Gefährliche Schleppnetzfischerei in Nord- und Ostsee
Mithilfe von Grundschleppnetzen werden bodennah lebende Fische wie Scholle, Kabeljau oder Garnelen gefangen. Doch die Fangmethode beeinträchtigt den Meeresboden und die dort siedelnden Lebensgemeinschaften. Lebensräume wie Sandbänke, Riffe oder Sandkorallen werden mitunter erheblich geschädigt. In Teilen der deutschen und europäischen Meeresschutzgebiete soll deshalb eine solche mobile grundberührende Fischerei (MGF) verboten werden.
Gleich zwei Pilotmissionen im Rahmen der Forschungsmission „Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume“ der Deutschen Allianz für Meeresforschung (DAM) beschäftigen sich mit der Frage, welche Auswirkungen der Ausschluss der Fischerei mit Grundschleppnetzen auf die Meeresschutzgebiete in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee haben kann.
In ausgewählten Regionen inner- und außerhalb von Meeresschutzgebieten in der AWZ von Nord- und Ostsee wird dafür zunächst der aktuelle Umweltzustand als Referenz erforscht und dokumentiert. Anhand der Daten lässt sich analysieren, wie sich Lebensgemeinschaften, Meeresbodenmorphologie, Biogeochemie der Meeressedimente und Austauschprozesse zwischen Sediment und Wassersäule ohne weitere Störungen entwickeln. Bisher wurden solche Einflüsse auf Meeresschutzgebiete kaum untersucht. Von den Ergebnissen erwarten sich Forscher eine wichtige Grundlage für ein zukünftiges Management der Meeresschutzgebiete.
Vorsorgeforschung für einen nachhaltigen Umgang mit den Küsten, Meeren und Ozeanen
Für diese Art von Vorsorgeforschung hätten die norddeutschen Bundesländer mit dem Bund die Deutsche Allianz Meeresforschung (DAM) im letzten Jahr geschaffen, betonte Bettina Martin, die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern. „Die Deutsche Allianz Meeresforschung hat das Potenzial, eine der weltweit größten und erfolgreichsten marinen Forschungsallianzen zu werden. Damit wir dieses Ziel erreichen können, müssen sich alle vier Kernbereiche der DAM entfalten können: Forschung, Infrastrukturen, Datenmanagement und Digitalisierung sowie Transfer. Es bedarf der gemeinsamen Kraftanstrengung aller Partnerinnen und Partner, damit dieses wichtige Projekt schon bald seinem Anspruch gerecht werden kann und eine Spitzenstellung in der internationalen Meeresforschung einnimmt.“
Die Erwartungen der Politik formuliert hierzu Volker Rieke, Leiter der Abteilung Zukunftsvorsorge – Forschung für Grundlagen und nachhaltige Entwicklung im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): „Die Forschungsmissionen der Deutschen Allianz Meeresforschung sollen nicht nur exzellente Forschung ermöglichen. Wichtig ist auch der Transfergedanke: Das Ziel ist, das erlangte Wissen in die Umsetzung zu bringen. Politik und Gesellschaft benötigen konkretes Handlungswissen, um den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.“
Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der EU
Bereits 2008 war die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) für die deutschen Teile der Nord- und Ostsee unterzeichnet worden. Die Pilotmissionen leisten nun ihren Beitrag zur Umsetzung der Richtlinie. Deutschland stehe hier in der Pflicht, eine Verbesserung des Umweltzustandes von Nord- und Ostsee zu erreichen, sagt Christiane Paulus, Leiterin der Abteilung Naturschutz und nachhaltige Naturnutzung im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). „Die Deutsche Allianz Meeresforschung ist für unsere Arbeit eine wichtige Verbündete. Ich freue mich deswegen sehr über diese Neugründung. Die handlungsorientierten Forschungsergebnisse der DAM für einen nachhaltigen Umgang mit den Meeren werden uns helfen, der Verantwortung gerecht zu werden, die Deutschland für Arten und Lebensräume in seinen sowie den Meeren weltweit hat.“
Pilotmissionen zu mobiler grundberührender Fischerei in Nord- und Ostsee
Die Pilotmissionen haben eine Laufzeit von drei Jahren (1.3.2020 bis 28.2.2023). Die Projektleitung für die Pilotmission „MGF Nordsee“ hat das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), die Projektleitung für die Pilotmission „MGF Ostsee“ liegt beim Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW). Beide Pilotmissionen, die in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden, sind Teil der geplanten Forschungsmission „Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume“. Die DAM erarbeitet in diesem Rahmen gemeinsam mit ihren Mitgliedseinrichtungen und unter Einbindung von Akteuren aus Behörden, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft wissenschaftsbasierte Handlungsoptionen für Entscheidungsträger.