Glasfaser immer öfter verfügbar – aber nur wenige wollen das schnelle Internet
Die Schere zwischen Verfügbarkeit und Nutzung von Glasfaseranschlüssen in Deutschland öffnet sich immer weiter, die Nutzung von Glasfaser bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück, mit gefährlichen Auswirkungen auf den Digitalstandort Deutschland. Die Gründe lassen aufhorchen.
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Laut einer repräsentativen Studie des Beratungsunternehmens Bearingpoint wird die Marktdurchdringung von Glasfaseranschlüssen in Deutschland auch in den kommenden Jahren deutlich hinter den Erwartungen von Wirtschaft und Politik liegen. Mit insgesamt 49 % der Befragten nutzt derzeit annähernd die Hälfte der Menschen in Deutschland einen DSL-Internetanschluss und somit eine Anschlusstechnologie, die nur Bandbreiten von bis zu 250 Mbit/s ermöglicht, also nicht gigabitfähig ist. Gigabitfähige Anschlusstechnologien folgen erst auf dem zweiten Platz mit deutlichem Abstand und mit einem Anteil von jeweils 18 % Glasfaser- sowie Kabelinternetnutzern. Zwar ist demnach der Anteil der glasfasernutzenden Haushalte in Deutschland gestiegen, jedoch wäre ein Glasfaseranschluss laut Breitbandatlas der Bundesnetzagentur bereits für 32 % der Haushalte in Deutschland möglich.
Ungenutzte Glasfaseranschlüsse
„Die Zahl der Glasfaseranschlüsse ist derzeit viel zu niedrig, als dass die Ziele der Bundesregierung erreicht werden könnten. Bereits für das Jahr 2025 hat sie das Ziel von 50 % Glasfaserverfügbarkeit ausgegeben“, sagt Marcel Tietjen, Partner bei Bearingpoint. Die projizierte Glasfasernutzung werde jedoch bei lediglich 36 % liegen. Zum Jahr 2030, wenn die Bundesregierung auf 100 % Glasfaserverfügbarkeit setzt, planen immerhin 49 % der Nutzenden einen Wechsel zu einem Glasfaseranschluss. Würden die Gigabit-Ziele erreicht, blieben also mehr als die Hälfte der Anschlüsse ungenutzt.
DSL-Kunden fühlen sich wohl und finden Glasfaser zu teuer
Als Hauptgründe, warum die Marktdurchdringung genutzter Glasfaseranschlüsse auch in den kommenden Jahren deutlich hinter den Erwartungen von Wirtschaft und Politik zurückbleiben dürfte, benennen die Studienautoren eine grundsätzliche Zufriedenheit der Kunden mit dem Leistungsumfang ihres derzeitigen Anschlusses im Verhältnis zum Preis. Die Mehrheit der Kundinnen und Kunden ohne Glasfaservertrag sind mit ihrem derzeitigen Anschluss bzw. Internetanbieter zufrieden. Als zweithäufigsten Grund gegen einen Wechsel nennen die Befragten, dass sie einen Glasfasertarif als zu teuer empfinden. Aktuell kostet ein Glasfaservertrag laut Umfrage im Schnitt 11 % mehr als ein DSL-Tarif.
Zu wenig über Glasfaservorteile bekannt
Ein weiterer Grund für die mangelnde Wechselbereitschaft: Bei vielen Menschen bestehen noch deutliche Informationslücken bzgl. der technologischen Vorteile schneller Glasfaseranschlüsse. 15 % der Befragten können für sich und den eigenen Alltag als Internetnutzer keine technischen Vorteile aus der Nutzung von Glasfaserprodukten ableiten. Über die Hälfte (51 %) fühlt sich nur mittelmäßig oder sogar schlecht über die Glasfasertechnologie und ihre Anwendungsmöglichkeiten im eigenen Wohnumfeld aufgeklärt.
DSL-Abschaltdatum für mehr Planungssicherheit
Die Studienautoren gehen davon aus, dass ein Mehr an Wissen über die Glasfasertechnologie und verwandte Produkte die Wechselbereitschaft der Kundinnen und Kunden steigern würde. Ein verbindliches Abschaltdatum von DSL, das es in einigen Nachbarländern gebe, würde für Klarheit für die Endkunden sorgen, aber auch Planungssicherheit für die ausbauenden Unternehmen schaffen, heißt es.