Klima: Lagunen als Kohlenstoffspeicher
Auch Lagunen können sehr effiziente Kohlenstoffsenken sein. Das haben Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung und der Universität Göttingen in einer Studie gezeigt. Die Ergebnisse haben sie im Fachjournal „Global Change Biology“ veröffentlicht.
Hohe Konzentrationen von CO2 in der Atmosphäre und die damit verbundene Klimaerwärmung zeigen immer deutlicher, dass es zwingend notwendig ist, die Kohlenstoffsenken auf der Erde zu erhalten. Solche Ökosysteme können besonders viel Kohlenstoff speichern.
Als natürliche, sehr effiziente Kohlenstoffsenken gelten beispielsweise die Ozeane, Küstenlebensräume wie Mangrovenwälder und Seegraswiesen sowie an Land die Moore und Torfsümpfe. Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) und der Universität Göttingen rücken jetzt ein weiteres Ökosystem in den Blickpunkt, das eine äußerst wichtige Rolle als Kohlenstoffspeicher einnimmt: Lagunen.
Südostasien als Hotspot
Mit seinen ausgedehnten Mangroven- und Torfwäldern gilt Südostasien als ein Hotspot natürlicher Kohlenstoffsenken. Auf der indonesischen Insel Java untersuchte das Team die Segara-Anakan-Lagune im Osten der Insel, die vom größten Mangrovenbestand Javas umsäumt und vom Fluss Citanduy mit Einträgen aus dem Hinterland versorgt wird.
Mithilfe eines Bohrkerns aus dem Sediment der Lagune und der darin gespeicherten Pollen und Sporen sowie des enthaltenen Kohlen- und Stickstoffs und weiterer Elemente konnten sie die Entwicklung der Lagune in den letzten 400 Jahren rekonstruieren. So gelang es, sowohl den Einfluss der Klimaentwicklung und der Landnutzung in den angrenzenden Regionen auf diese Lagune als auch ihre Bedeutung als Kohlenstoffspeicher zu verfolgen.
Mangrovenbäume halten Sediment fest
Bodenerosion spielt dabei eine wesentliche Rolle. Mangroven sind zwar höchst effektive Kohlenstoffsenken, da die verzweigten Wurzeln der Bäume das Sediment mit seinen großen Mengen an organischem Material zurückhalten. Wie die Untersuchung des Bohrkerns zeigte, wurden vor allem in niederschlagsreichen Klimaperioden dennoch reichlich Mangrovensedimente in die Lagune gewaschen. Die lokale Bevölkerung nutzt das Mangrovenholz für den Eigenbedarf und schlägt große Lücken in den Wald, wodurch die Bodenerosion noch verstärkt wird.
Zusätzlich spült der Fluss Citanduy, der in die Bucht mündet, Sedimentmassen aus dem Hinterland in die Bucht. In dem ruhigen Wasser der Lagune, die kaum Austausch mit dem offenen Meer hat, wird diese Fracht an Sediment und organischen Substanzen am Boden abgelagert. Anders als im offenen Ozean wird nur ein kleiner Teil des organischen Materials zersetzt und als CO2 in die Atmosphäre abgegeben.
Ackerbau verdrängte die Waldvegetation
Im vergangenen Jahrhundert haben die Ablagerungen des Materials, das der Fluss einträgt, deutlich zugenommen. Dies ist eine Folge der Entwicklungen im Hinterland, wo die ursprüngliche Waldvegetation zunehmend durch Ackerbau verdrängt wurde. Sowohl Bauern als auch staatliche Institutionen bewirtschafteten den Boden auf wenig nachhaltige Art und ohne Rücksicht auf Erosionsschäden. Auch die Praxis der Terrassierung von Hängen führte zu umfangreichen Sedimenteinträgen in der Lagune.
„Für die Studie haben wir Daten aus klimatischen und ökologischen Veränderungen sowie aus dem gesellschaftlich und politisch bedingten Wandel in der Landnutzung im Umfeld der Lagune hinzugezogen“, erklärt Tim Jennerjahn, Biogeochemiker am ZMT und einer der Autoren der Publikation. „Lagunen sind zu Auffangbecken menschengemachter Umweltschäden geworden, die zu einem weiteren Anstieg des Treibhausgases CO2 führen würden.“
Versandete Lagunen sind nutzlos
Segen und Unheil liegen hier nah beieinander. Lagunen sind weltweit zwar an 13 % der Küsten zu finden. Doch überall auf der Welt versanden sie langsam und können irgendwann nicht mehr ihrer Funktion als Kohlenstoffsenken nachkommen. So auch die Segara-Anakan-Lagune, die heute nur noch ein Viertel der 1860 gemessenen Ausdehnung hat und insbesondere seit den 1960er-Jahren mit einem jährlichen Verlust von 70 ha rapide schrumpft.
Die Studie wurde durch das langjährig vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte bilaterale SPICE-Programm (Science for the Protection of Indonesian Coastal Ecosystems) ermöglicht.