Birken entfernen Mikroplastik aus dem Boden
Böden sind viel stärker mit Mikroplastik belastet als die Weltmeere. Bäume könnten helfen, die Umweltbelastung abzuwenden. Das fand jetzt ein Forschungsteam heraus.
Von Bettina Reckter
Mit Mikroplastik belastete Böden könnten mithilfe von Bäumen saniert werden. Besonders die Hängebirke eignet sich für diese Aufgabe, denn sie nimmt während ihrer Wachstumsphase Mikroplastik über die Wurzeln auf. Das zeigten erstmals Forschende unter Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).
Noch ist nur wenig darüber bekannt, wie feinste Polymerpartikel überhaupt mit Landpflanzen interagieren. Allerdings hatten Studien kürzlich bereits gezeigt, dass zum Beispiel Weizen Mikroplastik aufnehmen kann. Nun ging ein Forschungsteam des IGB und des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) in einem interdisziplinären Vorreiterprojekt des Berliner Kunststudios Studio Austen einen Schritt weiter. Das Team konnte zeigen, dass auch Bäume Mikroplastik aufnehmen und speichern.
Birken mit hohem Nutzen für die Bodensanierung
Zur Sanierung kontaminierter Böden wird die Hängebirke (Betula pendula Roth.) ohnehin schon eingesetzt. In ihrem Gewebe kann sie Schwermetalle und sogar industrielle Schadstoffe, wie etwa polyaromatische Kohlenwasserstoffe, speichern. Mikroben, die diese Bäume besiedeln, bauen die Schadstoffe dann ab. Weil Hängebirken ein flaches Wurzelwerk ausbilden und sich so die Prozesse direkt unterhalb der Bodenoberfläche beobachten lassen, wählte das Team diese Bäume für seine Forschungen aus.
Zunächst markierten die Forschenden Mikroplastikkügelchen von 5 µm bis 50 μm Größe mit einem fluoreszierenden Farbstoff und gaben sie in die Erde von eingetopften Bäumen. Fünf Monate später erfolgte die Untersuchung der Wurzelproben mithilfe von Fluoreszenz- und konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie. Das Team fand fluoreszierendes Mikroplastik in verschiedenen Abschnitten und Schichten des Wurzelwerks. Dabei schwankte der prozentuale Anteil der Wurzelabschnitte mit Mikroplastikpartikeln zwischen 5 % und 17 %.
Verschmutzung von Böden durch Mikroplastik größer als in Meeren
„Die Aufnahmerate von Mikroplastik und die Auswirkungen auf die kurz- und langfristige Gesundheit der Bäume müssen noch untersucht werden. Aber diese Pilotstudie deutet darauf hin, dass die Birke ein echtes Potenzial für langfristige Lösungen zur Bodensanierung hat – einschließlich der Verringerung der Menge an Mikroplastik im Boden und möglicherweise im Wasser“, sagt Kat Austen, die Hauptautorin der Studie. Sie leitet das Studio Austen und ist am IGB Projektkoordinatorin für das bürgerwissenschaftliche Projekt „Action“.
Mehr als 400 Mio. t Plastik werden jedes Jahr in der Welt produziert. Etwa ein Drittel des als Müll anfallenden Kunststoffs landen später im Boden oder in den Gewässern. Meist zerfällt der Müll in Partikel kleiner als 5 mm und gilt dann als Mikroplastik. Sind die Stücke kleiner als 0,1 µm, spricht man von Nanopartikeln.
Mikroplastik in der Umwelt
Auch wenn das Mikroplastik in den Weltmeeren häufiger ein Thema ist – die Verschmutzung an Land ist wesentlich größer. Experten schätzen sie je nach Umgebung auf das vier- bis 23-fache. Dennoch spielt das Wasser für die Verbreitung von Mikroplastik eine wichtige Rolle. So werden Plastikpartikel aus synthetischen Kleidungsfasern ausgewaschen und landen im Klärschlamm. In Deutschland wird dieser großenteils verbrannt, in anderen Ländern noch als Dünger auf Feldern ausgebracht. So landen jedes Jahr viele Hunderttausend Tonnen Mikroplastik auf und in den Böden (Quelle: Plastikatlas 2020). Aus diesem Grund sind die Mikroplastikkonzentrationen auf Feldböden auch besonders hoch – genauso wie an Straßenrändern, denn auch der Reifenabrieb ist eine bedeutende Quelle für Mikroplastik.