Kreislaufwirtschaft 28. Jun 2024 Lesezeit: ca. 3 Minuten

Diese Pilze fressen Plastik besonders gern

Sie leben in Seen und beseitigen unsere Umweltsünden: verschiedene Pilze, die Kunststoffe vertilgen können. Deutsche Forschende haben 18 Pilzstämme genauer untersucht.

Plastikmüll im Wasser: Wie schön wäre es, wenn der Kunststoff einfach schon im Wasser abgebaut würde? Es gibt Pilzstämme, die diesen Job erledigen können.
Foto: panthermedia.net /smithore

In Flüssen und Seen fängt es an, im Ozean wird das ganze Drama dann sichtbar: Weggeworfene Plastikflaschen und sonstige Gegenstände werden über die Flüsse ins Meer gespült, wo sich mittlerweile gigantische Müllstrudel bilden. Eine solche Plastikinsel zwischen Hawaii, dem amerikanischen Festland und Asien soll mittlerweile 3 Mio. t wiegen und so groß sein wie Mitteleuropa.

Ein solch gruseliges Bild lässt sich vielleicht besser verkraften, wenn man die jüngste Nachricht des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Universität Potsdam nun liest. In einer gemeinsamen Studie hat ein Forschungsteam nämlich jetzt Pilze aus Süßgewässern identifiziert, die Kunststoffe wie Polyurethan (PU) und Polyethylen (PE) und sogar Reifengummi effizient abbauen können. Und das Schöne ist: Die Kunststoffe müssen nicht einmal zuvor aufwendig vorbehandelt werden. Über die Forschungsarbeit berichtet das Team im Fachblatt Science of the Total Environment.

Pilze haben ihren Stoffwechsel gut an die „Plastiksphäre“ angepasst

Vor allem die Stämme von Fusarium, Penicillium, Botryotinia und Trichoderma scheinen demnach ein hohes Potenzial zum Abbau von Kunststoffen zu besitzen. Warum ist das so? „Pilze produzieren Enzyme, die selbst chemische Verbindungen aus vielen Makromolekülen wie Kunststoff aufspalten können. Außerdem sind sie mit ihren invasiven Wachstumsformen und ihrer Fähigkeit, Biofilme zu bilden und mit bereits bestehenden Biofilmen zu interagieren, gut an das Leben in der Plastiksphäre angepasst“, sagt IGB-Forscher Hans-Peter Grossart, der die Studie leitete.

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Die Forschenden konnten mit dem Rasterelektronenmikroskop beobachten, dass sich die Zellwände einiger Pilze verformen, wenn sie die Kunststoffe besiedeln. „Das sind wahrscheinlich strukturelle Anpassungen der Myzelien, die es ihnen ermöglichen, beispielsweise das wasserabweisende Polyurethan zu besiedeln“, sagt Sabreen Samuel Ibrahim Dawoud, Doktorandin am IGB und Erstautorin der Studie. Als Myzel bezeichnet man die Gesamtheit aller fadenförmigen Zellen eines Pilzes.

Die FT-IR-Spektroskopie zur Analyse von Veränderungen in der Feinstruktur der Pilze und die DOC-Analyse zur Bestimmung ihrer Stoffwechselaktivität (DOC = gelöster organischer Kohlenstoff) machten deutlich, dass die anfängliche enzymatische Aktivität der Pilze zur Bildung von Zwischenprodukten führt, die den Pilzen als Kohlenstoff- und Energiequelle dienen, indem sie die Konzentration des für das Pilzwachstum verfügbaren löslichen organischen Kohlenstoffs erhöhen. „So schaffen sich die Pilze durch den Abbau immer wieder neue Nahrung“, sagt Sabreen Dawoud.

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Keine Vorbehandlung durch UV-Licht, Ozon oder andere Verfahren nötig

Und das Schöne ist: Die Pilze legen gleich los mit ihrem Zersetzungswerk. Wurde in früheren Studien der Kunststoffmüll häufig zunächst mit UV-Licht, Ozon, chemischen Oxidationsmitteln oder thermischen Methoden in möglichst gut verdauliche Häppchen zerlegt, zeigte sich jetzt, dass dies gar nicht nötig ist. Ohne jegliche Vorbehandlung der Kunststoffe und ohne Zugabe von Zucker als Energiequelle machten sich die Pilze im Labor direkt an den Abbau.

Und das sind die erfolgreichen Plastikfresser

Die 18 Pilzstämme hatten die Forschenden aus dem Stechlinsee in Brandenburg und dem Mirower See in Mecklenburg-Vorpommern isoliert. Besonderen Appetit auf PU, PE und Reifengummi entwickeln Pilze der Stämme Fusarium, Penicillium, Botryotinia und Trichoderma. Penicillium kennt man von der Antibiotika-Gewinnung und im Lebensmittelbereich von der Herstellung von Schimmelkäse. Fusarien hingegen treten eher als Schadpilze bei Getreide und Mais auf. Und Trichoderma-Arten sind Fadenpilze, die weltweit verbreitet im Boden, in Pflanzen oder auch im Holz leben und für die Zersetzung von Pflanzenmaterial zuständig sind.

Das Forschungsteam wollte auch wissen, ob bestimmte Pilzarten nur bestimmte Arten von Kunststoff oder Gummi zersetzen. Und natürlich, welcher Kunststoff am besten von Pilzen zerlegt wird. Das Ergebnis: Polyurethan erwies sich von allen getesteten Kunststoffen als am besten abbaubar. „Die Kenntnis effizienterer Pilzstämme, insbesondere für den biologischen Abbau von Polyurethan, trägt dazu bei, großtechnische Recyclingkonzepte für Kunststoffabfälle zu entwickeln“, sagt Hans-Peter Grossart.

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