Trotz Corona: CO2-Gehalt der Atmosphäre weiter auf Rekordhoch
Zwar sinken die Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre gerade aufgrund des Shutdowns, die Konzentration an Kohlendioxid (CO2) aber steigt weiter – wenn auch möglicherweise etwas langsamer. Denn das Umweltbundesamt hat in Deutschland neue Rekordwerte gemessen. Das Deutsche Klima-Konsortium mahnt deshalb gerade jetzt eine konsequente Klimapolitik an.
An der Messstation des Umweltbundesamtes (UBA) auf der Zugspitze kletterte die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre im März im Monatsdurchschnitt erstmals auf fast 418 ppm (Teilchen pro Million Teilchen Luft). Dabei lag der neue Höchstwert von 417,838 ppm fast 3 ppm höher als im vergangenen Jahr. Im April lag die Konzentration mit 415,779 ppm ebenfalls höher als 2019.
Die älteste CO2-Messstation liegt auf dem Vulkan Mauna Loa auf Hawaii. Messwerte von dort bestätigen die vom UBA ermittelte Entwicklung: Als Durchschnittswert für April meldet die US-amerikanische Wetterbehörde NOAA 416,21 ppm und damit einen Anstieg von 2,88 ppm gegenüber dem Vorjahr. Auch für Mai erwarten die Wissenschaftler einen neuen Rekord. Der Wert der atmosphärischen CO2-Konzentration wird als maßgeblich für den weltweiten Temperaturanstieg angesehen.
Kein nachweisbarer Effekt auf den Klimawandel
Der weltweite Shutdown könnte zwar den CO2-Ausstoß aus fossilen Energiequellen in diesem Jahr global um etwa 8 % senken, so jedenfalls schätzt es die Internationale Energieagentur (IEA). Das wäre der stärkste jährliche Rückgang nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Doch ist dieser Ausstoß immer noch so hoch, dass der Gesamtwert auf neue Rekordhöhe klettert.
Damit wird klar, dass ein einzelnes Jahr mit geringeren Emissionen sich nicht nachweisbar auf die Klimaentwicklung auswirkt. Gebremst werden kann der Klimawandel nur durch eine kontinuierliche Verringerung des CO2-Ausstoßes. In den kommenden Jahrzehnten wäre dafür ein jährlicher Rückgang des CO2-Ausstoßes in einer Größenordnung nötig, wie wir sie gerade durch den Corona-bedingten Shutdown erleben.
Klimaziel von Paris lässt sich so nicht erreichen
Wenn das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden soll, müssten laut Weltklimarat bis zur Mitte des Jahrhunderts die weltweiten CO2-Emissionen netto auf null sinken. Mojib Latif, Klimaforscher und Vorstandsvorsitzender des Deutschen Klima-Konsortiums (DKK), sagt dazu: „Die kurze Pause aufgrund des Shutdowns reicht bei weitem nicht, um die Klimaentwicklung auf einen Pfad zu lenken, der dem Klimaziel von Paris entspricht. Notwendig ist, die Emissionen in den kommenden Jahren konstant in dieser Größenordnung zu senken – ohne dabei die Wirtschaft lahmzulegen.“
Dauerhafte, strukturelle Änderungen nötig
Es sind dauerhafte, strukturelle Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft nötig, um dieser Aufgabe gerecht zu werden – vom Energiesystem über Landnutzung bis hin zur Infrastruktur, wie im Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel des Weltklimarats dargelegt. Je länger der Prozess herausgezögert würde, desto schwieriger sei es. „Darauf hinzuweisen ist uns als Forscherinnen und Forscher des Wissenschaftsverbands mit 25 renommierten Mitgliedseinrichtungen der Klima- und Klimafolgenforschung wichtig. Und das sagen wir bewusst mit Blick auf die Debatten zu den Konjunkturprogrammen.“ Bei der Bewältigung der Covid-19-Krise gehe es jetzt um einen Wettbewerb der besten Ideen, wie die Wirtschaft gefördert und gleichzeitig der CO2-Ausstoß deutlich verringert werden kann.
Lange Verweildauer des CO2 in der Atmosphäre
Der scheinbare Widerspruch, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre weiter steigt, obwohl die Emissionen sinken, liegt an der sehr langen Verweildauer des Kohlendioxids in der Atmosphäre. Auch wenn die Ozeane und die Landregionen laut Global Carbon Project derzeit etwas mehr als die Hälfte des von der Menschheit ausgestoßenen CO2 aufnehmen, verweilt der Rest für ungefähr ein Jahrhundert in der Luft. Eine Stabilisierung des CO2-Gehalts und längerfristig seine Verringerung kann nur durch einen vollständigen und dauerhaften Stop der Emissionen erreicht werden.
Mit Blick auf die jahreszeitlichen Schwankungen muss bedacht werden, dass der höchste Monatsdurchschnitt der CO2-Konzentration in Deutschland meist im März auftritt. Das liegt daran, dass die Wachstumsperiode der Pflanzen auf der Nordhalbkugel dann erst beginnt. Erst dann werden große Mengen CO2 gebunden. Weltweit betrachtet liegt der Peak im Mai. Im nördlichen Herbst, Winter und frühen Frühjahr geben Pflanzen und Böden dieses CO2 wieder ab, wodurch die Werte innerhalb der natürlichen Schwankungsbreite wieder ansteigen.