waren das Ziel des Voyager-Programms
- Voyager 1 entdeckte Saturnmonde Pandora und Prometheus
- Über die Grenzen des Sonnensystems hinaus
- Goldener Datenträger mit Bach, Beethoven und Chuck Berry für die Aliens
Die Deep-Space-Sonde Voyager 1 sendet wieder sinnvolle Daten. Das teilte das Jet Propulsion Laboratory der Nasa mit. Voyager 1 hatte zuletzt am 14. November 2023 lesbare Daten geliefert. Die Nasa hat als Fehlerursache einen defekten Chip identifiziert. Der darauf abgelegte Code konnte nicht mehr ausgeführt werden. Seitdem hat die Nasa den Code aufgeteilt und auf anderen Chips der Sonde untergebracht. Scheinbar mit Erfolg. Die neu empfangenen Informationen beziehen sich auf den Zustand der Komponenten und Systeme an Board. Die Nasa hofft nun, dass Voyager 1 auch wieder wissenschaftliche Daten liefert.
Methusalem unter den Weltraumsonden
Als die beiden Voyager-Sonden 1977 starteten, war Pluto noch ein Planet, der Raketenentwickler Wernher von Braun gerade gestorben und der SpaceX-Gründer Elon Musk ein sechsjähriges Kind. 47 Jahre später ist die Raumfahrt eine andere, aber Voyager 1 und 2 senden – mit Unterbrechungen – noch immer ihre Daten zur Erde. Inzwischen hat die entferntere der beiden Sonden, Voyager 1, annähernd 24,3 Mrd. km zwischen sich und die Erde gebracht – das 163-Fache des Erde-Sonne-Abstands – und ist damit weiter von uns entfernt als jedes andere von Menschen gemachte Objekt. Zwischenzeitlich schien die Mission ihrem Ende entgegenzugehen. Das Nasa-Kontrollzentrum meldete im Sommer 2022 erstmals, Voyager 1 funktioniere zwar noch, sende aber mittlerweile chaotische Daten. Kein Schocker aus Sicht der Nasa: „So ein Mysterium ist zu diesem Zeitpunkt in der Mission keine Überraschung“, sagt die Chef-Wissenschaftlerin Suzanne Dodd.
Voyager-Sonden der Nasa sind erstaunlich widerstandsfähig
Die Voyager-Sonden sind erwiesenermaßen widerstandsfähig und genügsam. Beide sind mit langlebigen thermoelektrischen Generatoren ausgerüstet, die mit Plutonium-238 betrieben werden. Ursprünglich betrug die Leistung der Generatoren 470 W; jedes Jahr werden es ein paar Watt weniger. Die Lebensdauer sollte ursprünglich vier Jahre betragen, wurde aber immer wieder verlängert. Mittlerweile haben die Nasa-Teams immer mehr Instrumente abgeschaltet, um kostbare Energie zu sparen. Von ursprünglich 20 Instrumenten waren im Juli 2022 nur noch neun aktiv. Diese Spartaktik will die Nasa fortsetzen.
Großteil der ursprünglichen Voyager-Teams schon in Rente
Die Voyager-Technik stammt aus den 1960er- und 1970er-Jahren – und ist hoffnungslos veraltet. Für die heutigen Nasa-Teams ist der Umgang mit den Sonden vertrackt, denn auch die technische Dokumentation ist jahrzehntealt. Manchmal kommen die Teams im Umgang mit den Sonden nicht weiter. Dann hilft nur eins: einen längst verrenteten Kollegen anrufen. Hinzu kommt: Bis ein Funksignal von der Erde bei den Sonden eingeht, vergehen grob 22 Stunden. Die Menschen im Kontrollzentrum wissen damit erst nach knapp zwei Tagen, ob die Sonden planmäßig reagiert haben.
Jupiter und Saturn waren das Ziel des Voyager-Programms
Anlass für das Voyager-Programm war eine besondere Planetenkonstellation: Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun befinden sich alle 175 Jahre in einem lang gestreckten Bogen – und Ende der 1970er-Jahre war es soweit. Damit bestand die Möglichkeit, die Planeten für sogenannte Slingshot-Manöver zu nutzen. Die Voyager-Sonden konnten also in den Gravitationsfeldern der Planeten beschleunigen und damit Treibstoff sparen. Das primäre Missionsziel war die Untersuchung des Jupiter- und des Saturn-Systems. Beide Sonden hielten sich zunächst in der Umgebung der beiden Gasriesen auf.
Voyager 1 entdeckte Saturnmonde Pandora und Prometheus
Sie erforschten unter anderem den Jupitermond Io, den vulkanisch aktivsten Körper im Sonnensystem. Aus Kratern mit hunderten Kilometern Durchmesser schleudert er ionisierten Schwefel und Sauerstoff in die Höhe; Jupiters Magnetosphäre ist voll mit Io-Plasma. Voyager 1 ist danach nach Norden abgebogen, um Saturns Ringe zu fotografieren. Die Entdeckung der beiden Monde Pandora und Prometheus in der Nähe des F-Rings bestätigte die Theorie, dass die Saturn-Ringe durch die Anwesenheit von Monden stabilisiert werden.
Voyager 2 begab sich vom Saturnsystem aus auf eine Trajektorie zum Uranus. Die Sonden haben insgesamt vier Planeten und über 50 Monde untersucht, ehe sie auch die Bahn des äußersten Planeten hinter sich ließen: Neptun. Das war 1989.
Über die Grenzen des Sonnensystems hinaus
Danach sind die Sonden durch die planetenlose Leere des äußeren Sonnensystems geflogen – und haben auch diese mittlerweile hinter sich gelassen. Voyager 1 hat im Jahr 2012 die sogenannte Heliosphäre verlassen, jenen kugelförmigen Bereich rund um die Sonne, in dem der Sonnenwind das interstellare Medium fernhält. Voyager 2 folgte sechs Jahre später. Aktuell jagen die Sonden mit Geschwindigkeiten von 61 000 km/h (Voyager 1) bzw. 55 000 km/h durch die Milchstraße. Ob sie allerdings unser Sonnensystem verlassen haben, darüber gibt es Meinungsverschiedenheiten akademischer Art. Denn weiter draußen, in der Oort‘schen Wolke, soll es noch immer Objekte geben, die sich primär auf Bahnen um die Sonne bewegen. Bis Voyager 1 ans Ende dieser Wolke gelangt, vergehen laut Nasa noch einmal 28 000 Jahre.
Goldener Datenträger mit Bach, Beethoven und Chuck Berry für die Aliens
Hinter der Oort‘schen Wolke endet der Bereich der Milchstraße, in dem die Gravitation unserer Sonne dominiert. Die Voyager-Sonden gelangen – sofern sie nicht explodieren und mit nichts kollidieren – irgendwann in andere Sternensysteme. Für diesen Fall haben sie die berühmten goldenen Datenträger an Bord, die Zeugnisse der Menschheit enthalten: Musik von Bach, Beethoven und Chuck Berry beispielsweise sowie Grußbotschaften in 55 verschiedenen Sprachen. Ob die Datenträger jemals gelesen werden, ist die letzte große Frage im Zusammenhang mit dem Voyager-Programm. Für alle Fälle beträgt die Speicherdauer der eingeprägten Informationen 500 Mio. Jahre. Und wenn diese Zeit abgelaufen ist, hat nicht einmal mehr Voyager 1 Strom.