Lärm: Schutz bei Stromtrassen durch neues Gesetz ausgehebelt
Der Bundestag hat von der Öffentlichkeit so gut wie unbemerkt im Juli 2022 die Lärmschutzregeln für den Betrieb von Höchstspannungsleitungen massiv gelockert: Das ist gut für die Netzbetreiber und den geplanten Netzausbau, aber schlecht für die Anwohner.
Von den meisten unbemerkt, hat der Bundestag bereits im Juli 2022 die Lärmschutzregeln für den Betrieb von Höchstspannungsleitungen massiv gelockert. Für die Menschen in der Nähe dieser Leitungen dürften die Folgen dieser Annullierung der bis dahin geltenden Lärmgrenzwerte massiv sein. Ihnen droht tagsüber nun eine empfindliche Geräuschbelästigung von 70 dB(A), das entspricht in etwa dem Dröhnen, das ein eingeschalteter Staubsauger in einem Zimmer verursacht.
Höchstspannung lärmt. Das weiß jeder, der sich schon einmal in die Nähe einer solchen 380-kV-Leitung begeben hat. Gerade bei Regen, Nebel oder hoher Luftfeuchtigkeit ist das „Spratzeln“ deutlich wahrzunehmen Diese Entladungen verursachen, wie das eigentliche Brummen vom 50-Hz-Wechselstrom der Leitungen, einen Geräuschpegel, der von vielen Menschen als störend empfunden wird. Und je mehr eine Leitung ausgelastet ist, desto mehr Brummen gibt sie ab.
Schutz vor Lärm – Stromleitungen müssen keinen Abstand zu Wohngebieten einhalten
Wer allerdings annimmt, dass es aufgrund dieser möglichen Belästigung in Wohngebieten Abstandsvorschriften für Stromtrassen geben müsste, wird durch die bestehende Gesetzeslage eines Besseren belehrt: Stromleitungstrassen haben keinen vorgeschriebenen Abstand zu Häusern und Wohngebieten einzuhalten, allein die sogenannte Überspannung (Verlauf direkt über Gebäude) ist „zu vermeiden“.
Energiewende: Der deutsche Stromnetzausbau muss Fahrt aufnehmen
Nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) sollten bei unterirdischen Gleichstrom-Höchstspannungsleitungen, kurz HGÜ, Abstände von weniger als 400 m zu Wohngebäuden im Bereich eines Bebauungsplans und von weniger als 200 m zu Wohngebäuden im Außenbereich vermieden werden. Aber das gilt nur für die erdverlegten HGÜ-Leitungen.
Sind HGÜ auf Masten befestigt, sind Geräuschemissionen nicht zu vermeiden. Allerdings treten sie hier – im Gegensatz zu den Wechselspannungs-Pendants – vorwiegend bei trockenem Wetter auf, wie der Netzbetreiber Amprion berichtet.
Die TA Lärm regelt, welchen Geräuschpegel Anlagen in welchen Gebieten abgeben dürfen
Bislang mussten sich die Netzbetreiber bei der Planung und dem Betrieb ihrer Höchstspannungsleitungen an die Bestimmungen der sogenannten TA Lärm (Technische Anleitung Lärmschutz) halten. Für Emissionen in Richtung von Wohngebieten galt: Nur bei „seltenen Wetterereignissen“ durften in Wohngebieten die Grenzwerte von tagsüber 50 dB(A) und nachts 35 dB(A) überschritten werden, maximal an zehn Tagen oder zwei Wochenenden im Jahr. Oder wie es ein Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gegenüber VDI nachrichten formuliert: „Im bisherigen Verfahren musste zu jeder Zeit der niedrigste Grenzwert eingehalten werden, der Geräusche zur Nachtzeit abbildet. Überlagernde Fremdgeräusche, die beispielsweise durch den Regen selbst entstehen, wurden nicht berücksichtigt.“
Zur Veranschaulichung: 35 dB(A) entsprechen etwa der Lautstärke raschelnder Blätter, während 50 dB(A) dem Grundgeräuschpegel in einer Wohnung abseits des Straßenverkehrs entsprechen, also durchaus erträgliche Lautstärken.
Kein Lärmschutz: an der Trasse ein Geräuschpegel wie im Großraumbüro
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