USA: Mit Technik gegen die Dürre
Der Südwesten der USA leidet unter der größten Dürre seit über 1000 Jahren. Fieberhaft wird an verschiedenen Auswegen aus dem Wassernotstand gearbeitet. Die Hoffnung richtet sich vor allem auf neue Technologien sowie auf weiträumige Wasserumverteilungen mittels neuer Tunnel und Kanäle.
„Dürre an sich ist für uns im Westen nichts Neues – doch das ist jetzt eine neue Dimension: Es ist die trockenste Dreijahresperiode der letzten 1200 Jahre“, beurteilt Lynn Ingram, Professorin an der University of Berkeley, die aktuelle Situation im amerikanischen Südwesten. Ingram beruft sich dabei auf Untersuchungen an Baumringen, auf Häufigkeit und Ausmaß von Waldbränden sowie auf Sedimenteablagerungen in Seen und Flüssen. „Die letzte vergleichbare Dürreperiode war zwischen 900 und 1350“, schreibt sie denn auch in ihrem jüngsten Buch „The West without Water“.
Am stärksten ist davon der Sonnenstaat Kalifornien betroffen, wo die Wasserversorgung inzwischen einen kritischen Minusrekord aufgestellt hat. Folglich musste die Regierung den Wassernotstand ausrufen. Im gesamten Bundesstaat muss der Wasserverbrauch jetzt um 25 % reduziert werden. Wobei die Einsparquoten regional unterschiedlich sind. In einigen Landkreisen muss der Verbrauch sogar um 36 % gedrosselt werden.
So versucht die Politik mit Gesetzen den Verbrauch zu senken und den Wassermangel zu lindern. Ingenieure wiederum arbeiten an technischen Lösungen, mit denen sich mehr Wasser in die Dürrezone leiten oder aus dem Meer gewinnen lässt.
Vor rund drei Jahren begann man konkrete Projekte, um bei der Wasserversorgung unabhängiger von Schnee und Regen zu werden. Ganz oben auf der Prioritätenliste stehen Meerwasser-Entsalzungsanlagen. Die am weitesten verbreitete Methode weltweit ist das Reverse-Osmosis-Verfahren, bei dem Salzwasser zu Süßwasser wird. Dazu wird Wasser aus dem Meer mit hohem Druck durch spezielle Membranen gepresst, die es von Salz und anderen Mineralien befreien.
Die Betriebskosten sind bei diesem Verfahren allerdings extrem hoch und auch der Bau der Anlage an sich ist kostspielig. Daher war die Entsalzung in Kalifornien bislang wenig populär. Eine 1991 in Betrieb genommene Anlage in Santa Barbara wurde ein Jahr später wieder abgeschaltet, weil ihr Betrieb zu teuer war. Seitdem nutzt die Stadt die Anlage immer nur dann, wenn sie sonst nicht genügend Wasser gewinnen kann.
Im Landkreis Monterey hingegen liefert eine kleine Anlage das gesamte Trinkwasser für Sand City – doch diese „Stadt“ hat nur 334 Einwohner.
Das spektakulärste Projekt dieser Art läuft derzeit an der südkalifornischen Küste, in Carlsbad. Dort begann man im Dezember 2012 mit dem Bau einer Anlage, die noch in diesem Jahr in Betrieb gehen soll. Es handelt es sich um eine Kombination von Kraftwerk und Entsalzungsanlage.
Das Kraftwerk ist bereits seit 1952 in Betrieb und nutzt täglich 380 000 m3 Meerwasser für die Kühlung. Die Hälfte davon soll in Zukunft durch die Entsalzungsanlage strömen und dann 190 000 m3 Trinkwasser pro Tag produzieren. Das entspricht etwa 7 % des täglichen Trinkwasserbedarfs im Großraum San Diego, zu dem auch Carlsbad gehört. Konstruiert wurde die Anlage von der israelischen Firma IDE Technologies, die auch die weltweit größten Entsalzungsanlagen in Israel und Australien entworfen hat. Gebaut wird das Werk von der amerikanischen Butier Engineering Inc. und der BHD Group. Die Baukosten betragen rund 1 Mrd. $. Bei den Betriebskosten schlägt vor allem der Energiebedarf zu Buche. Für jeden Kubikmeter Trinkwasser verbraucht die Anlage umgerechnet rund 3,6 kWh – Grundwasser verbraucht im Vergleich ab 0,2 kWh.
