Die Erde wird grüner
Diese Studie ist Wasser auf den Mühlen der Klimaskeptiker. Die Kernbotschaft klingt zumindest ein wenig nach „Die Erde heilt sich selbst“: Es wird grüner auf unserem Planeten. Hochauflösende Satellitenaufnahmen hätten gezeigt, dass mehr Pflanzen und Bäume wachsen. Und weil die Blätter Kohlendioxid (CO2) aus der Luft binden, sei das die beste Medizin gegen den Treibhauseffekt.
Klimawandel trifft amerikanische Ernten
Wie hohe Temperaturen die Ernten in den USA teils stark dezimiert haben, konnten Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung am PC simulieren.
Ein Ergebnis ihrer Studie: Eine verstärkte Bewässerung der Felder kann die negativen Auswirkungen der Erderwärmung lindern – allerdings nur dort, wo auch genug Wasser in der Region vorhanden ist.ber
Auf den ersten Blick kam der Beitrag aus der Fachzeitschrift Nature Climate Change als Schwergewicht daher. Datensätze von zwei Satelliten hatten 32 Forscher von 24 Instituten in 8 Ländern mithilfe von Computermodellen ausgewertet. Einer der Hauptautoren, der Umweltwissenschaftler Ranga Myneni von der Universität Boston, lässt es an Deutlichkeit nicht vermissen: Von 1982 bis 2009 sei die Erde auf einer Fläche doppelt so groß wie die USA grüner geworden. Zu 70 % gehe das auf den steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre zurück.
Und es kommt sogar noch besser: Das CO2, das zum Gutteil aus Kraftwerken und dem Verkehr stammt, sei die Hauptursache für mehr Pflanzenwachstum, weil es als Dünger aus der Luft wirke. Klimawandel, halb so wild, das Grün macht ihn wieder wett, könnte man denken.
Der Düngeeffekt ist bekannt. Bauern nutzen ihn, indem sie das Gas künstlich in ihre Gewächshäuser einblasen, damit das Obst und Gemüse schneller reift. Und dass, von Satelliten aus betrachtet, unser Planet tatsächlich grüner wird, haben etliche Forschergruppen unabhängig voneinander beschrieben. Der Fakt gilt mittlerweile als unstrittig. Nur, wie geht das mit den massiven Rodungen in den Tropen und Subtropen überein? Myneni gibt die Antwort. Nachdem gerodet wurde, wächst doch wieder Grünes nach.
Die Satelliten kennen nämlich keinen Unterschied zwischen Wald und Palmölplantage, zwischen Mais und Wiese. Denn alles ist grün. Die Instrumente an Bord der Satelliten erfassen nur die Ausbreitung der Vegetation und all jene Flächen, die von hoch droben in einem bestimmten Spektralbereich erscheinen. „Nadelwald ist intensiver grün als Laubwald und führt deshalb auch zu einem mehr an Grün“, gibt Matthias Forkel, Geoinformatiker an der TU Wien, ein Beispiel.
Das bedeutet aber: Dass es grüner wird, heißt noch lange nicht, dass die Vegetation unbedingt gut für die Umwelt oder besser als vorher ist. Ein artenreicher Primärwald beherbergt mehr Pflanzen- und Tierarten und ist ökologisch fraglos wertvoller als eine Palmölplantage.
Doch selbst, wenn man darüber hinwegsieht, welche Arten da sprießen: Pflanzen und Bäume nehmen zwar CO2 aus der Luft auf – etwa ein Viertel des Treibhausgases, das in die Atmosphäre gelangt. Aber durch den Blätterboom wird es kaum mehr. „Der Wert stieg gerade einmal von 25 % auf 26 %“, stellt Forkel klar. Dieses eine Prozent reiche beileibe nicht, um die Erderwärmung aufzuhalten. Also doch kein Argument für Klimaskeptiker, auch wenn diese es gern ins Feld führen.
Und noch eine Schwäche weist die Studie auf. Regional ist mitunter gar nicht das CO2 für das Mehr an Grün verantwortlich. Vielmehr leistet auch das Klima an sich einen wesentlichen Beitrag. So lässt etwa die Erderwärmung die Tundra zunehmend ergrünen. Forkel stellt aber klar: „Der wichtigste Klimafaktor ist die Bodenfeuchte. Es sind vornehmlich bessere Bewässerungsmethoden und auch eine intensivere Düngung in den letzten Jahrzehnten, die in vielen Industrie- und Schwellenländern das Plus an Pflanzen erklären.“ Den Autoren der Studie muss man also entgegenhalten: Es wird auch grüner, weil der Mensch kräftig düngt und gießt.