Demokratie vor KI-generierten Fake News schützen
Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Kraft, ein Meilenstein der deutschen Demokratie. 75 Jahre später steht das politische System vor neuen Herausforderungen.
Inhaltsverzeichnis
Neben politischem Extremismus und globalen Krisen stellt die Verbreitung von Fake News – verstärkt durch künstliche Intelligenz – eine ernsthafte Bedrohung dar für alle Demokratien weltweit. Denn die Fake News erschüttern das Vertrauen in die staatlichen Institutionen. Gerade mit Blick auf die verschiedenen großen Wahl-Ereignisse in diesem Jahr 2024, ist gezielte Desinformation ein gefährlicher Hebel, warnten viele Experten auf Europas größter Technologiemesse VivaTech in Paris. KI-Technologien würden diese Bedrohung verstärken, indem sie Deepfakes perfekt und eigenständig produzieren.
Bots auf User angesetzt
CNN-Redakteur Gianluca Mezzofiore leitet sogenannte visuelle Ermittlungen für den US-Sender auf der ganzen Welt. Er prüft inwiefern Fotos oder Videos echt sind. Auf der VivaTech warnte Mezzofiore vor Deepfakes und ihrer Verbreitung und nannte als jüngstes Beispiel gefälscht Bilder von Wolodymyr Selenskyj Ehefrau beim Luxus-Shopping. Er erklärt: „Bots werden darauf angesetzt, solche Videos selbständig herzustellen und über die verschiedensten Kanäle an Adressaten mit passendem Alter, Geschlecht und passender Gesinnung auszuspielen.“
Social Media als Nachrichtenquelle
Das machen unter anderem Social Medienplattformen möglich. Denn Facebook, X & Co. werden vermehrt als Hauptquelle für den Nachrichtenkonsum benutzt. Laut Studien sucht die „Gen Z“ sogar ausdrücklich auf dem chinesische Portal TikTok nach News. So können über Soziale Medien absichtlich falsche oder irreführende Informationen in kürzester Zeit Millionen von Menschen erreichen und beeinflussen. Laut einer neuen Studie des Unternehmens Cyabra, das sich auf die Fahne geschrieben hat, falsche Informationen im Netz zu entlarven, breiten sich Fake-Accounts zur US-Präsidentschaftswahl auf der Social-Media-Plattform X immer stärker aus. Cyabra nutzt Verfahren des maschinellen Lernens zur Identifizierung von gefälschten Konten. Für Trump listet der Bericht 12391 unechte Profile auf, die 94 363 Beiträge verfasst haben. Bei Biden wurden lediglich 803 Accounts und 10065 Postings als Fakes identifiziert.
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Fake News bekämpfen
Soziale Medienplattformen stehen vor der Herausforderung, Inhalte zu moderieren, ohne die Meinungsfreiheit zu stark einzuschränken. Während einige Plattformen Maßnahmen ergriffen haben, um Fake News grundsätzlich zu kennzeichnen oder zu entfernen, bleibt die Umsetzung im Detail schwierig. Die Menge an Inhalten, die täglich gepostet werden, macht eine vollständige Kontrolle nahezu unmöglich. Hinzu kommt, dass die Erkennung von Fake News durch Algorithmen nicht immer zuverlässig ist und legitime Inhalte fälschlicherweise als Falschinformationen markiert werden können. In der Verantwortung sind aber die Social Media-Anbieter, zuforderst der US-Gigant Meta.
Sich gegen die US-Tech-Giganten wehren
„Fake News springt einen nicht auf der Straße an. Der Hauptplatz für Desinformation ist das Netz“, erinnert Signal-CEO Meredith Whittaker auf der VivaTech. Sie leitet die Signal Foundation, eine Non-Profit-Organisation, die die als besonders sicher geltende Signal-App anbietet. Whittaker steht der KI-Industrie skeptisch gegenüber, appelliert daran „Technologie neu zu denken, so dass sie zur Förderung der Demokratie und des Rechtsstaats eingesetzt werden können und die pluralistische Gesellschaft fördern.“ Auch ermuntert sie Europa, sich von den großen US-Playern zu befreien.
Europa am Zug
Einer der Hoffnungsträger ist in der Hinsicht der Franzose Arthur Mensch mit seinem KI-Unternehmen „Mistral“. Sein im Jahr 2023 gegründetes Start-Up soll ein Gegenentwurf zu OpenAI, Google und Co werden und wird bereits heute mit rund 2 Mrd. € bewertet. Er will ein KI-Model, das offen und transparent ist. Auf der VivaTech sagt er, Teil seines Vorhabens sei es, eine künstliche Intelligenz zu entwickeln, die ermöglicht, sich im Deepfake-Dschungel zurecht zu finden. „Unser Ziel ist es, dass Journalisten ihre Arbeit ordentlich machen können und als Regulatoren fungieren.“ Möge sein Vorhaben gelingen. Denn zum 75. Jubiläum hat das Grundgesetz die Schützenhilfe der fünften Gewalt, der Medien, womöglich nötiger als je zuvor.