Mit Cyanobakterien Seltene Erden aus Industrieabwässern zurückgewinnen
In vielen Hightech-Geräten stecken Seltene Erden. Diese zu recyceln ist schwierig. Ein Münchner Forschungsteam nutzt dafür jetzt erfolgreich Cyanobakterien, um die Metallionen aus wässriger Lösung zu binden.
Für unzählige Technologieanwendungen sind sie mittlerweile unverzichtbar: Seltene Erden. Sie stecken in Windkraftanlagen, Batterien, Katalysatoren, Glasfaserkabeln und Plasmabildschirmen. Die Nachfrage ist hoch, die Kosten steigen, weil die Lagerstätten begrenzt und die Abbaubedingungen oft umweltschädlich sind. Die Möglichkeiten eines echten Recyclings etwa aus Industrieabwässern in den Bereichen Bergbau, Elektronik oder chemische Katalysatoren halten sich ebenfalls in Grenzen.
Das könnte sich jetzt ändern. Denn ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat in Zusammenarbeit mit der Hochschule Kaiserslautern einen neuen Ansatz gefunden. Es untersuchte mehrere Stämme von Cyanobakterien auf ihr Potenzial, Seltene Erden aus wässriger Lösung zu binden – und hatte Erfolg. „Ein großer Vorteil ist außerdem, dass der Prozess reversibel ist“, erklärt Thomas Brück vom Werner Siemens-Lehrstuhl für Synthetische Biotechnologie der TUM. „Das bedeutet, wir können die Metalle auswaschen und die Biomasse wiederverwenden.“
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Cyanobakterien sind an extreme Lebensbedingungen wie Wüsten oder Salzseen angepasst
Woran Brück und sein Team forschen, nennt sich Biosorption der Seltenen Erden Lanthan, Cer, Neodym und Terbium. Dafür setzen sie zwölf Stämme von Cyanobakterien ein, die bisher kaum oder gar nicht auf ihre biotechnologischen Fähigkeiten hin geprüft worden waren. Das Besondere an diesen Bakterien: Sie stammen aus extremen Lebensräumen etwa aus den Wüsten Namibias, den Natronseen im Tschad, aus Felsspalten in Südafrika oder verschmutzten Bächen in der Schweiz.
Im Labor erwiesen sich die Cyanobakterien nun als extrem fleißig. Sie konnten Seltene Erden in Mengen von bis zu 10 % ihrer eigenen Trockenmasse adsorbieren. Wie das funktioniert, erklärt Erstautor Michael Paper: „Die Biomasse aus Cyanobakterien weist einen hohen Anteil an Zuckerverbindungen auf, die negative Ladungen tragen. Diese ziehen positiv geladene Metallionen an, die so an die Biomasse gebunden werden.“
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Bakterien arbeiten schnell und effizient, Versuche jetzt in größerem Maßstab geplant
Das Ganze klappt selbst bei extrem niedriger Metallkonzentration, wie die Forschenden feststellen konnten. Und die Cyanobakterien sind dabei extrem schnell: So wurde beispielsweise das meiste Cer in Lösung innerhalb von 5 min nach Beginn der Reaktion gebunden. Die Forschenden wollen ihre Versuche in einem größeren Maßstab durchführen, um die industrielle Anwendung der Ergebnisse voranzubringen.