Breitband 18. Sep 2015 Uwe Sievers Lesezeit: ca. 3 Minuten

Kupfer contra Glasfaser

Verlegung von Glasfaserkabeln in einem Wohngebiet. Doch derzeit, so Kritiker, basiere der Breitbandausbau in Deutschland noch zu stark auf Kupferkabeln. Diese seien nicht zukunftssicher.
Foto: dpa/Stephan Rump

Die Breitbandstrategie der Bundesregierung wird von vielen Seiten kritisiert. „Die Bundesregierung hat bis Ende 2014 keines ihrer Breitbandziele seit 2009 erreicht“, bemängelt der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) in einem neuen Positionspapier. Diese lauteten: flächendeckende Versorgung mit mindestens 1 Mbit/s bis Ende 2010 und von 75 % der Haushalte mit mindestens 50 Mbit/s bis 2014. Der Koalitionsvertrag von 2013 schrieb fort: flächendeckende Versorgung mit mindestens 2 Mbit/s „so schnell wie möglich“ und mit 50 Mbit/s bis 2018.

Und die Realität? „Im ersten Quartal 2015“, so der VZBV, „surft Deutschland durchschnittlich mit einer Geschwindigkeit von 10,2 Mbit/s durchs Netz.“

Jens Prautzsch, Präsident des Bundesverbandes Glasfaseranschluss (Buglas), kritisiert: „Die bisherigen Breitbandziele der Bundesregierung können höchstens als Zubringer zur eigentlichen Datenautobahn der Zukunft gesehen werden.“ Denn 50 Mbit/s reichten keineswegs aus.

Mit dieser Kritik steht der Buglas nicht alleine: Die vier Breitbandverbände Anga, Breko, Buglas und VATM stellten letzte Woche in Berlin ihr gemeinsam mit dem Glasfaserkonsortium FTTH Council Europe erarbeitetes Thesenpapier zur Breitbandpolitik vor. Darin fordern sie vor allem einen „nachhaltigen Netzbau“, also den Einsatz zukunftssicherer Technologien wie Glasfaser, statt der Erweiterung vorhandener Kupfernetze. Denn diese würden in Kürze an ihre Grenzen stoßen und erneute Investitionen notwendig machen.

Die Lobbyverbände beklagen insbesondere, dass die Breitbandstrategie der Bundesregierung den ehemaligen Monopolisten Deutsche Telekom bevorzuge. Denn während die Mitbewerber beim Ausbau auf Glasfaser setzen, will die Telekom ihr aus Kupferleitungen bestehendes Endkundennetz durch Vectoring erweitern.

Kritiker sehen die Deutsche Telekom durch die Bundesregierung bevorzugt

Dieses Verfahren nutzt die durch das Übersprechen auf benachbarte Leitungen eines Kabelbündels übermittelten Signalanteile aus. Was einst als Störung galt, lässt sich nun zur Steigerung der Bandbreite verwenden. DSL-Vectoring kann aber immer nur ein Netzbetreiber auf dem Leitungsbündel einsetzen. Dafür möchte die Telekom vom zuständigen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, CSU, die exklusiven Rechte.

„Die Telekom baut exklusiv alle Hauptverteiler-Nahbereiche mit Vectoring aus“, erklärt Marc Kessler, Sprecher des Breko, des Bundesverbandes Breitbandkommunikation. Dieser Bereich umfasst einen Umkreis von rund einem halben Kilometer um die Verteiler. „Die Telekom sagt, sie kann dadurch bis zu 9 Mio. Haushalte mit Highspeed-DSL versorgen, unterschlägt aber, dass bereits viele dieser Haushalte schnelles DSL haben“, so Kessler weiter.

Thorsten Klein vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) befürchtet dadurch Marktverzerrungen: „Unternehmen, die bereit sind zu investieren, wird der Markt genommen, indem man Vectoring fördert.“ Er fordert: „Es darf nicht zu einer Rückwärtsbewegung kommen, durch die wir wieder eine Monopolstruktur bekommen.“ Deshalb sei in diesem Sektor stärkere Regulierung gefragt, um gleiche Bedingungen für alle Konkurrenten herzustellen. Klaus Müller, Vorstand des VZBV: „Wenn das alles der Wettbewerb regeln würde, wäre das wunderbar, aber wir alle wissen, das ist nicht der Fall.“

Auch Tabea Rößner kritisiert gegenüber den VDI nachrichten Dobrindts Pläne. „Beim Breitbandausbau läuft die Bundesregierung nicht, wie sie behauptet, mit Siebenmeilenstiefeln, sondern mit Siebenmillimeterstiefeletten“, sagt die Sprecherin für Digitale Infrastruktur der Grünen. „Die Anforderungen haben sich geändert, was sind 50 Mbit/s, wenn wir eigentlich Glasfasergeschwindigkeiten brauchen.“ In der Förderung von Kupfernetzen sieht sie falsche Marktanreize: „Hier werden Gelder gebunden, die später für neue Technologien fehlen.“

Doch bisher hat Dobrindt die Vergabekriterien für die Milliardenförderung noch immer nicht bekannt gegeben. Auch Rößner fordert: „Es wird Zeit, dass das Bundesverkehrsministerium endlich mit den Förderkriterien herausrückt, denn davon hängt ab, ob zukunftsfähige Technologien eine Chance haben.“ Doch Breko-Geschäftsführer Stephan Albers befürchtet bayerische Verhältnisse: „Wir sehen das bayerische Förderprogramm, das ist so konzipiert, dass zu 80 % bis 90 % nur Projekte der Telekom hineinkommen.“ Da gäbe es intelligentere Ansätze.

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