Mikroalgen reinigen giftiges Sickerwasser von der Deponie
Wie lebendige Filter sollen Mikroalgen das Sickerwasser von Deponien von Schadstoffen befreien. Ein Team der TH Köln arbeitet daran, diese Kleinstlebewesen fit für ihren Job zu machen.
428 Deponien gibt es allein in Nordrhein-Westfalen, auf denen rund 6 Mio. m³ Deponiesickerwasser pro Jahr anfallen. Dies ist schlicht Regen, der durch die Deponie sickert und dabei große Mengen an Schadstoffen ausschwemmt. Diese Giftfracht gilt es so gut wie möglich zu entfernen, bevor ein Großteil des Sickerwassers in kommunale Kläranlagen geleitet wird.
Helfen könnten dabei Mikroalgen, die die Schadstoffe aus dem Wasser filtern und in ihrer Biomasse speichern können. Unter welchen Bedingungen sie dies am besten tun, erforscht ein Team um Projektleiterin Miriam Sartor vom Metabolon Institut der TH KölnTH Köln an einer eigenen Pilotanlage, die gerade in Betrieb gegangen ist. Darin geht es vor allem um die Kultivierung der winzigen Algen, die weder zu den Tieren noch zu den Pflanzen gezählt werden.
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Besseres Wachstum und stabilere Kulturen durch Biofilme
„Ein großer Vorteil der Mikroalgen ist, dass sie dabei durch Fotosynthese angetrieben werden und die Aufbereitung dadurch besonders energieeffizient ist“, sagt Alexander Kuß, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt. „Zudem wird durch das Wachstum der Kulturen CO2 in der Algenbiomasse gespeichert und gleichzeitig Sauerstoff produziert, was die Wasserqualität verbessert. Nicht zuletzt können die Organismen auch als Energieträger genutzt werden.“ In einer vorangegangenen Projektphase hatte das Team bereits Mikroalgen in hochbelasteten Deponiesickerwässern kultivieren können.
Bisher werden Mikroalgen im industriellen Maßstab überwiegend in suspensionsbasierten Systemen kultiviert. Sie bewegen sich also freischwimmend durch eine Nährlösung – im konkreten Fall Abwasser – und nehmen dabei Nährstoffe auf, um zu wachsen. „Solche Systeme sind vergleichsweise kostengünstig, leicht zu bewirtschaften und weisen moderate Wachstumsraten auf“, erklärt Projektleiterin Sartor.
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Allerdings sind diese Systeme bei dem meist trüben Deponiesickerwasser nicht besonders effektiv, weil nicht genügend Sonnenlicht für das Wachstum der Algen einfallen kann. Deshalb braucht es meist große flache Becken zur Kultivierung, die sich allerdings nur schwer in die bestehende Infrastruktur integrieren lassen.
Algenkulturen erlauben neue Möglichkeiten der Anlagenplanung
Die Kölner verfolgen deshalb einen anderen Ansatz: Sie bauen auf Biofilme, in denen sich die Algenkulturen festsetzen. Dadurch ergeben sich auch völlig neue Möglichkeiten der Anlagenplanung. Außerdem lässt sich die Biomasse in den Biofilmen deutlich leichter ernten und weiterverarbeiten.
Die Pilotanlage wird nun mit Blick auf den Abbau von Nährstoffen, Stoffwechselaktivitäten anderer relevanter Mikroorganismen wie Cyanobakterien, nitrifizierende und denitrifizierende Bakterien, die Produktion und Verwertbarkeit der Biomasse sowie die Betriebskosten kontinuierlich überwacht und optimiert. „Am Ende des Projekts wollen wir fundierte Erkenntnisse darüber erhalten, ob und wie eine großtechnische Umsetzung ökologisch sinnvoll, effektiv und wirtschaftlich realisierbar ist“, sagt Sartor.