LOGISTIK 28. Jun 2019 Stefan Asche Lesezeit: ca. 3 Minuten

Eintüten und schnell ausliefern

Taschensorter machen den wachsenden Onlinehandel mit seinen vielen Retouren beherrschbar.


Foto: SSI Schäfer

Für Internetversandhändler sind sie Alltag und Albtraum zugleich: Retouren. Im Modebereich liegt die Quote bei fast 50 %. Das kommt Zalando, Otto, Amazon & Co. teuer zu stehen: Jeder Fall schlägt laut EHI Retail Institut mit satten 10 € zu Buche. Größter Kostentreiber ist die Qualitätskontrolle: Jeder Artikel muss auf Gebrauchsspuren hin untersucht werden. Finanziell belastend ist aber auch die Wiedereinlagerung der Ware. Ein probates Gegenmittel sind Taschensorter. Diese intralogistischen Sortier- und Verteilsysteme machen nicht nur jedes aufwendige Einsortieren überflüssig, sie können auch alle anderen Vorgänge im Lager deutlich beschleunigen. Einschlägige Neuheiten wurden vergangene Woche auf der Stuttgarter Messe Logimat vorgestellt.

Alle präsentierten Lösungen funktionieren nach dem gleichen Prinzip: Anfangs wird Ware, die vom Hersteller kommt, in das System eingepflegt. Dazu wird jedes einzelne Teil mit einer Tasche „verheiratet“. Dies geschieht schnell. „Theoretisch ist ein Durchsatz von 1000 Taschen pro Stunde möglich“, so Michael ten Hompel, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML). Ein Mitarbeiter scannt dazu den Code, der an jedem Neuprodukt haftet. Dann legt er das Teil in den Beutel, der gerade an seinem Beladeplatz wartet. Nun weiß der Leitrechner, welches Produkt in welcher Tasche ist. Ablesen kann er es künftig an einem Code, der in die Taschenaufhängung integriert ist. Möglich sind hier sowohl optische als auch funkbasierte Codes.

Bei der rasanten Massenheirat findet bereits eine erste Sortierung statt: Der Lagerist pflegt verstärkt solche Ware ein, die üblicherweise nachgefragt oder aufgrund einer Werbeaktion voraussichtlich häufig geordert wird. Alternativ orientiert er sich grob an bereits vorliegenden und gerade eingehenden Bestellungen.

Alle gefüllten Taschen fahren dann in einen dynamischen Pufferspeicher. Dort rotieren auch die geprüften Retouren, die an anderer Stelle eingespeist wurden. Die Rückläufer stehen also sofort wieder zur Verfügung.

Wenn nun neue Kundenbestellungen eingehen, führt das System alle entsprechenden Taschen über Weichen in eine mehrstufige Matrix-Sortierung. Hier sorgt ein Algorithmus dafür, dass die beliebig kommissionierten Teile in einer exakten, vordefinierten Reihenfolge an den Packplätzen ankommen.

Am Packplatz wird dem Kommissionierer als erstes angezeigt, welche Verpackungsgröße er für den aktuellen Auftrag wählen sollte. Wenn er den entsprechenden Karton bereitgestellt hat, entleert er so lange die ankommenden Taschen, bis das System den Auftragsabschluss meldet. Zudem wird ihm angezeigt, welche Werbegeschenke er gegebenenfalls beilegen soll. Zeitgleich wird der Lieferschein ausgedruckt. Abschließend sendet der Mitarbeiter das Paket zur Versandabteilung.

„Die Matrix-Sortierung fasst nicht nur die Teile einer einzelnen Bestellung zusammen, sie kann auch innerhalb eines Auftrags eine vorgegebene Reihenfolge ausgeben. Das ist etwa dann wichtig, wenn die bestellten Teile unterschiedlich schwer oder druckempfindlich sind“, erklärt Volker Welsch, Vertriebsleiter bei der PSB Intralogistics GmbH, Pirmasens. „Schwere Schuhe sollten beispielsweise nie auf einer Seidenbluse liegen“, so der Wirtschaftsingenieur. „Um das zu gewährleisten, kann unser System das Gewicht der Ware berücksichtigen.“ Die entsprechende Information werde aus den Stammdaten abgerufen. PSB zählt neben der marktführenden Dürkopp Fördertechnik GmbH aus Bielefeld zu den großen Anbietern von Taschensortern.

Auch der Neunkirchener Logistikgigant SSI Schäfer hat inzwischen Taschensorter im Sortiment. Clemens Mayer, zuständig für Business Development im Fashion-Bereich, gibt Auskunft zu den Kosten der stets individuell konzipierten Anlagen: „Kleine E-Commerce-Firmen, die rund 2000 Teile pro Stunde umsetzen wollen, müssen mit etwa 2 Mio. € rechnen. Größere Anlagen, die bis zu 35 000 Teile pro Stunde handhaben können, schlagen mit etwa 25 Mio. € zu Buche.“ Die Amortisationszeit betrage im Durchschnitt zwischen zwei und fünf Jahre.

Auf einen großen Vorteil der Taschensorter macht Ralf Schneuing, Managing Director bei Vanderlande-Smatec in Bielefeld aufmerksam: „Unsere Anlagen können meist direkt unter die Decke eines Distributionszentrums installiert werden. Somit wird wertvolle Bodenfläche eingespart.“ Vanderlande hat schon mehrere Anlagen bei großen Onlineversandhändlern installiert.

Michael ten Hompel, Leiter des Fraunhofer IML.
Foto: Fraunhofer IML

Eine große Herausforderung für den Betreiber eines Taschensortersystems besteht laut IML-Chef ten Hompel darin, die manuellen Arbeitsprozesse an der Befüllung und Entleerung der Taschen so zu gestalten, dass er die theoretisch mögliche Leistung der Sortieranlage bestmöglich ausnutzt.

Einige der Hersteller arbeiten dementsprechend an Automatisierungslösungen. Bei Vanderlande etwa kommen sie meist dann zum Einsatz, wenn Retouren wieder in das System eingespeist werden sollen. Schneuing: „Die entsprechende Ware wird bei den Versendern in aller Regel automatisch foliert – sie liegt also schon auf einem Förderband. Wir verlängern dieses Band einfach bis zur Einpackstation.“ Dort falle die Ware dann in eine Tasche.

„Bei Neuware setzen wir 6-Achs-Roboter ein, die die Produkte aus den Kartons der Hersteller entnehmen.“ Dazu müsse die Ware allerdings geeignet sein. „Fashion ist hier unproblematisch“, so der Ingenieur. „Bei empfindlicher Elektronik sieht das aber schon anders aus.“

Beim Auspacken der Taschen gelten die gleichen Einschränkungen. „Die Fallhöhe darf ein gewisses Maß nicht übersteigen“, so Schneuing. Zur Lösung des Problems hat Vanderlande eine auskippbare Tasche entwickelt. Die Patentanmeldung läuft gerade.

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