Selbst hochmoderne Öfen können viel Staub produzieren
Ein prasselndes Holzfeuer ist gemütlich und hat zudem das Image einer gewissen Nachhaltigkeit zum Schutze des Klimas. Doch gerade durch falsches Beschicken kann sich sogar ein hochmoderner Kaminofen zu einer Feinstaubschleuder entwickeln, weiß Ofenlieb-haber Hanns-Rudolf Paur. Der Aerosolforscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zeigt auf, was zu beachten ist. Und wenn alle Stricke reißen, hilft vielleicht der Reutlinger Ofenführerschein.
Der Winter naht. Im eigenen Kamin prasselt ein Holzfeuer und verbreitet wohlige Wärme – gratis dazu gibt es ein gutes Gewissen: Man schont ja das Klima mit nachwachsenden Brennstoffen. Deutsche Haushalte nutzen immer häufiger Scheite, Hackschnitzel oder Pellets: Sie erzeugten so 2012 rund 65 Mrd. kWh Wärme, deckten 4,5 % des gesamten deutschen Wärmebedarfs und vermieden 19,5 Mio. t Treibhausgase. Zwei Drittel dieser Effekte entfallen auf Scheitholzöfen, ein Drittel auf Holzkessel.
Verbrennt Holz, bildet sich aus Zellulose die Zuckerverbindung Levoglucosan. Da diese beim Verbrennen von Kohle oder Erdöl nicht entsteht, wird sie als Indikator genutzt, um abzuschätzen, wie viel einer Feinstaubprobe aus der Holzverbrennung stammt.
Das NRW-Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) ermittelte, dass 13 µg Feinstaub aus der Holzverbrennung ca. 1 µg Levoglucosan enthalten. Daraus resultierte der Umrechnungsfaktor 13 für Feinstaubmessungen. Ein Ergebnis: Private Holzöfen erhöhen im Winterhalbjahr in NRW die Feinstaubbelastung um etwa 3 µg/m³. „Das entspricht etwa 10 % der Gesamtbelastung im Winter“, so Ulrich Pfeffer vom Lanuv.
An Tagen, an denen in NRW der Tagesgrenzwert von 50 µg Feinstaub/m3 überschritten wird, liegt der Beitrag der Holzverbrennung zwischen 7 µg/m3 und 30 µg/m3. Für Bottrop und Duisburg führte die Zusatzbelastung im Winter 2011/12 sogar an mehr als zehn Tagen zur Überschreitung des Tagesgrenzwerts.
Der Umrechnungsfaktor sei nicht allgemein gültig, betont Pfeffer: „Er muss für jede Region einzeln bestimmt werden“ – je nach Art des Ofens, seiner Bedienung und des Holzes. So entsteht bei Buchen- statt Lärchenholz weniger Levoglucosan.
Auch Hanns-Rudolf Paur sitzt gerne vor seinem Kaminofen im Wohnzimmer. Der Chemiker leitet die Abteilung Aerosol- und Partikeltechnologie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und weist auf einen unschönen Nebeneffekt hin: Im Jahr 2005 emittierten Holzöfen nach Schätzungen des Umweltbundesamtes (UBA) 19 000 t Feinstaub, 2012 waren es bereits 27 000 t.
Der Anteil der Holzöfen an allen Feinstaubemissionen stieg im gleichen Zeitraum von 8 % auf 13 %. Mancherorts tragen sie dazu bei, dass der Tagesgrenzwert von 50 µg Feinstaub überschritten wird (s. Kasten). „Problematisch sind vor allem manuell bestückte Öfen“, weiß Paur. Automatisch betriebene Pelletkessel emittierten meist weniger Staub/m3.
Um diese Emissionen zu senken, legte der Gesetzgeber Obergrenzen in der Kleinfeuerungsanlagenverordnung fest. Sie begrenzt Partikelemissionen aus alten und neuen Holzöfen und -kesseln. Ein Beispiel: Seit 2010 neu errichte Kaminöfen dürfen nicht mehr als 75 mg Staub/m3 abgeben. Für solche, die ab 2015 errichtet werden, gilt ein Maximum von 40 mg/m3.
Auch ältere Öfen sind reguliert: So dürfen zwischen 1950 und 1975 errichtete Kaminöfen ab dem kommenden Jahr nicht mehr betrieben werden – außer deren Besitzer weisen nach, dass sie historisch wertvoll sind oder nicht mehr als 150 mg Staub/m3 emittieren. Das UBA erwartet durch solche Vorgaben, „dass die Emissionen in den kommenden Jahren auf unter 20 000 t jährlich sinken“, so UBA-Fachmann Marcel Langner.
