Luft- und Raumfahrt: Porträt von Nicola Winter 03. Feb 2023 Von Patrick Schroeder Lesezeit: ca. 3 Minuten

Überfliegerin – zu 100 % im Flow

Hoch, höher, Nicola Winter. Die 37-Jährige flog Kampfjets, studierte parallel Maschinenbau, ist heute Projektmanagerin beim DLR, Rettungssanitäterin, promoviert im Bereich Ingenieurwissenschaften und erzieht eine Tochter. Und jetzt ist sie auch noch Teil der ESA-Astronautenreserve.

Nicola Winter: „Es ist schon ein unglaubliches Gefühl, wenn einem so ein teures und komplexes Gerät anvertraut wird."
Foto: Carsten Arnold/privat

Das Fliegen faszinierte Nicola Winter schon als Kind. „Auf dem Weg in den Urlaub sind wir nachts ganz früh aufgestanden, um zum Flughafen zu fahren. Das war für mich wahnsinnig spannend“, erinnert sich die heute 37-Jährige. „Dann dieser Moment, wenn das Flugzeug startet, zuerst schwer, dann plötzlich leicht und erhaben – dieses Gefühl hat mich lange beschäftigt.“ Und so baute Nicola auf dem Boden ihres Kinderzimmers Flughäfen, während andere Kinder mit Straßenteppichen spielten. Eine Faszination, die auch ihre Jugend überdauerte. Mit 16 hielt sie endlich ihren ersten eigenen Flugschein in der Hand – im Hängegleiten. Winter erzählt: „Spätestens nach dem Abi war mir klar: Ich möchte Pilotin werden, um mir meinen Traum von Abenteuern zu erfüllen. Dann wurde ich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, denn für die Ausbildung bei der Lufthansa war ich fünf Zentimeter zu klein. Die Mindestgröße beträgt 1,65 m“. Doch kein Grund für Winter, am Boden zu bleiben.

Selbstbewusst: Nicola Winter scheut kaum eine Herausforderung.

Foto: Carsten Arnold

Flugzeuge - ob alt oder jung - faszinieren Nicola Winter seit ihrem Kindesalter.

Foto: Maren Richter

"Viele junge Frauen lassen sich in Männerdomänen entmutigen."

Foto: Maren Richter

Nicola Winter flog den Tornado, später den Eurofighter – als eine von nur drei Frauen in der deutschen Luftwaffe.

Foto: Carsten Arnold/privat

Für die Ausbildung bei der Lufthansa war Nicola Winter 5 cm zu klein. Sie fand dann andere Wege in die Luft.

Foto: Carsten Arnold/privat

Nach der Grundausbildung bei der Bundeswehr folgte die Offiziersausbildung, dann die fliegerische Ausbildung in der Deutschen Luftwaffe. Foto: Carsten Arnold/privat

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Sie bewarb sich bei der Deutschen Bundeswehr und wurde angenommen. Nach der Grundausbildung folgte die Offiziersausbildung, dann die fliegerische Ausbildung in der Deutschen Luftwaffe. Schließlich flog sie den Tornado, später den Eurofighter – als eine von nur drei Frauen in der deutschen Luftwaffe. „Es ist schon ein unglaubliches Gefühl, wenn einem so ein teures und komplexes Gerät anvertraut wird. Ein richtiger Push für das Selbstbewusstsein“, sagt Winter, die mittlerweile tausende Stunden Formationsflug, Tiefflug und Luftkampf trainiert hat. „Das ist für mich eine angenehme, lässige Art zu arbeiten. Ich bin im Cockpit völlig bei der Sache, ohne Handy, ohne E-Mail. Zu 100 % im Flow.“

ESA: Ärger mit Vega C und Ariane 6

Ihre Position in der männerdominierten Welt der Bundeswehr hatte Winter schnell gefunden. „Ich wollte immer dreckigere und anzüglichere Witze machen als meine männlichen Kollegen. Einfach, um ihnen das Gefühl zu geben: Ihr könnt euch auch in Gegenwart einer Frau vollkommen entspannen“, erzählt Winter. Und so dauerte es kaum eine Woche, bis das Geschlecht Nebensache war. Stattdessen kamen Eigenschaften wie Verlässlichkeit und Offenheit zum Tragen. Eine Entwicklung, bei der die Öffentlichkeit nicht immer Schritt hält. „Stehe ich bei Flugshows neben dem Kampfjet, fragen mich Leute immer wieder, wo denn der Pilot sei. Doch persönlich nehme ich solche Fehleinschätzungen nicht. Denn nicht ich muss mich korrigieren, sondern diese Menschen sich. Mich kann mit der Frauensache niemand mehr auf dem falschen Fuß erwischen. Ich halte solche Stereotypen allerdings für einen der Hauptgründe, warum sich viele junge Frauen in Männerdomänen entmutigen lassen.“

Gute Chancen für Frauen in der Raumfahrt?

An Selbstvertrauen mangelt es Nicola Winter nicht. Sie schien ihre Energie stets in produktive Bahnen lenken zu können. So studierte sie parallel zum aktiven Dienst Maschinenbau. Später Luft- und Raumfahrttechnik. Scheinbar nebenbei lernte sie eine Handvoll Fremdsprachen. Neben ihrer Muttersprache Deutsch spricht sie heute Englisch, Spanisch, Französisch und Russisch. Auslastung genug? Von wegen. Winter überquerte in ihrer Freizeit die Alpen mit dem Fahrrad, bestieg den 5199 m hohen Mt. Kenya in Kenia und ist gleichzeitig Ehefrau und Mutter einer zweieinhalbjährigen Tochter. „Das bekomme ich schon noch alles unter einen Hut“, so Winter. Mit einem Schmunzeln fügt sie hinzu: „Allerdings darf man wenig Perfektionismus an den Tag legen.“

Mehr Frauen für MINT-Fächer begeistern!

Es ist offensichtlich: Winter ist kaum zu bremsen. 2018 nahm sie ihren Abschied bei der Bundeswehr. Anschließend arbeitete sie eine Zeit lang bei der Unternehmensberatung McKinsey. Aktuell ist sie Projektmanagerin am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Und die nächste Station? Sie könnte Weltall heißen. Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) hat Winter im November 2022 für die Astronautenreserve ausgewählt. Theoretisch könnte die Pilotin somit die erste deutsche Frau im Weltall werden – wäre da nicht ein Problem: Deutschland hat sich entschlossen, nach der Generation von Alexander Gerst auf unbestimmte Zeit keine weiteren Astronautinnen und Astronauten auszubilden. Nicht nur eine herbe Enttäuschung für Winter. „Das Land verzichtet darauf, in der Bevölkerung einen neuen Technikenthusiasmus auszulösen. Dabei wäre genau diese flächendeckende Begeisterung notwendig, um mehr Jugendliche – besonders junge Frauen – für MINT-Fächer zu interessieren und somit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.“

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