Spitzengespräch Kreislaufwirtschaft: Bundeskanzler Scholz will Abhängigkeit von Rohstoffimporten senken
Noch in diesem Jahr will die Bundesregierung eine nationale Kreislaufstrategie verabschieden. Beim vierten Treffen der Allianz für Transformation ging es am gestrigen Dienstag (23. 1.) um gemeinsame Lösungen für Politik und Wirtschaft.
Beim Spitzengespräch der Allianz Transformation in Berlin machte Bundeskanzler Olaf Scholz gestern deutlich: „Die Kreislaufwirtschaft bietet die Chance, weniger vom Import wichtiger Rohstoffe abhängig zu werden, indem wir mehr wiederverwerten.“ Es sei das Ziel der Bundesregierung, hier globaler Vorreiter zu werden – zum Beispiel im Bausektor und in der Batteriewirtschaft; einer Schlüsselindustrie der Mobilitäts- und Energiewende. In dem Leitdialog der Bundesregierung arbeiten Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft und Zivilgesellschaft daran, Deutschland klimaneutral, digitaler und resilienter zu machen. Die Mitglieder der Allianz haben sich im Rahmen des Spitzentreffens in einem Kommuniqué darauf verständigt, gemeinsam die Kreislaufwirtschaft in Deutschland systematisch zu stärken.
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Die Bundesregierung sieht hier enormes Potenzial: Laut Studien lassen sich bis zu 12 Mrd. € zusätzliche Bruttowertschöpfung in Deutschland erzielen und viele gute Arbeitsplätze schaffen, unterstrich der Bundeskanzler. Die Kreislaufwirtschaft ist „ein strategisches Thema“, sagte Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Deshalb sei es im gemeinsamen Interesse, hier schneller und koordinierter voranzukommen.
Mit Blick auf die Automobilindustrie äußerte sich auch der ehemalige Daimler-Vorstand Thomas Weber, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften Acatech, optimistisch: Die Spitzenforschung in Deutschland etwa bei Autobatterien biete gute Voraussetzungen dafür, das Thema Kreislaufwirtschaft zum Wohle aller weiter voranzubringen.
Kreislaufwirtschaft in der Baubranche: Viel Rohstoffsubstanz in Deutschland
Eine besondere Rolle beim Klima- und Ressourcenschutz spielt die Braubranche. Sie ist für einen erheblichen Anteil des globalen Rohstoff- und Abfallaufkommens sowie des weltweiten Treibhausgasausstoßes verantwortlich. Laut Steffen Szeidl, Vorstand des Beratungsunternehmens Drees & Sommer, steckt die Baubranche aber derzeit in einem ökologischen Schneeballsystem fest. Er sagte anlässlich des Spitzengesprächs: „Aktuell benutzen wir die Ressourcen der Zukunft, um für die Gegenwart zu bezahlen. Angesichts der Klimakrise und der Abhängigkeit von ausländischen Rohstoffimporten können wir uns den stiefmütterlichen Umgang mit endlichen Rohstoffen aber nicht länger leisten.“ Szeidl fordert deshalb: „Revitalisierung anstatt Abriss, Verwertung statt Abfallbeseitigung und kreislauffähiges Design – darauf müssen wir setzen, wenn wir uns die Zukunft nicht verbauen wollen.“
Szeidl plädiert für eine konsequente Kreislaufwirtschaft nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Das bedeutet: Sämtliche Materialien und Konstruktionen sollten so gestaltet werden, dass sie entweder vollständig biologisch abbaubar sind oder in gleichbleibender Qualität in technischen Kreisläufe zirkulieren. Wichtige Randbedingung: Dafür müssen die Bauteile frei von Schadstoffen und sortenrein trennbar sein – und das Gebäudedesign sollte sich auch danach ausrichten.
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Nach Zahlen des Umweltberatungsinstituts EPEA summiert sich allein die Rohstoffsubstanz der Gebäude in Deutschland auf etwa 16 Mrd. t. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, macht sich das EPEA in Anlehnung an die Einführung der Energieausweise für Gebäude für digitale Materialpässe in der Baubranche stark. Auch in anderen Branchen ist der digitale Produktpass ein Thema, um das Recycling künftig zu vereinfachen.
Das gemeinsames Kommuniqué der Allianz für Transformation gibt es auf der Homepage des Bundeskanzlers als PDF-Datei zum Download