Recycling: Die Textilien wissen, wohin sie müssen
Pro Jahr fallen weltweit rund 92 Mio. t Altkleider an. Recycliert werden davon nur rund 15 %. Forschende der University of Michigan wollen das ändern. Dazu nutzen sie photonische Fasern. Die sollen eine sortenreine Sortierung ermöglichen.
Die meisten Hemden, Hosen, Blusen und Röcke haben eingenähte Etiketten. Darauf steht, woraus die Kleidungsstücke bestehen. Leider aber werden die kleinen Hinweisgeber regelmäßig abgeschnitten oder verblassen im Laufe der Zeit. Eine wirtschaftliche Sortierung wird so fast unmöglich. Der Chemiker Max Shtein und sein Team von der University of Michigan haben deshalb einen haltbaren Code entwickelt, der in die Textilien eingewebt wird. Dieser Code gibt zu jeder Zeit an, woraus die alten Klamotten einst hergestellt wurden.
Schnitte und Farben bleiben unberührt
Der Code besteht aus kostengünstigen photonischen Fasern, die bei normaler Beleuchtung nicht erkennbar sind, den optischen Eindruck also nicht stören. Erst wenn sie in der Sortieranlage mit Licht einer speziellen Frequenz beleuchtet werden, lassen sich die Daten auslesen.
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Wie das geht? Shtein und sein Postdoc Brian Iezzi entwickelten einen Sandwich-Kunststoff, der aus Acryl und Polycarbonat besteht. Jede Lage ist für sich gesehen transparent. Übereinandergeschichtet entsteht aber ein optischer Effekt, der von Schmetterlingsflügeln bekannt ist. Obwohl diese nicht farbig sind, sorgt die Lichtbrechung auf der strukturierten Oberfläche dafür, dass sie bunt schillern. Genauso wirkt das Sandwich, wenn es beispielsweise mit infrarotem Licht bestrahlt wird.
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Ein Sandwich lässt sich jedoch nicht in Textilien einweben. Deshalb haben die Forscher das geschichtete Ausgangsmaterial erhitzt und daraus Fäden gezogen. Diese Fäden lassen sich mit der gleichen Ausrüstung verarbeiten, die Textilhersteller bereits verwenden. „Die photonischen Fasern müssen nur einen kleinen Prozentsatz beim gesamten Gewebe ausmachen. Das könnte die Kosten für das fertige Produkt um etwa 25 Cent erhöhen“, so Iezzi.
Auch zur Ermittlung von Plagiaten geeignet
Shtein zufolge erleichtert die photonische Kennzeichnung nicht nur das Recycling, sondern lässt sich auch dazu verwenden, den Verbrauchern zu sagen, wo und wie Waren hergestellt werden. Ebenso lässt sich sogar die Echtheit von Markenprodukten überprüfen. „Da elektronische Geräte wie Mobiltelefone immer ausgefeilter werden, können sie wohl auch mit der Fähigkeit ausgestattet werden, diese Art von photonischer Kennzeichnung zu lesen“, sagt Shtein.