„Moderne Öfen können diese Werte einhalten“, meint Paur. Allerdings prüfen erfahrene Ingenieure den Partikelausstoß unter optimalen Bedingungen. „Jeder Ofen kann aber so betrieben werden, dass viel Staub produziert wird“, räumt der Verbrennungsspezialist ein. Messungen von Schornsteinfegern zeigen, dass in der täglichen Praxis aus vielen Kaminöfen deutlich mehr Staub emittiert wird, als der Hersteller angibt.
Es kommt auf die Beschickung an. Vor allem beim Anzünden und Nachlegen entstehen hohe Emissionen, weiß Paur. „Ich packe meinen Ofen daher nicht voll und nutze keine sehr großen Holzstücke.“ Sonst entstehen Verbrennungsgase, die unvollständig verbrennen. Dabei bilden sich Staubpartikel, Kohlenmonoxid sowie krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe.
Auch große Scheite erhöhen die Schadstoffemissionen, weil es lange dauert, bis diese auf optimale Verbrennungstemperatur kommen. „Mein Holz ist natürlich auch trocken“, legt Paur nach. Bei seinem Ofen sitzen die Luftschlitze oben. Deshalb zündet er das Holz auch von oben an – und nicht wie beim Lagerfeuer von unten.
Viele Ofenbesitzer nutzen Holz aus Unkenntnis weniger vernünftig. Und das, obwohl Schornsteinfeger Tipps geben. „Sie zeigen Besitzern von Holzheizungen, wie sie die jeweilige Feuerungsstätte richtig bedienen“, so Alexander Prinz vom hessischen Landesinnungsverband des Schornsteinfegerhandwerks in Bebra. Sie informieren auch, wenn ein Kaminofen ausgetauscht werden muss, weil er den Grenzwert nicht einhalten kann. Allerdings fehle der gesetzliche Auftrag zu kontrollieren, ob der Austausch wirklich erfolgt, betont Prinz.
In Baden-Württemberg gibt es ein besonderes Angebot: den Reutlinger Ofenführerschein. Fachleute informieren praxisnah im Umweltbildungszentrum Listhof übers Heizen mit Holz. Bürger, aus deren Schornstein oft schwarzer Rauch kommt, weil sie etwa häusliche Abfälle mitverbrennen, werden durch dieses Angebot aber wohl kaum erreicht, räumt Ralf Bültge-Bohla, Leiter des Bildungszentrums, ein.
Es gibt auch wirtschaftliche Anreize, diesen Führerschein zu erwerben. Deren Besitzer erhalten bei einigen Reutlinger Firmen Rabatt. Und die Stadt Reutlingen gibt einen Bonus beim Kauf heimischen Brennholzes. „Umweltbewusstes Heizen mit Holz soll sich schließlich auch rentieren“, argumentiert Bültge-Bohla.
Auf Prinzipielles weist Paur hin: „Holz ist ein Naturprodukt mit starken Qualitätsunterschieden von Charge zu Charge.“ Es sei zurzeit unmöglich, Holz in Kaminöfen staubfrei zu verbrennen. Während Heizöl und Erdgas an der Quelle wie in der Raffinerie gereinigt werden und nahezu partikelfrei verbrennen, enthält Holz chemische Elemente wie Kalium, die die Staubbildung sogar noch fördern. „Langfristig werden Holzöfen darauf angewiesen sein, dass die Abgase auch bei optimaler Verbrennung über passende Filter gereinigt werden.“
In manchen modernen Kaminöfen ist solch ein Filter eingebaut – etwa in einigen der Duisburger Firma Hark. Um alte Kamine nachzurüsten, bietet das fränkische Unternehmen Dr. Pley Environment katalytische Filter an, die oberhalb des Ofens eingesetzt werden. Und die Firma Karl Schräder Nachf. aus Kamen vertreibt elektrostatische Filter, die auf Schornsteinen angebracht werden.
Dieses Nachrüsten, das zurzeit 900 € und mehr kostet, sieht Schornsteinfeger Prinz skeptisch: „Kosten und Nutzen stehen bei Kaminöfen in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander.“ Besser wäre da der Kauf eines neuen Kaminofens.
Doch Staubfilter können preiswerter werden. Spätestens 2016 sollen Filter aus Glaswolle auf den Markt kommen – entwickelt nach einer Idee von Uwe Athmann, Geschäftsführer des Essener Ingenieurbüros Dezentec.
„Sechsmonatige Messungen auf Schornsteinen von Privathäusern zeigten, dass in den Glaswollfiltern im Mittel 95 % des Staubs hängen bleiben“, sagt Athmann. An der Entwicklung der Filter war auch Peter Quicker von der RWTH Aachen beteiligt, einen Teil der Kosten übernahm die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe.