Klimaschutzpotenziale der Materialeffizienz werden bisher selten berücksichtigt
Mit dem Einsatz von Materialien in Fahrzeugen und Wohngebäuden hat sich ein internationales Team von Forschenden beschäftigt. Ihre Erkenntnis: In diesen Bereichen könnten bis zu zwei Drittel der weltweiten Treibhausemissionen eingespart werden – allerdings nur, wenn entsprechende Strategien jetzt konsequent umgesetzt werden.
Mit Zahlen will das Forschungsteam um Stefan Pauliuk, Juniorprofessor für nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement an der Universität Freiburg, wachrütteln: Durch eine effizientere Nutzung von Materialien bei Wohngebäuden und Pkw könnten nach ihrer Rechnung bis 2050 weltweit enorme Mengen Treibhausgase eingespart werden. Sie kommen auf 20 bis 52 Gt (Milliarden Tonnen) CO2-Äquivalente bei Wohngebäuden und 13 bis 26 Gt CO2-Äquivalente bei Pkw. Das entspreche bis zu zwei Drittel des bisherigen Wertes.
Globale Strategien analysiert
Die Wissenschaftler analysierten dafür zehn globale Strategien zur Materialeffizienz (ME), wie die Wiederverwendung von Schrott aus der Herstellung. Daraus berechneten sie deren gemeinsames maximales Potenzial – wenn die Maßnehmen konsequent bis 2040 umgesetzt würden und von einer strikten Klimapolitik flankiert würden. Nach ihren Erkenntnissen zeigten sich bei Wohngebäuden in der Holzbauweise und der Reduzierung der Wohnfläche die größten Einsparpotenziale pro Person. Bei Personenkraftwagen könne die Materialeffizienz am besten durch Mitfahrgelegenheiten und Carsharing gesteigert werden. „Das zeigt, dass Materialeffizienz ein Schlüssel zu einer weitgehenden Klimaneutralität sein kann“, verdeutlichte Pauliuk. „Die Potenziale sind enorm und sollten stärker genutzt werden.“
Neben angebotsseitigen Maßnahmen, wie der Wiederverwendung von Schrott aus der Herstellung, und nachfrageseitigen Maßnahmen, wie die Wiederverwendung bzw. einer effizienteren Nutzung der Produkte durch Carsharing und geteiltem Wohnraum, ermittelten die Wissenschaftler die künftigen Veränderungen der Materialflüsse und des Energieverbrauchs aufgrund von höherer Materialausbeute, leichterem Design, Materialsubstitution, längerer Lebensdauer, höherer Serviceeffizienz, Wiederverwendung und Recycling.
Dabei erfasst ihr Rechenmodell die Produktion, die Nachfrage, die Verwendung und das Recycling von sechs klimarelevanten Materialien: Aluminium, Zement, Kupfer, Kunststoffe, Stahl und Holz. „Die Analyse generiert eine Reihe von Was-wäre-wenn-Szenarien für verschiedene Grade von Materialeffizienz im Fahrzeug- und Gebäudesektor und den damit verbundenen wichtigen Materialkreisläufen vor unterschiedlichen sozioökonomischen und klimapolitischen Hintergründen“, verdeutlicht Pauliuk.
Höhere Priorität in der Klimapolitik
Für eine tiefgreifende Emissionssenkung im Wohngebäudesektor reicht Ökostrom nach Auffassung der Forschenden allein nicht aus. Das belege die Studie. Zusätzliche Effizienzmaßnahmen seien erforderlich. Ähnlich bewertete das Forscherteam die Situation bei den Pkw. Deren Elektrifizierung müsse mit der Umstellung auf kohlenstoffarme Elektrizität Hand in Hand gehen. Pauliuk leitet daraus ab, dass es einfacher wird, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen, wenn Strategien zur Materialeffizienz einen ähnlich hohen Stellenwert wie Maßnahmen zur Energieeffizienz erhalten. Und er sagt: „Die Maßnahmen zur verbesserten Materialeffizienz können leicht umgesetzt werden, daher sollte ihnen in der Klimapolitik eine höhere Priorität zukommen.“
Wettbewerbsvorteil Ressourceneffizienz
In der Vergangenheit hat bereits das VDI-Zentrum für Ressourceneffizienz immer wieder auf die allgemeine Bedeutung der Materialeffizienz für den Klimaschutz verwiesen. In ihrer Broschüre „Wettbewerbsvorteil Ressourceneffizienz“ sind dazu konkrete Anwendungsbeispiele aufgelistet, in denen Material eingespart werden konnte. Außerdem gibt es dort eine Tabelle zum Anstieg der Gesamtrohstoffproduktivität in Deutschland. Darüber hinaus gibt es Beispiele, wie Energie und Ressourcen wie Wasser eingespart werden konnten.
Erstellt mit Material der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau