EU-Kommission will Reparaturmöglichkeiten europaweit ausbauen und Gewährleistung verlängern
Die EU-Kommission will ein Recht auf Reparatur für alle Gebrauchsartikel durchsetzen und damit 18,5 Mio. t Treibhausgase und 3 Mio. t Müll in 15 Jahren vermeiden. Handel und Handwerk fürchten eine kostspielige Ausweitung der Lagerhaltung von Ersatzteilen.
Wer kennt das nicht? Küche, Bad oder Keller stehen unter Wasser, weil die Waschmaschinenpumpe versagt hat. Kommt dann nach Trockenlegung des Standorts ein Techniker ins Haus, fängt der Ärger erst richtig an. Denn oft lautet die Diagnose: Eine Reparatur der defekten Maschine lohne sich nicht und eine neue sei ja auch wesentlich energiesparender.
Aus dieser Zwickmühle will die Europäische Kommission Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft befreien. Mit dem Recht auf Reparatur will man die Hersteller von Waschmaschinen, Trocknern sowie Geschirrspülern, aber auch von Flachbildschirmen, Tablets und Mobiltelefonen dazu verpflichten, kaputte Geräte zu reparieren. Im Rahmen der gesetzlich verankerten zweijährigen Gewährleistung muss der Gerätehersteller nach dem Willen der Brüsseler Behörde wieder instand setzen – und zwar unabhängig davon, ob der Kunde das will oder nicht.
Bei Gewährleistungsansprüchen händigt der Handel – insbesondere der Onlinehandel – dem Kunden oft ein neues Ersatzgerät aus und lässt das defekte Teil einfach in den Müll wandern. Mit dieser gängigen Praxis soll aus Umweltgründen bald Schluss sein, denn die entsorgten Produkte sind häufig noch gebrauchsfähig und könnten repariert werden. Diese Ex-und-hopp-Mentalität führt nach Angaben der Kommission in der EU jedes Jahr zu 35 Mio. t zusätzlichem Abfall, 30 Mio. t verschwendeter Ressourcen und 261 Mio. t Treibhausgasemissionen.
Für die Beschaffung von Ersatzgeräten greifen Verbraucher oft tief in die eigene Tasche
Diese Praxis kommt auch die Verbraucherinnen und Verbraucher teuer zu stehen, wie der Europäische Verbraucherverband (Bureau Européen des Unions de Consommateurs, kurz: BEUC) in Brüssel vorrechnet. Dass Kunden sich notgedrungen meist für Ersatz statt Reparatur entscheiden, verursacht demnach einen geschätzten Mehrkostenaufwand in der EU von rund 12 Mrd. € pro Jahr. Im Gegensatz dazu könnte das geordnete Recht auf Reparatur nach Schätzungen der Kommission jährlich volkswirtschaftlich einen Wachstums- und Investitionsschub von 4,8 Mrd. € in den Bereichen Reparaturen und Ersatzteilemanagement nach sich ziehen.
Bislang fehlten bei fehlerhaften Produkten vor allem nach Ablauf der gesetzlichen Garantiefristen Anreize für eine Reparatur. Doch mit dem Kommissionsvorschlag soll es künftig einfacher und kostengünstiger werden, Waren zu reparieren, anstatt sie ersetzen zu lassen.
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Gewährleistung und Reparaturfähigkeit sollen auf fünf bis zehn Jahre ausgeweitet werden
Bisher muss jeder Händler auf Neuware für zwei Jahre ab dem Kaufdatum eine Gewährleistung einräumen. Ist in dieser Zeit allerdings die Reparatur nachweislich teurer als ein Ersatzprodukt, erlischt der Vorrang der Reparatur. Jenseits dieser Gewährleistung aber würde das Recht auf Reparatur für viele Haushaltsgeräte dann wieder greifen. Denn schon heute schreibt die EU für viele Geräte vor, dass sie für einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren reparierbar sein müssen. Dazu gehören etwa Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspüler, Bildschirme, Staubsauger oder Server. In Zukunft soll dies, so die EU-Kommission, auch für Mobiltelefone, Tablets und elektronisches Equipment gelten.
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