Baden statt Baggern – wie aus Tagebaugruben in NRW Deutschlands zweitgrößter See entsteht
Nach dem Ende der Braunkohleförderung in Nordrhein-Westfalen sollen die Gruben Hambach und Garzweiler mit Rheinwasser geflutet werden. Der Plan ist so problematisch wie alternativlos.
Die Tagebaue Hambach und Garzweiler werden im Rheinland tiefe Löcher hinterlassen, nicht nur im Wortsinne. Weil es sich im Wasser so schlecht baggert, wird seit Jahrzehnten Grundwasser vor dem Eintreten in die Grube abgepumpt und in die Erft geleitet. Der Grundwasserspiegel ist weiträumig abgesenkt; das Wasserdefizit rund um die Gruben beläuft sich auf 22 Mrd. m3. Würde man den Rhein unentwegt und vollständig in die Grundwasserleiter des Braunkohlereviers leiten, wäre das Defizit nach einem Vierteljahr ausgeglichen. So gerade eben.
In der Realität ist das unmöglich. Schiffe müssen fahren und Industriebetriebe brauchen Wasser. Deshalb haben der Tagebaubetreiber RWE und die NRW-Landesregierung einen langsameren Weg gewählt. Je nach Pegelstand sollen in Dormagen zwischen 1,8 m3/s und 18 m3/s Rheinwasser entnommen werden, die dann durch drei Rohre in die Gruben geleitet werden. Daraus sollen im Verlauf von 40 Jahren zwei riesige Seen entstehen, aus denen Wasser in das umliegende Gebirge sickert. Auf diese Weise sollen die Grundwasserleiter bis Ende des Jahrhunderts wieder aufgefüllt sein. Der Hambachsee wäre nach dem Bodensee der zweitgrößte See in Deutschland.
Kontamination des Grundwassers mit Schwefelsäure ist zu befürchten
Das Projekt ist umstritten, aber auch Kritiker räumen mitunter ein, dass der Ausgleich des Wasserdefizits alternativlos sei. Wenn auch nicht folgenlos. Unklar ist beispielsweise, wie stark das Pyrit aus den Gruben das Grundwasser mit Schwefelsäure belastet. Offen ist auch die Frage, wie das Rheinwasser aufbereitet werden könnte – und müsste –, ehe es in die Seen gelangt. Zudem formiert sich Widerstand in Dormagen, wo die Leitung beginnt.