Ökothriller als Filmklassiker: „Soylent Grün ist Menschenfleisch!“
Der im Jahr 2022 angesiedelte Spielfilm „… Jahr 2022 … die überleben wollen“ schockierte einst mit seinem düsteren Szenario aus Klimawandel, Nahrungsknappheit und Umweltkatastrophen.
Es ist eine düstere Welt, die im Spielfilm „Soylent Green“ (so der US-Originaltitel) als Zukunft dargestellt wird. Der kultige Science-Fiction-Film aus dem Jahr 1973, der im Jahr 2022 spielt, schockierte nicht nur mit einer unterernährten Menschheit, die – ohne es zu wissen – mit Menschenfleisch gefüttert wird, sondern auch mit der Darstellung einer Welt, die durch Klimakatastrophe, Umweltverschmutzung und Artensterben zugrunde gerichtet wurde. Erschreckend, wie real der Film damals Probleme ansprach, die heute tatsächlich die Menschheit beunruhigt.
Spielfilm „Soylent Green“ immer noch populär
Der Spielfilm kam am 23. Mai 1974 in die deutschen Kinos unter dem Titel „… Jahr 2022 … die überleben wollen“. Die Dystopie mit Charlton Heston in der Hauptrolle erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit, weil sie die Zukunft des Jahres 2022 so düster und spannend zeichnet, dass einem Angst und bange werden kann.
Das „American Film Institute“ wählte das bekannte Filmzitat „Soylent Grün ist Menschenfleisch!“ („Soylent Green is people!“) auf Platz 77 der besten Filmzitate des amerikanischen Films. Von Nahrung, die aus Verstorbenen gemacht wird, ist zum Glück im echten Jahr 2022 nichts bekannt, aber so manches, was man bereits 1973 an Umweltkatastrophen befürchtete, stellt die Menschheit heute tatsächlich vor riesige Probleme. Das Lexikon des internationalen Films nennt den Film „einen der frühesten ökologischen Thriller“. Zahlreiche popkulturelle Verweise tauchen immer noch auf, etwa in mehreren Folgen der Fernsehserien „Futurama“ und „Die Simpsons“, in den 1980er-Jahren nannte sich die Vorgängerband der „Ärzte“ „Soilent Grün“.
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Der kantige Charlton Heston ist im Film als Detective Robert Thorn unterwegs, der den Mord an einem reichen, einflussreichen Mann namens William R. Simonson aufklären soll. Was zunächst wie ein Routinejob aussieht, entpuppt sich für Thorn als heikles Politikum, das in die höchsten Regierungskreise reicht. Im New York des Jahres 2022 leben mittlerweile 40 Mio. Menschen, es herrscht Dauerhitze, Mangel an Wasser und vollwertiger Nahrung. Die letzten Bäume der Stadt werden in einem Zelt gehütet wie ein Heiligtum. Bauernhöfe werden bewacht wie Festungen.
Hitzewelle im Jahr 2022
Der etwas ältere Mitbewohner Thorns, Sol, hat noch Zeiten miterlebt, in denen es frisches Fleisch und Gemüse gab. „Doch dann haben unsere wissenschaftlichen Zauberkünstler unser Wasser vergiftet, den Erdboden verseucht und die Tiere und Pflanzenwelt dezimiert“, seufzt er. „Wie soll auch etwas überleben bei dem Klima … Eine Hitzewelle das ganze Jahr über!“ Und beide leiern gemeinsam einen Satz herunter, den sie offenbar schon allzu oft gehört haben: „Ein Treibhauseffekt, da muss ja alles verbrennen, was lebt.“ Das war im Jahr 1973.
Heute gehört der Klimawandel, bewirkt durch Treibhausgase wie Kohlendioxid, Methan und Lachgas, zum drängendsten Umweltproblem. Auch die Vermüllung der Umwelt, Chemie in den Lebensräumen von Tieren und Pflanzen, das Artensterben, Welthunger und Überbevölkerung sind aktuelle Probleme, die der Film bereits anspricht. Dass die mangelhafte Ernährung der Weltbevölkerung einerseits und eine übermäßige Verwendung von Düngemitteln andererseits zu den großen Problemen dieser Tage gehören, ist allseits bekannt. Eine problematische Massentierhaltung, die nicht nur unethisch anmutet, sondern auch gesundheitliche Probleme schafft, klingt in „Soylent Green“ ebenso an wie die Mahnung an einen menschenwürdigen Umgang mit Kranken, Armen und Alten.
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Angesichts der Lebensmittelknappheit werden die Menschen im Film mit gepressten Täfelchen gespeist: „Soylent Rot“ und „Soylent Gelb“, das aus Sojabohnen hergestellt sein soll. Der Name des Produkts ist eine Kombination aus Soy (Soja) und Lent(il) (Linse). Das neueste Produkt heißt „Soylent Grün“ und wird angeblich aus Plankton hergestellt. Doch es gibt einen Lieferengpass. Die hungernden Menschen an der Essensausgabe werden von der Polizei weggeschafft wie Müll: Mit schweren Schaufelladern werden sie auf Mülltransporter gehievt und abtransportiert. Nur einigen wenigen Reichen ist ein Leben in klimatisierten Räumen mit fließendem Wasser und kostbarem Gemüse möglich.
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Als Vorlage für den Film von Regisseur Richard Fleischer diente übrigens der Roman „New York 1999“ von Harry Harrison aus dem Jahr 1966. Einen Komplott zur massenhaften Verarbeitung von Menschen zu Nahrungsmitteln zur Versorgung der gesamten Bevölkerung gibt es darin nicht. Der Autor wollte vor allem zeigen, wie pervers die Welt der Superreichen in Zukunft sein würde.
In der Tat: Wer in dieser Gesellschaft arm oder alt ist, hat wenig Hoffnung, er kann sich höchstens auf Wunsch einfach einschläfern lassen – wie ein Tier. Der Filmkritiker Wolfgang M. Schmitt urteilte: „Indem der Kapitalismus Mensch und Natur ausbeutet, untergräbt er selbst seine eigene Existenzgrundlage“. Das zeige der Film perfekt. Im Hinblick auf die Ausbeutung des globalen Südens und der Verwüstung der natürlichen Grundlagen sei der Film extrem nah an der heutigen Realität. Zudem ist der Film eine bitterböse Kritik an gedankenlosem Konsum: Der Wert einer frischen, gesunden und individuell zusammengestellten Ernährung wurde hier ersetzt durch das massenhafte Abspeisen mit einem gleichförmigen Mastfutter. Dagegen ist selbst die heutige Fast-Food-Kultur Haute Cuisine.
Ganz zum Schluss wird die bittere Wahrheit enthüllt
Die bittere Wahrheit um „Soylent Green“ offenbart der Film erst ganz zum Schluss. Charlton Heston als Detective Thorn röchelt sie zunächst seinem Partner zu und offenbart den wahren Grund für die Nahrungsmittelknappheit: „Die Ozeane sind leer, das Plankton geht zugrunde.“ Dann schreit er das berühmt gewordene Zitat seinen Mitmenschen zu: „Soylent Grün ist Menschenfleisch!“
Angesichts dieser düsteren Zukunftsaussicht aus dem Jahr 1973 kann man nur hoffen, dass das Jahr 2022 ein weiterer Schritt in Richtung zur Eindämmung der Erderwärmung wird, und dass sich die Menschheit auch in den kommenden 50 Jahren für einen menschenwürdigen Umgang miteinander und für eine nachhaltige Ernährungspolitik starkmacht.