Neben Carlsbad befindet sich noch eine weitere Anlage in Concord, in der Nähe von San Francisco, in Bau. Das Werk soll 2020 fertig sein und dann täglich 75 000 m3Trinkwasser produzieren.
Mittlerweile ist auch das Interesse der kalifornischen Gemeinden deutlich angestiegen. Mindestens 17 Städte haben Pläne in der Schublade, die sie bei einem erfolgreichen Start der Anlage in Carlsbad hervorholen wollen. Dazu gehören die Städte Redwood City, Santa Cruz, Redondo Beach und Huntington Beach. Ob die Meerwasserentsalzung den Wassermangel nachhaltig beheben kann, ist allerdings fragwürdig. Denn die Wassernot kommt nicht aus heiterem Himmel. Seit 15 Jahren gehen die Schneefälle in den Rocky Mountains und die sommerlichen Niederschläge kontinuierlich zurück. Gleichzeitig wächst Kaliforniens Einwohnerzahl und damit der Wasserverbrauch.
Jahr für Jahr hofft man, dass sich die Lage entspannt. Gouverneure werden alle vier Jahre für maximal zwei Perioden gewählt. Wenn aber die Planung einer Anlage viele Jahre dauert, wird klar, dass der Erfolg politischer Entscheidungen nur selten noch seinem Urheber zum Ruhme gereicht.
Neben den Plänen für neue Entsalzungsanlagen gibt es mehrere Ideen für eine großräumige Umverteilung von Frischwasservorkommen. Eine davon sind die sogenannten Delta-Tunnel. Es sind zwei 60 km lange Tunnelröhren, die in 70 m Tiefe den Sacramento River mit dem kalifornischen Aquädukt verbinden sollen. Dieser Aquädukt ist Kaliforniens Frischwasserrückgrat. Es besteht aus einem System von Kanälen und Stauseen, über die die Landwirtschaft und die Großstädte von San Francisco bis San Diego versorgt werden.
Die Delta-Tunnel sollen jeweils einen Durchmesser von 12 m haben. Das genügt, um bis zu 240 t Frischwasser pro Sekunde ins Netz einzuspeisen. Die Idee zu diesen Tunneln existiert bereits seit mehr als zehn Jahren und war Gegenstand unzähliger öffentlicher Diskussionen. Doch ein konkretes Projekt war daraus nie entstanden. Die Gründe dafür liegen in der langen Bauzeit, die mit rund zehn Jahren veranschlagt wird, und in den Kosten, die mit 25 Mrd. $ veranschlagt werden.
Obwohl Kalifornien derzeit am härtesten im Westen der USA betroffen ist, beschränkt sich die Dürre nicht auf diesen US-Staat. Auch im benachbarten Nevada sind die Folgen einer mittlerweile zehn Jahre dauernden Trockenzeit unübersehbar. Um knapp 50 m ist der Wasserstand des Lake Mead in den letzten 15 Jahren gefallen und hat dabei eine Art Badewannenrand hinterlassen. Allein in diesem Jahr soll er um weitere 3 m sinken. Lake Mead ist der Stausee des Hoover Dam, der den Colorado River staut.
Las Vegas bezieht 90 % seines Trinkwassers aus diesem See, dessen Wasserspiegel bereits so weit gefallen ist, dass die beiden Entnahmerohre bald im Freien liegen werden. Bereits 2008 hatte man deshalb mit dem Bau eines dritten Rohrs angefangen, das das Wasser am Seeboden entnehmen und über Pumpen ins bestehende Netz einspeisen soll.
Das mehr als 800 Mio. $ teure Projekt erreichte im Dezember einen Meilenstein, nachdem die 8 m hohe Tunnelbohrmaschine das Fallrohr unter dem Seeboden erreichte.
Noch in diesem Jahr soll dieses Entnahmerohr in Betrieb gehen. Damit würde dann sichergestellt, dass Las Vegas sein Wasser aus dem Colorado River bekommt, solange dieser noch in den Lake Mead fließt.