Operation Sea Orbit: Auf Weltreise mit der USS Enterprise
Im Jahr 1964 umrundete der Flugzeugträger USS Enterprise zusammen mit zwei weiteren mit Atomkraft angetriebenen Kriegsschiffen die Erde.
Es war ein Triumph für nuklear angetriebene Schiffe – und gleichzeitig ihr Schwanengesang: Am 31. Juli 1964 starteten drei von Atomreaktoren angetriebene Kriegsschiffe der US Navy zu einer Reise rund um den Erdball. Auf der zweimonatigen Riese legten die Schiffe fast 60.000 km zurück.
Beteiligt an der Operation Sea Orbit waren drei Schiffe, die den technischen Stolz der US Navy darstellten:
- Die 1958 in Dienst gestellte Fregatte USS Bainbridge war dafür ausgelegt, einen Flugzeugträgerverband gegen Luftangriffe zu schützen. Ihre Raketen vom Typ Terrier konnten Flugzeuge und Marschflugkörper in einer Höhe von 20.000 m und einer Entfernung von fast 40 km bekämpfen. Dazu konnten die Flugkörper mit einem Nuklearsprengkopf ausgestattet werden – die fehlende Genauigkeit der Radarsteuerung sollte durch eine größere Sprengkraft des Gefechtskopfes ausgeglichen werden.
- Der erst drei Jahre zuvor in Dienst gestellte Kreuzer USS Long Beach war als erstes Kriegsschiff konzipiert worden, dessen Bewaffnung ausschließlich aus Lenkwaffen bestand (auch wenn auf Initiative von Präsident John F. Kennedy zwei Kanonen nachgerüstet wurden). Ähnlich wie die Bainbridge sollte die Long Beach Flugzeugträgerbände gegen Luftangriffe schützen. Ihre Raketen konnten sogar auf eine Entfernung von fast 200 km Flugzeuge mit Nuklearsprengköpfen mit einer Wirkung von 5000 t TNT bekämpfen.
- Die USS Enterprise war der erste atomar angetriebene Flugzeugträger der US Navy, dem bis heute noch eine große Anzahl folgen sollte. Mit einer Verdrängung von 76.000 t war „Big-E“ lange Jahre das größte Kriegsschiff der Welt. Ganze acht Reaktoren trieben die Enterprise bis auf eine Geschwindigkeit von fast 70 km/h an. Sie war genau wie die Long Beach mit einem Phased-Array-Radar ausgestattet, der der Insel des Trägers und dem Brückenaufbau des Kreuzers die markante Ansicht mit großen senkrechten, glatten Verkleidungen gaben. Bei diesem Radartyp wird nicht die Antenne auf das Ziel ausgerichtet, sondern die Schwenkung der Radarstrahlen erfolgt elektronisch durch die Verschaltung von Einzelstrahlern.
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Die USS Enterprise benötigte auf der Reise keine Tanker und Transportschiffe
Auf seiner Reise um die Welt demonstrierte der Verband nicht nur, dass er lange Strecken mit einer für Kriegsschiffe hohen Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 50 km/h zurücklegen konnte. Vor allem zeigte Operation Sea Orbit, dass die US Navy völlig ohne Versorgung mit Treibstoff und Nachschub operieren konnte. Im Zweiten Weltkrieg hatte die amerikanische Marine die Versorgung ihrer Flotte auf hoher Serie durch schnelle Tanker und Frachtschiffe so perfektioniert, dass Historiker dieses Underway Replenishment als einen wesentlichen Faktor für den Sieg über Japan bezeichnen. 20 Jahre später bewegten sich US-Schiffe völlig unabhängig von der hoch entwickelten Logistikkette über die Weltmeere.
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Die Reise der Enterprise und ihrer Begleiterinnen war als politische Machtdemonstration angelegt. Zwei Jahre zuvor war in der Kubakrise die Sowjetunion den USA erstmals mit ihrem militärischen Potenzial auf Augenhöhe begegnet. Mit Operation Sea Sprite zeigte die US Navy, dass sie immer noch Atlantik und Pazifik beherrschen konnte, ohne dass ihr die kaum vorhandene Sowjetflotte etwas entgegensetzen konnte. Politischen Zwecken dienten auch die zahlreichen Zwischenstationen, die der Verband in Häfen in Afrika, Südamerika und Australien anlief. Alleine dem Einlaufen in Sydney wohnten rund 100.000 Australier bei.
Allerdings zeigten die folgenden Jahre, dass sich der Nuklearantrieb für Schiffe – ob zivil oder militärisch genutzt – nicht durchsetzen konnte. Zu komplex und teuer war die Antriebstechnik, zu groß das Unfallrisiko. Das hoch entwickelte Underway-Replenishment-System der US Navy machte zudem das autonome Operieren von Schiffsverbänden unwichtig. Anders als im Kriegsschiffbau üblich ging keines der beteiligten Schiffe in Serie. Selbst für den nächsten nach der Enterprise gebauten Flugzeugträger, die USS John F. Kennedy, kehrte die US-Marine wieder zum Dieselantrieb zurück. Erst mit der Nimitz-Klasse begann Mitte der 1970er-Jahre die Ära der nuklear angetriebenen Flugzeugträger.
Doch auch jetzt noch spielt Big-E eine Vorreiterrolle für die US-Flotte: Im Jahr 2012 außer Dienst gestellt, wartet sie immer noch auf ihre Abwrackung. Erst Ende vergangenen Jahres wurde ein Privatunternehmen damit beauftragt. Viele Einzelheiten sind noch ungeklärt. Aber eins ist sicher: Das Vorhaben wird Milliarden an Dollar kosten – ein Vorgeschmack auf die Probleme, die beim Verschrotten der Nimitz-Klasse auf die Navy zukommen.