DeLorean DMC-12 aus „Zurück in die Zukunft“: erst Flop, dann Kult
Der Sportwagen DeLorean DMC-12 war ein kommerzielles Desaster, dann zündete die Kinokarriere.
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(Dieser Artikel erschien erstmals in VDI nachrichten 10/21)
Hin und wieder gab es in der Automobilgeschichte charismatische Einzelkämpfer, die ihre hoch dotierte Managerposition aufgaben und beweisen wollten, dass sie bessere Autos bauen konnten als ihre alten Arbeitgeber. Einer von ihnen war der amerikanische Ingenieur John Zachary DeLorean (1925 – 2005), der 1973 seinen Job als Vice President von General Motors an den Nagel hing, um sein Traumauto zu realisieren. Sein kometenhafter Aufstieg ebenso wie sein abrupter Absturz waren die Basis für mehrere Kino- und TV-Filme. Aber zum wahren Filmstar schaffte es das Auto, der vor 40 Jahren auf dem Genfer Salon präsentierte DeLorean DMC-12.
Der DeLorean DMC-12 entstand in Leichtbauweise
Anders als die Massenware von General Motors sollte sein Auto vor allem durch Leichtbau und optimalen Insassenschutz brillieren. Nach langer Standortsuche hatte DeLorean in Dunmurry nahe Belfast ein nagelneues Werk bauen lassen, zu dem die britische Labour-Regierung 100 Mio. £ zugeschossen und massive Steuervorteile gewährt hatte, um die hohe Arbeitslosenzahl in Nordirland zu senken.
DeLorean fährt elektrisch zurück in die Zukunft
Rund 2000 Beschäftigte sollten dort 30 000 Autos pro Jahr bauen. Wegen des permanenten Religionskonflikts hatte das Werk getrennte Eingänge für Katholiken und Protestanten, wie der Schweizer Automobilhistoriker Roger Gloor berichtete.
Für die Fahrzeugkonstruktion hatte DeLorean im November 1978 den britischen Leichtbauguru Colin Chapman (1928 – 1982) angeheuert, dessen Lotus-Rennwagen damals die Formel 1 aufmischten. Chapman ersetzte die im Prototyp des DMC-12 verbaute Kunststoffplattform in Sandwichbauweise durch einen stählernen Zentralrohrrahmen mit vorderem und hinterem Hilfsrahmen für das Fahrwerk. Auf ihm wurde eine zweiteilige, mit gebürstetem Edelstahlblech beplankte Kunststoffkarosserie mit Flügeltüren montiert.
Der DeLorean DMC-12 hatte denselben Designer wie der Audi 80
Entworfen hatte den Aufbau des zweisitzigen Heckmotorcoupés der renommierte oberitalienische Karosserieschneider Giorgetto Giugiaro. Dessen Designstudio Italdesign hatte unter anderen die Blechkleider des Golf I und des Audi 80 gezeichnet. Von Leichtbau konnte angesichts von 1268 kg Leergewicht nicht mehr die Rede sein. Zum Vergleich: Der Porsche 911 SC wog damals 1180 kg. Auch mit der Wahl des Antriebsaggregats hatte DeLorean nicht das große Los gezogen. Er entschied sich für den als äußerst trinkfreudig berüchtigten sechszylindrigen Europamotor, der in verschiedenen Modellen von Peugeot, Renault und Volvo zum Einsatz kam.
Der Motor des DeLorean DMC-12 stammte von Renault
Das von Renault bezogene Triebwerk, ein V-6-Leichtmetallmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen und der mechanischen Benzineinspritzung Bosch K-Jetronic, holte aus 2849 cm3 Hubraum bescheidene 97 kW bei 5500/min und trieb über ein manuelles Fünfganggetriebe oder eine träge Dreigangautomatik die Hinterräder an. Die Fahrleistungen standen in krassem Gegensatz zur Tempo suggerierenden Optik des 4,21 m langen und nur 1,14 m hohen Flügeltürers: Statt 209 km/h laut vollmundiger Werksangabe kam das Schweizer Fachmagazin „Automobil Revue“ im Test lediglich auf 198 km/h und 11 s für den Sprint von null auf 100 km/h. Im Durchschnitt verbrauchte der DMC-12 beachtliche 14,3 l Normalbenzin auf 100 km.
Bei der Vermarktung seines Traumwagens bewies DeLorean ungewöhnliche Cleverness. Bis Herbst 1978 hatte er in den USA zielstrebig ein Vertriebsnetz mit 220 Händlern aufgebaut, die bereits 30 000 Fahrzeuge zum Stückpreis von 12 000 $ bestellt und im Voraus bezahlt hatten.
Wirtschaftskrise schadete den Verkäufen des DeLorean DMC-12
Als im Januar 1981 endlich die Produktion in Dunmurry anlief, warfen zwei unvorhergesehene Ereignisse die Kalkulation komplett über den Haufen: eine weltweite Krise der Automobilindustrie, die den Pkw-Absatz in den USA halbiert hatte, und ein kräftiger Kursanstieg des Britischen Pfunds. Dadurch stieg der Preis des DMC-12 auf 25 000 $, kaum weniger, als damals der Porsche 911 auf dem amerikanischen Markt kostete. Dennoch liefen zunächst dank mehrerer Kreditspritzen der britischen Regierung vier bis fünf Coupés pro Tag von den Bändern.
Bis November 1981 wurden rund 3000 Fahrzeuge in die USA verschifft, wo trotz des überzogenen Preises etliche Prominente sehnsüchtig auf ihr neues Lifestyle-Mobil warteten, zum Beispiel der legendäre TV-Moderator Johnny Carson, der Schauspieler Patrick Swayze und der Entertainer Sammy Davis jr.
Der überhöhte Preis und die mäßige Verarbeitungsqualität ließen jedoch 1982 den Absatz immer mehr schrumpfen. Nachdem rund 4000 Autos auf Halde standen, wurde am 31. Mai 1982 die Produktion eingestellt. Aus dem vorhandenen Teilebestand wurden bis Weihnachten noch einige wenige Exemplare fertiggestellt, insgesamt entstanden 8583 Exemplare.
John DeLorean landete wegen Kokainhandels vor Gericht
Im Februar 1983 begann das Konkursverfahren über die DeLorean Motor Company. Da war ihr Gründer schon etliche Monate vorher verhaftet worden, weil er bei der verzweifelten Suche nach frischem Kapital versehentlich einem Agenten der US-Drogenfahndung einen riesigen Kokaindeal angeboten hatte. Vor Gericht wurde DeLorean mangels ausreichender Beweise zwar freigesprochen, aber nach Dunmurry konnte der schillernde Paradiesvogel nicht mehr zurück, weil ihm dort wegen Veruntreuung von Investorengeldern in Millionenhöhe die Verhaftung drohte.
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Ironie des Zeitgeistes: Kaum war die Kokainaffäre bekannt geworden, schossen die Preise für die verbliebenen DMC-12 schlagartig in die Höhe und erreichten 50 000 $ und mehr. Etwa 6000 Fahrzeuge sollen Schätzungen von Markenkennern zufolge heute noch existieren.
Zu spätem Ruhm gelangte das Coupé, nachdem es der Drehbuchautor und Regisseur Robert Zemecki 1985 als Zeitmaschine in seine Science-Fiction-Trilogie „Zurück in die Zukunft“ eingebaut hatte. Eine Replika dieses mit Kernreaktor ausgestatteten Kultmobils parkt heute neben einem Serienmodell im Technikmuseum Sinsheim.