Der CO2-Fußabdruck von Mediatheken, Netflix & Co.
Streaming – das Abspielen von Filmen, Serien oder Videoclips aus dem Netz – liegt voll im Trend. Der Branchenverband Bitkom hat sich jetzt mit den Umweltauswirkungen der Technik auseinandergesetzt.
Wer will schon Woche für Woche auf eine neue Folge seiner Lieblingsserie warten? Binge-Watching, das geballte Anschauen einer ganzen Staffel aus dem Netz gestreamt, ist ein boomender Trend. Acht von zehn Internetnutzern ab 16 Jahren (79 %) schauen nach Informationen des Branchenverbands Bitkom Videos aus dem Internet – knapp ein Viertel davon sogar täglich. Zur vermehrten Nutzung der Onlinemediatheken und Diensten wie Netflix gesellt sich die deutlich verstärkte Nutzung von Videokonferenzen aus Anlass der Corona-Pandemie. Allerdings entwickeln Verbraucher auch ein wachsendes Bewusstsein für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Und damit stellt sich für viele die Frage nach den Umweltwirkungen des Videostreamings.
Wie viel CO2 entsteht wirklich beim Streamen
In einem frisch veröffentlichten Leitfaden „Nachhaltigkeit von Streaming & Co.“ zeigt der Bitkom auf, wie viele Treibhausgase durch die Videonutzung im Netz tatsächlich ausgestoßen werden. Und der Verband gibt darüber hinaus Tipps, wie die Streaming-Nutzenden ihren CO2-Fußabdruck dabei senken können. „In der öffentlichen Debatte hat Videostreaming häufig einen schlechten Ruf. In Anlehnung an das Wort Flugscham wurde das Wort Streaming-Scham geschaffen. Zugleich existieren viele, teils sehr pauschalisierende Angaben darüber, wie viele Treibhausgase durch das Streaming ausgestoßen werden, die allerdings keinen seriösen Rückschluss auf den tatsächlichen CO2-Fußabdruck dieser Technologie und ihren Einsatz im Alltag zulassen“, sagt Sebastian Klöß, Referent Consumer Technology beim Bitkom. „Der Leitfaden zeigt nicht nur auf, wie stark die Umweltwirkungen des Streamings etwa bei unterschiedlichen Endgeräten variieren, sondern gibt Unternehmen wie Verbrauchern auch praktische Tipps, wie Streaming möglichst CO2-arm erfolgen kann.“
Endgerät und Bildauflösung entscheiden
Der Energiebedarf bei Streaming hängt stark vom Endgerät und der verwendeten Bildauflösung ab. So benötigt Videostreaming auf dem Smartphone oder Tablet in Standardauflösung pro Stunde rund 65 Wh bzw. 75 Wh an Energie. Das entspricht laut Leitfaden einem CO2-Ausstoß von rund 30 g bis 35 g. Diese Form des Videokonsums ist damit deutlich umweltfreundlicher als das Anschauen einer DVD auf einem 50 Zoll großen Flachbildfernseher. Erfolgt das Streaming allerdings in sehr hoher Auflösung auf einem großen Flatscreen, bedeutet das einen sehr viel höheren Energiebedarf: Ein Video in 8K-Qualität verursacht bei einem 65-Zoll-Fernsehgerät pro Stunde 1860 Wh an Energiebedarf und emittiert rund 880 g CO2. Das ist mehr als das Vierfache dessen, was bei 1 km Fahrt mit einem durchschnittlichen Pkw mit Verbrennungsmotor entsteht. Die im Leitfaden für das Streaming errechneten Werte enthalten bereits den Energiebedarf, der in Datennetzen und Rechenzentren entsteht. Denn diese spielen für die Umweltwirkungen des Streamings ebenfalls eine Rolle.
Tipps zur CO2-Reduktion
Wer den CO2-Fußabdruck des Streamings reduzieren möchte, muss laut Leitfaden an mehreren Stellen ansetzen. Einerseits geht es darum, die übertragene Datenmenge zu minimieren. Andererseits gilt es, den Weg, den ein Video vom Speicherort zum Endkunden zurücklegen muss, möglichst energiesparend zu gestalten. Anbieter von Streamingdiensten sollten also die Datenmenge der Videos technologisch komprimieren. Das geht auch unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz. Übertragungswege wie Glasfaser oder der neue Mobilfunkstandard 5G kommen ebenfalls mit deutlich weniger Energie aus als Kupferkabel. Der Leitfaden geht ausführlich auf diese Methoden ein.
Die Verbraucher können nicht nur ein energieeffizientes und sparsames Endgerät zum Streamen auswählen, um möglichst energieeffizient und damit CO2-sparsam zu schauen. Sie sollten auch ihr eigenes Nutzungsverhalten hinterfragen: Laufen mehrere Geräte parallel? Ist es bei einem Musikclip nötig, ein Video zu streamen – oder reicht auch eine von der Datenmenge deutlich kleinere Audiodatei? Und die Deaktivierung der Auto-Play-Funktion sorgt dafür, dass nach Ende des eigentlich gewünschten Videos kein weiterer Stream startet, dem aus mangelndem Interesse vielleicht gar keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt wird. „Entscheidend ist auch, woher die Energie kommt, mit der Endgeräte und Rechenzentren betrieben werden“, betont Bitkom-Experte Klöß. „Wo immer möglich, sollte Strom aus erneuerbaren Energiequellen genutzt werden. Mit Strom aus Sonne oder Wind kann jeder Haushalt nahezu klimaneutral im Netz surfen oder streamen.“