1895 wurde das erste Groß-Wasserkraftwerk errichtet
Das erste Groß-Wasserkraftwerk wurde 1895 an den Niagara-Fällen in Betrieb genommen. Dabei war das Kraftwerk selbst weniger revolutionär. Vielmehr war es der Durchbruch des Wechselspannungsnetzes, mit dem es erstmals möglich wurde, die Energie-Erzeugung und deren Nutzung weiträumig zu trennen.
Der 25. August 1895 war ein Meilenstein in der modernen Erzeugung des Stroms und dessen weiträumiger Verteilung. An diesem Tag ging an der Grenze zwischen dem US-Staat New York und der kanadischen Provinz Ontario die „Niagara Power Station No. 1“ ans Netz. Es war das erste Groß-Wasserkraftwerk. Bis zu diesem Zeitpunkt war ein Kraftwerk in England führend gewesen. Später wurde die Niagara Power Station in Edward Dean Adams Power Plant umbenannt. Das Kraftwerk hatte anfangs drei Westinghouse-Generatoren, die bei einer Ausgangsspannung von 2000 V eine Leistung von jeweils 3,7 MW erreichten. Die Inbetriebnahme dieses Kraftwerks hatte weltweite Bedeutung, denn damit begann der Siegeszug der damals noch jungen Stromenergie.
So führte der ansteigende Strombedarf in New York bald zu einer deutlichen Erweiterung des Kraftwerkes. Sieben weitere gleichstarke Maschinen wurden sukzessive hinzugefügt und die Gesamtleistung damit auf 37 MW gesteigert.
Diese Generatoren waren sehr robust und äußerst wirtschaftlich. Erst 1961 wurden sie nach der Fertigstellung des neuen Robert Moses Power Plant und dem zugehörigen Lewiston Pumpspeicherwerk abgeschaltet.
Die Idee, die immense Wasserkraft der Niagara-Fälle und des Niagara-Flusses zu nutzen, gab es schon viele Jahre zuvor. So gilt Daniel Joncairs als Erster, dem dieses erfolgreich gelang. 1759 baute er einen kleinen Kanal oberhalb der Fälle und trieb damit das Wasserrad seines Sägewerkes an. Anfang des 19. Jahrhunderts hatten die Brüder Augustus und Peter Porter die Idee, das Wasser der Fälle umzuleiten und es mit einem Netz von Kanälen und Rohren der angrenzenden Industrie zuzuleiten. Doch das Projekt wurde nicht abgeschlossen. Erst 1861 gab es ein großes Wasserrad an einem neuen 2 m tiefen Seitenkanal. Das Rad lieferte aber nur mechanische Energie für einen einzigen Kunden: die Charles Gaskill Getreidemühle.
Jacob Schoellkopf kaufte 1877 den Kanal und das Wasserrad. Zunächst setzte er die Idee der Porter-Brüder um und leitete das Wasser an sieben weitere Mühlen, doch er erkannte schnell, dass es besser ist, die Wasserkraft in Elektrizität zu wandeln und diese dann zu distribuieren. 1882 baute er am Ende des Kanals ein kleines Kraftwerk mit einem Gleichstromgenerator, der die Fabriken im Umkreis von rund 3 km versorgte. Zehn Jahre später wurde auch auf der kanadischen Seite ein kleines Kraftwerk gebaut, das 2,2 kW erzeugte – also etwa so viel, wie ein Föhn oder Staubsauger heute benötigt.
Das Problem, das alle diese ersten Wasserkraftwerke hatten, war die Übertragung der Elektrizität über lange Entfernungen hinweg, denn die Energie wurde nicht dort benötigt, wo sie erzeugt wurde. So ließ sich beispielsweise die an den Niagara-Fällen erzeugte Energie nicht bis zu den Fabriken in Buffalo übertragen, obwohl diese nur 25 km weit entfernt waren.
Die Niagara Falls Power Company setzte deshalb ein Preisgeld von 100 000 $ für einen Vorschlag zur Stromübertragung über lange Entfernungen aus. Ein gemeinsames Projekt von George Westinghouse und dem gebürtigen Kroaten Nikola Tesla hatte schließlich Erfolg. 1883 wurde eine Beleuchtungsanlage an den Niagarafällen eingeschaltet, die ausschließlich Wechselspannung nutzte.
Der große Durchbruch erfolgte aber erst mit der Power Station No. 1. Die 2000 V Wechselspannung der Generatoren wurden für die Versorgung der näheren Umgebung auf 10 000 V hochtransformiert und für den Anschluss von weiter entfernten Orten wie Lockport und Tonawanda wurde die Spannung auf 20 000 V erhöht. Dank der neuen Wechselspannungs-Umspanntechnik konnten dann am 15. November 1896 auch die Fabriken in Buffalo in den Genuss der Niagara-Energie kommen.