Mit der Wiesn kommt das Methan
Jia Chen ist Professorin für Umweltsensorik und Modellierung an der Technischen Universität München (TUM). Dieses Jahr wird sie mit ihrem Team messen, wie viel Methan während des Oktoberfests ab morgen auf der Festwiese ausgestoßen wird.
Im vergangenes Jahr hat Jia Chen mit ihrem Team von der TU München als Teil einer internationalen Studie den Ausstoß von Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und auch Methan in München über einen längeren Zeitraum beobachtet. „Dabei“, so die Professorin für Umweltsensorik und Modellierung, „ist uns aufgefallen, dass mit dem Wiesn-Beginn der Methanausstoß in der Stadt merklich angestiegen und nach dem Oktoberfest wieder auf den ursprünglichen Stand gesunken ist.“ Dem Phänomen wollen die Forscher dieses Jahr noch einmal genauer auf den Grund gehen.
Wiesn-Besucher nicht die Ursache
Chen ist sich sicher, dass das Wiesn-Publikum – immerhin zieht das Volksfest regelmäßig mehrere Millionen Menschen an – nicht die Ursache des erhöhten Methanausstoßes ist. „Noch nicht einmal die Hälfte aller Menschen produziert überhaupt Methan, und wenn, dann nur ein paar Mikrogramm pro Sekunde, sodass selbst bei einer Rekord-Wiesn niemals die von uns gemessenen Werte erreicht werden könnten“, erläutert die Wissenschaftlerin.
Die drei wahrscheinlichsten Quellen für das Methan sind ihrer Ansicht nach das Abwasser aus der Gastronomie und den Toiletten, die Gasgrills in den Festzelten und Buden sowie die Gasversorgung für Grills und Heizstrahler.
Methan ist ein Treibhausgas, das die Erderwärmung beschleunigt, und zwar über 100 Jahre gemittelt 28-mal stärker als CO2. Mehr noch: „Seit 2006 nimmt der weltweite Methanausstoß zu, ohne dass mit Sicherheit geklärt ist, was der Grund dafür ist. Deswegen ist es wichtig, genau zu verstehen, wo und warum Methan ausgestoßen wird“, erläutert Chen.
Messen mit zwei Sensoren
Zur Messung arbeiten die Forscher mit zwei optischen Sensoren, die auf die Sonne ausgerichtet sind. Chen: „Damit führen wir Säulenmessungen durch. Das heißt, wir messen die Menge der Treibhausgase in der Luftsäule zwischen Sensor und Sonne.“ Dabei steht einer der Sensoren in Windrichtung vor der Festwiese, der zweite hinter der Festwiese. „Alle Treibhausgase, die vom zweiten Sensor, nicht aber vom ersten gemessen werden, müssen also vom Oktoberfest stammen“, erklärt Chen. „Wir haben ein Computermodell für Hochleistungsrechner entwickelt, das Wetterdaten wie Windgeschwindigkeit und Luftdruck berücksichtigt.“
Aus den komplexen Berechnungen dieses Modells können die Forscher sehr viele Informationen über Treibhausgasemissionen gewinnen. Beispielsweise können sie anhand der zwei Messstationen feststellen, ob die stärksten Methanquellen nun mehr im Norden, Osten, Westen oder Süden der Festwiese liegen.
Keine Explosionsgefahr
Dabei sind die Forscher keine Spielverderber. „Unser Ziel ist nicht, das Oktoberfest an den Pranger zu stellen. Übers Jahr gemittelt ist die Emission von anderen bekannten Quellen in der Stadt höher.“ Wenn man den Ausstoß von Treibhausgasen in München und Deutschland verringern wolle, sei es aber wichtig, auch noch unbekannte Quellen aufzuspüren und an diesen Stellschrauben zu drehen.
Explosionsgefahr besteht durch den erhöhten Methanausstoß übrigens nicht. Chen: „Wir sprechen hier von Konzentrationen von ein paar Teilchen Methan pro 1 Mio. Luftteilchen. Um explosiv zu sein, müsste der Methananteil mehr als tausendfach höher sein.“