Forscher entdecken Urbakterien, die am Meeresgrund Erdöl auch ohne Sauerstoff abbauen
Eine Gruppe von Mikroorganismen, sogenannte Archaeen, ist in der Lage, auch unter Luftabschluss Erdölbestandteile am Meeresboden abzubauen. Dies fand ein deutsches Forschungsteam heraus.
Etwa ein Drittel aller Mikroorganismen der Erde besiedeln den Meeresgrund. Wie es den Kleinstlebewesen gelingt, bei den oft unwirtlichen Lebensbedingungen selbst in mehreren Kilometern Tiefe noch zu überleben, haben Forschende am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen und des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie Bremen untersucht. Sie machten einen erstaunlichen Fund: In Laborkulturen konnten sie erstmals nachweisen, dass Archaeen, die als eine Art Urbakterien gelten, Erdölbestandteile abbauen. Ihre Ergebnisse haben sie jetzt im Fachblatt Nature Microbiology veröffentlicht.
Mikrobielle Gemeinschaften sind in der Nähe von Hydrothermalquellen besonders aktiv. Im Guaymas-Becken im Golf von Kalifornien wird dabei organisches Material durch die Wärme aus dem Erdinneren aufgeheizt und zerfällt dabei zu Erdöl und Erdgas. In der ansonsten lebensfeindlichen Umgebung scheint dies genau die richtige Nahrungsquelle für bestimmte Kleinstlebewesen zu sein. Denn das Bremer Team konnte jetzt nachweisen, dass Archaeen bestimmte Erdölbestandteile, die sogenannten Alkane, bei hohen Temperaturen ohne Sauerstoff zersetzen können.
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Neue Variante eines Schlüsselenzyms für den Auf- und Abbau von Methan gefunden
Diese Alkane sind ein natürlicher Bestandteil von Erdgas und Erdöl und extrem stabile Kohlenwasserstoffverbindungen. Gelangen sie in die Umwelt, so gibt es einige Mikroben, die sie abbauen können – vorausgesetzt, es ist genügend Sauerstoff vorhanden. Unter Sauerstoffabschluss aber funktioniert das kaum bis gar nicht.
Nun häuften sich aber Hinweise darauf, dass Archaeen neue Varianten eines Schlüsselenzyms der Methanogenese und des anaeroben Methanabbaus besitzen, mit denen das Kunststück gelingt. Es handelt sich um die Methyl-Coenzym-M-Reduktase (MCR). Dem ist das Bremer Team um Hanna Zehnle im Labor nachgegangen, um herauszufinden, was das Enzym zu leisten imstande ist.
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Archaeen bauen Erdöl in der Tiefsee ab, wenn sie Sauerstoff von einer anderen Art Bakterien erhalten
Das Team untersuchte Sediment aus dem 2000 m tiefen Guaymas-Becken im Golf von Kalifornien. Im Labor setzten sie Kulturen mit flüssigen Alkanen an, die ohne Sauerstoff, also anaerob, und bei hohen Temperaturen um die 70 °C wuchsen. „In den Kulturen“, erklärt Hanna Zehnle, „entsteht nach einer Zeit Sulfid. Das gilt als Beweis, dass sie aktiv sind.“ Die genaue Zusammensetzung der Mikroorganismen wird dann anhand von DNA- und RNA-Proben ermittelt. „Wir möchten so herausfinden, welche Organismen in diesem System leben und welche Stoffwechselwege sie nutzen“, sagt die Forscherin.
In den Reagenzgläsern der Bremer fanden sich Archaeen der Gattung Candidatus Alkanophaga, die Varianten des Enzyms MCR für den Alkanabbau nutzen. Allerdings können sie das Erdöl nicht allein abbauen. Sie benötigen die Hilfe von Bakterien der Gattung Thermodesulfobacterium, die mit den Archaeen Gemeinschaften bilden und über ihren Stoffwechsel durch Sulfatreduktion Sauerstoff bereitstellen. In der Laborstudie konnte Zehnles Team zeigen, dass die beteiligten Enzyme auch in ganz anderen Stoffwechselwegen und auf flüssige und damit toxische Kohlenwasserstoffe wirken können.