Studie: Grundwasser geht weltweit dramatisch zurück
Immer schneller schwinden die Grundwasservorkommen – überall auf der Welt. Für einige Länder hat das bereits jetzt dramatische Folgen.
Es war eine ungeheure Fleißarbeit, die Forschende der University of California Santa Barbara (UCSB) und der ETH Zürich da geleistet haben. Sie haben die Daten zusammengetragen und ausgewertet, die an über 170 000 Grundwassermessstellen in 1700 Grundwassersystemen im Laufe der letzten 40 Jahre gesammelt worden waren.
Dramatisches Ergebnis der Studie: In bewohnten Gebieten fast überall auf der Erde wird zu viel Grundwasser hochgepumpt. Das hat zur Folge, dass die Grundwasserpegel dort mindestens seit 1980 sinken. Die grundwasserführenden Gesteinsschichten, die sogenannten Aquifere, können sich nicht mehr erholen. Im Gegenteil: Der Rückgang der Pegelstände beschleunigt sich sogar noch. Besonders betroffen sind die Trockengebiete dieser Welt, etwa in den USA, in Kalifornien und in den High Plains, aber auch in Spanien, dem Iran oder in Australien.
Abnahme der Grundwasserspiegel durch Landwirtschaft beschleunigt
„Dass die Grundwasserpegel weltweit stark gesunken sind, hat uns nicht überrascht, aber dass sich das Tempo in den letzten zwei Jahrzehnten noch beschleunigt hat, hat uns schockiert“, sagt Hansjörg Seybold, Senior Scientist am Departement Umweltsystemwissenschaften der ETH Zürich und Mitautor der Studie, die soeben im Fachblatt „Nature“ publiziert wurde.
Schuld an dem beschleunigten Absinken der Grundwasserspiegel in Trockengebieten ist laut Seybold der Mensch. So werde in intensiv landwirtschaftlich genutzten Regionen zu viel Grundwasser zur Bewässerung der Kulturen an die Oberfläche gepumpt. Ein Beispiel dafür sei das Central Valley in Kalifornien.
Lesetipp: Die Sahara soll grün werden
Die wachsende Bevölkerung und deren Nahrungsmittelbedarf hat sich der Studie zufolge vor allem in den Trockengebieten des Iran bemerkbar gemacht. Hier seien die Grundwasserreserven mit am stärksten gesunken.
Weiterer Faktor: der Klimawandel. Einige Regionen seien trockener und heißer geworden, hier hätten die Felder und Wiesen stärker bewässert werden müssen als noch in den Jahrzehnten zuvor.
Forschende hoffen auf Trendwende beim Grundwasser
„Die Studie hat jedoch auch gute Nachrichten“, sagt Co-Autorin Debra Perrone. „In einigen Gebieten haben sich die Aquifere dann erholt, wenn die Politik Maßnahmen ergriffen hat oder wo alternative Wasserquellen entweder zur direkten Nutzung oder zur Regeneration der Grundwasserreserven verwendet werden können.“ Als Positivbeispiele nennt sie die Region um Genf. Der dortige Grundwasserleiter versorgt rund 700 000 Menschen des Kantons Genf und des benachbarten französischen Départements Haute-Savoie mit Trinkwasser. Zwischen 1960 und 1970 sank dessen Pegel drastisch, weil beide Länder unkoordiniert Wasser abpumpten. Die Folge: Einige Brunnen versiegten völlig.
Lesetipp: Wasserknappheit fordert neue Strategien für die Landwirtschaft
Erst nachdem sich die eidgenössischen und die französischen Behörden auf eine künstliche Zufuhr von Wasser aus dem Flüsschen Arve geeinigt hatten, stabilisierte sich der Grundwasserpegel. Mehr noch: Er stieg später sogar. „Den ursprünglichen Stand hat dieser Aquifer zwar nicht mehr erreicht, aber trotzdem zeigt dieses Beispiel: Es muss nicht sein, dass Grundwasserspiegel nur sinken“, betont Seybold.
Erfolge beim Grundwasser erreichbar
Auch andere Länder mussten reagieren – und hatten Erfolg: Eine große Pipeline von den Pyrenäen nach Zentralspanien speist nun den Los Arenales Aquifer. In Arizona wird Wasser aus dem Colorado River in andere Gewässer umgeleitet, damit sich die Grundwasserreservoirs wieder auffüllen.
„Solche Beispiele sind ein Lichtblick“, sagt UCSB-Forscher und Erstautor Scott Jasechko. Dennoch fordern er und sein Team mehr Maßnahmen zur Rettung der Grundwasservorräte. „Sind die Grundwasserleiter in Halbwüsten und Wüsten fast erschöpft, kann es Jahrhunderte dauern, bis sie sich erholen, weil es schlicht nicht genug Niederschläge gibt, um diese Aquifere schnell wieder aufzufüllen“, sagt Jasechko.
Und noch eine weitere Gefahr droht: Wenn an den Küsten der Grundwasserpegel unter ein gewisses Maß sinkt, kann Meerwasser in den Aquifer eindringen. Dieses versalzt die Brunnen und macht das hochgepumpte Wasser sowohl als Trinkwasser als auch zur Bewässerung von Feldern unbrauchbar. Bäume, deren Wurzeln in den Grundwasserstrom reichen, sterben ab. An der Ostküste der USA sind deshalb schon heute ausgedehnte Geisterwälder (engl. ghost forests) zu finden, in denen kein Baum mehr lebt.