Ein Nerd wie Du und Ich
Martin Eisenlauer beschreibt sich selbst als Nerd. In seiner Kolumne für VDI nachrichten verspricht der erfahrene Techredakteur, die skurrilen und häufig missverstandenen Aspekte der technologischen Welt auf humorvolle Art zu beleuchten.
Technologie verändert unser Leben. Diese vier Wörter sind schnell getippt. Doch wir machen uns selten darüber Gedanken, was das eigentlich bedeutet – und dass diese Veränderung weder linear noch bei allen Menschen gleich schnell ist.
Bei mir geschieht diese Veränderung flott, vielleicht sogar zu flott. Das ist mir zum ersten Mal aufgefallen, als ich den Animationsfilm „Toy Story“ im Kino gesehen habe. Während mein Sohn begeistert den Abenteuern der Helden Woody und Buzz folgte, dachte ich mir beim Blick auf einen Baum im Hintergrund: „Das sind aber verdammt viele Polygone.“ Damals verdiente ich mein Geld damit, Computerhardware und Grafikkarten zu testen.
Der Alltag als Nerd
Wie tiefgreifend die Veränderung tatsächlich war, wurde mir Jahre später bewusst, als ich in der Buchhandlung stand. Mein Blick fiel auf ein Buch mit dem Titel „Email“ und ich fragte mich, was diese blau-weißen Teller auf dem Titel sollten, wo in meinem Kopf doch der Screenshot eines Posteingangs viel passender gewesen wäre.
Sie sehen schon: Ich bin ein Nerd. Ich spreche eine Sprache und habe einen bestimmten Sinn für Humor, den viele nicht verstehen. Wenn mir jemand sagt: „Ich kann den Raum 404 nicht finden“, muss ich lächeln. Und ich nicke fröhlich, wenn jemand „127.0.0.1 sweet 127.0.0.1“ unter seine Mail schreibt.
Technikverständnis versus Alltagsprobleme
Gleichzeitig fehlt mir das Verständnis dafür, dass meine Schwägerin die PIN ihrer Handy-SIM-Karte nicht auswendig kennt. Oder warum mich meine Tochter mit leerem Blick anschaut, wenn ich ihr sage, sie soll auf der Suche nach einer Datei mal ins Root-Verzeichnis schauen.
Zum Glück kann ich selbst bei extremen Hirnschmerzen lächeln – und aus dieser Fähigkeit machte ich eine Karriere als Technikversteher und -erklärer bei Deutschlands größter Tageszeitung. Ich musste meinen Chefs beibringen, dass man einen Exchange-Server braucht, wenn man einen Blackberry nutzen möchte und dass Apple nicht das Smartphone erfunden hat. Heute versuche ich Menschen die Angst davor zu nehmen, dass eine künstliche Intelligenz in Zukunft ihren Job erledigen würde. Nicht, weil es in vielen Fällen technisch unmöglich wäre, sondern weil wir aus juristischen Gründen noch ewig Menschen brauchen, die Entscheidungen verantworten.
Technik schafft Lösungen
Wie Sie als Leser einer Ingenieurzeitung sicher wissen, ist die Welt der Nerds eine ganz andere als die der meisten sogenannten normalen Menschen. Technik schafft Lösungen. Gerne auch für Probleme, die es ohne die Technik vielleicht nie gegeben hätte. Und das Unverständnis unseres Umfelds gibt uns manchmal das Gefühl, wir wären in der falschen Welt gefangen.
Begleiten Sie mich auf meiner Reise durch diese bizarre, technik-verständnislose Welt, die sich durch brillante Ideen und neue Technologie so radikal verändert. Denn wenn wir schon nicht verstanden werden, können wir wenigstens Spaß dabei haben.