Polarforscherin Boetius warnt: „Meereis ist dünner geworden“
Die Meeresbiologin Antje Boetius warnte vor Bundestagsvertretern, die Bedeutung der Meere und die Geschwindigkeit des Klimawandels zu unterschätzen. Jüngste Forschungsergebnisse stützen ihre Aussagen.
Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung, stellte ihre Forschungsergebnisse im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung vor. Boetius, die selbst 2019 mit dem Forschungsschiff Polarstern ein Jahr in der Arktis verbrachte, sagte, das Eis dort werde nach den Messdaten „nicht nur weniger, sondern auch dünner“.
Jüngste Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass noch mehr Eis abgeschmolzen ist, als bislang angenommen
Dazu passen kürzlich veröffentlichte Forschungen eines Teams um Chad Greene vom Jet Propulsion Laboratory in Kalifornien. Die Experten für die Auswertung von Satellitenaufnahmen haben anhand von weit über 200 000 Positionsangaben dokumentiert, dass die Eisdecke über Grönland von den Rändern her schrumpft. Bislang war vor allem die Dicke des Eises an Land gemessen worden. Das Team aus den USA glaubt, die Annahmen zu den bekannten Verlusten an Masse müssten um weitere 20 % nach oben korrigiert werden. Seit Mitte der 1980er-Jahre sei das Grönlandeis um eine Fläche von 5000 km² kleiner geworden – in etwa die doppelte Größe des Saarlandes.
Abschmelzen des Grönlandeises könnte den Meeresspiegel um sieben Meter steigen lassen
Die bisherigen Simulationen zum Eisverlust in Grönland ließen sich wahrscheinlich mithilfe der neuen Erkenntnisse verfeinern, urteilt etwa Johannes Feldmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung über die Daten. Dem Grönlandeis wird in der Forschung deshalb besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt, weil manche Experten davon ausgehen, dass ab einer bestimmten Temperaturschwelle der Schmelzvorgang nicht mehr gestoppt werden kann. Am Ende des Prozesses wäre Grönland demnach eisfrei und der Meeresspiegel läge 7 m höher als heute.
Illegale Fischerei und Belastungen durch die industrielle Landwirtschaft setzen den Meeren zu
Antje Boetius sprach vor dem Forschungsausschuss darüber hinaus die Themen Überfischung und illegale Fischerei an. Zudem belaste die „exzessive Nährstoffeinleitung“ aus der Landwirtschaft die Meere. Boetius mahnte, die Ozeane dürften nicht als „ferne Randbereiche der Erde“ gesehen werden, sondern als das Element, was das Leben auf der Erde erst möglich mache. Deshalb seien die internationale Zusammenarbeit und der Wissensaustausch zum Schutz der Meere so wichtig. An dieser Stelle wünschte die AWI-Direktorin sich mehr Unterstützung von der Politik.
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Mit „Polarstern 2“ setzt das AWI auf Unterwasser-Robotik
Um Mittel für den Neubau eines weiteren Forschungsschiffes, der Polarstern 2, muss Boetius nicht mehr werben. Die entsprechenden Mittel wurden vom Bundestag bewilligt. Boetius beschrieb die Forschungsvorhaben mit der Polarstern 2 so: Man wolle künftig auch Robotik unter Wasser einsetzen – „in einzigartiger Weise“.