Klimapolitik 12. Dez 2023 Von Stephan W. Eder Lesezeit: ca. 3 Minuten

COP28 vor dem Scheitern auf der Zielgeraden

Der Gastgeber der COP28 schlägt ein Abschlussdokument vor, das für viele Staaten absolut inakzeptabel ist. Der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas fehlt plötzlich.

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Auch die Treibhausgasemissionen der Öl- und Gasförderung standen auf der COP28 zur Diskussion. Eine Abschlusserklärung mit einem festgelegten Ausstiegsdatum für die energetische Nutzung von Kohle, Öl und Gas scheint aber nicht in Reichweite zu sein. Heute ist der letzte Konferenztag der COP28, und das ist der Hauptstreitpunkt, der einem Abschlussdokument derzeit im Weg steht.
Foto: dpa Picture-Alliance / Reuters/Thomas Mukoya

Der Gastgeber einer Weltklimakonferenz (COP) hat auch die Konferenzleitung. Und die ist immer gefordert, zum Schluss einer COP die widerstreitenden Interessen unter einen Hut zu bringen, sodass alle teilnehmenden Staaten auch dem Abschlussdokument zustimmen können. Was da aber gestern, am 11. Dezember 2023, COP28-Leiter Sultan Ahmed Al-Jaber vorschlug, bestätigte die schlimmsten Befürchtungen aus dem Vorfeld der COP: Dass nämlich unter Vorsitz eines Ölmanagers – Al-Jaber ist CEO des staatlichen Ölkonzerns Adnoc der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), des Gastgeberlandes – es nie und nimmer einen Beschluss geben könne, in dem der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas beschlossen werden würde.

COP28: CO2-Emissionen aus Kohle, Öl und Gas erreichen neuen Rekord

Es scheint genauso zu kommen: Es gab schon einen entsprechenden Ausstiegspassus (phase-out) in den bisherigen Vorversionen des Abschlussdokuments. Nun aber war er plötzlich nicht mehr drin. Es ist nur noch von einer Reduzierung beim Verbrauch und der Produktion die Rede. Es gab aber auch vor dem Wochenende eine bisher noch nie dagewesene Intervention: Der britische Guardian berichtet am 8. Dezember 2023 über einen Brandbrief des Generalsekretärs des Ölkartells Opec, Haitham Al Ghais, in dem es heißt: Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen beim UN-Klimagipfel bleibe auf dem Verhandlungstisch, und er drängte die Ölstaaten (VAE ist ein Mitgliedstaat der Opec), „proaktiv jeden Text oder Formulierung zurückzuweisen“, die sich -– statt gegen die Emissionen – gegen Energie, speziell fossile Brennstoffe, richten.

Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas mit festem Datum scheint auf der COP28 nicht mehr zur Debatte zu stehen

Auf der COP hatten sich die teilnehmenden Ölstaaten gegen einen Beschluss zum Ausstieg aus den fossilen Energien gewendet, darunter das ölreiche Saudi-Arabien, der Irak und Russland. Ebenso aber Indien und China, die perspektivisch den größten Bedarf an diesen Rohstoffen haben werden, wie der letzte World Energie Outlook der Internationalen Energieagentur zeigte, den sie im November veröffentlichte.

COP28: Das 1,5-Grad-Ziel steht auf der Kippe

Und dann kam der Abschlusstextentwurf der COP28-Leitung, in dem der Ausstieg aus den fossilen Energierohstoffen einfach fehlte. Nicht nur die EU und Deutschland zeigten sich entsetzt, für vom Klimawandel betroffene Staaten formulierte der Chef-Verhandler der Marshall-Inseln, John Silk, laut Deutscher Presseagentur: Man sei nicht nach Dubai gekommen, „um unser Todesurteil zu unterschreiben“. Man werde nicht „stillschweigend in unsere wässrigen Gräber“ steigen.

Fachlicher Hintergrund ist, dass nur ein Stopp der Verfeuerung fossiler Energieträger direkt die CO2-Emissionen verringert, nicht nur der Ausbau erneuerbarer Energien – eine Maßnahme, auf die sich eigentlich alle einigen können. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und EU-Chefverhandler Wopke Hoekstra klassifizierten die Vorlage nach Agenturberichten als enttäuschend und unzureichend. Hoekstra unterstützte auf X das 1,5-Grad-Ziel: „Das verlangt die Wissenschaft, und das verdienen unsere Kinder.“

Die COP28 läuft auf eine Nachtsitzung zu

Dem Text fehlten nach Baerbocks Worten konkrete Instrumente, um überhaupt noch auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen und die nötige Energiewende gerade in vielen Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas anzuschieben – was diese Staaten in Dubai stark eingefordert hätten. Die Passage zu fossilen Energien suggeriere fälschlicherweise, dass Kohle, Öl und Gas in unserer Zukunft weiter eine entscheidende Rolle spielen könnten. „Selbst die Kohleverstromung wäre damit weltweit akzeptabel und auch ein Neubau von Kohlekraftwerken – was dann auch im Gegensatz zu europäischer Energiepolitik stünde“, so Baerbock laut dpa. Greenpeace-Deutschland-Vorstand Martin Kaiser, der in Dubai ist, glaubt, dass die COP28 scheitern könnte, falls „sich die Weltgemeinschaft auf eine freiwillige Optionenliste einigen sollte“. Er betont: „Unverbindliche Optionen sind nichts anderes als Greenwashing.“

COP28: Geldsegen am ersten Konferenztag

Die Bundesregierung stellt sich laut Berichten darauf ein, dass es sich heute, und das ist nichts Ungewöhnliches für Weltklimakonferenzen, bis in die Nacht oder auch bis zum morgigen Mittwoch hinziehen wird, bevor ein akzeptierbares Abschlussdokument vorliegt. Auch Konferenzleiter Al-Jaber sieht, dass „noch Lücken zu schließen“ seien: „Wir müssen ein Ergebnis liefern, das die Wissenschaft respektiert und das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite hält.“ Er erwarte höchste Ambition – „auch in Bezug auf die Sprache zu fossilen Brennstoffen“. Was „höchste Ambitionen“ bedeutet, das ist genau der Streitpunkt.

Und der Streit ist vor allem ein politischer: Es gebe heute – das betont die Unternehmensberatungs McKinsey in ihrem täglichen Wrap-up zur COP28 von gestern – schon viele der Klimatechnologien, um eine tief greifende Dekarbonisierung umzusetzen. „90 % der Treibhausgasverringerung, die wir brauchen, könnten von einsatzreifen Technologien kommen.“ Allerdings müsste man diese bis 2030 exponentiell hochskalieren, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.

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