Wasseranalyse für die Hosentasche
Die junge Lilian Labs GmbH entwickelt ein einfach zu handhabendes Testsystem für Wasser in Schwimmbädern, Aquarien und Kläranlagen.
Herrlich, so ein Hotelpool! Aber ist er wirklich sauber? Urlauber können Keime, Bakterien und falsche Chlordosierungen bislang nicht erkennen. Ändern will das die Lilian Labs GmbH. Das Unternehmen entwickelt ein Wasseranalysegerät für die Hosentasche. Gegründet wurde es 2016 von drei Absolventen der TU Braunschweig: Sebastian Döring, Torsten Rabe und Alexander Rohr.
Lilian Labs GmbH
Gründung: 2016
Branche: IT, Sensorik
Mitarbeiter: 6
Vertrieb: aktuell Europa
Umsatz: k. A. pas
„Es gibt zwar Schnelltests, aber die sind häufig unzuverlässig“, sagt der für Marketing & Vertrieb zuständige Rohr. Ändern soll das „Lilian“. So heißt das Produkt des Trios. Es verrät mit einem Knopfdruck, ob das Wasser sauber ist. „Jeder Mensch sollte in der Lage sein, eine gute Wasseranalyse durchzuführen, ohne dafür zum Chemielaboranten werden zu müssen“, so der Diplomphysiker.
Das Analysesystem besteht aus zwei Komponenten: dem Messgerät, etwa so groß wie ein Smartphone, und den sogenannten Sensosticks, die sich mit einem Handgriff ins Gehäuse stecken lassen – ähnlich wie eine SD-Karte. Lilian muss dann kopfüber ins Wasser getaucht werden. Einen Knopfdruck später entnimmt das Gerät eine Wasserprobe und analysiert sie. Wie das technisch funktioniert? Das verrät Lilian Labs nicht im Detail, weil für die Technik noch Patentierungsverfahren laufen.
Nur so viel: Die Sensosticks sind auf verschiedene Anwendungen spezialisiert. So schlägt der Schwimmbadstick auf andere Stoffe an als der Trinkwasserstick, unter anderem auf gebundenes Chlor, freies Chlor und den ph-Wert. Die Ergebnisse der Analyse schickt das Gerät per Bluetooth an das Smartphone. Eine App übernimmt dann die grafische Aufbereitung, sodass auch Laien die Wasserqualität interpretieren können. So verrät eine Pfeilmarkierung auf einem grün-gelb-roten Balken, ob sich die Werte im Normbereich bewegen. Darunter ist ein Daumen zu sehen, der nach oben oder unten zeigt – ähnlich wie der Daumen Cäsars, der über das Leben eines besiegten Gladiators entschied. Zeigt der Finger nach unten, sollte man den Pool meiden und lieber einen Cocktail an der Bar trinken.
Zunächst profitieren von der Technik öffentliche Schwimmbäder, von denen es allein in Deutschland über 7000 gibt. Sie alle stehen vor demselben Problem: Sie müssen die Wasserqualität bis zu drei Mal täglich messen. In jedem Becken an mehreren Messpunkten. Nutzen Schwimmmeister gängige Tröpfchentests, bedeutet das stundenlange Arbeit. Sie vermengen bei jeder Messung Wasserproben mit Chemikalien, notieren die Ergebnisse und übertragen sie abends im Büro in eine Exceltabelle. Oftmals sind zudem zusätzliche teure Laborproben nötig. „Mit unserem mobilen Messgerät erhalten Schwimmbäder in wenigen Sekunden professionelle Ergebnisse, die sich elektronisch dokumentieren lassen“, erklärt Rohr. Entsprechend schnell amortisieren sich die Investitionskosten. Die genauen Preise für das System stehen noch nicht fest. Sie werden sich aber nach Unternehmensangaben zwischen 500 € und 2500 € bewegen – je nach Anwendung.
Ein weiterer Zielmarkt für Lilian Labs sind Betreiber von Kläranlagen, die dafür haften, dass keine Rückstände ins Trinkwasser geraten. Sie müssen nicht selten nach Unternehmen fahnden, die unerlaubte Flüssigkeiten ins Abwassernetz leiten. Mitarbeiter müssen sich dabei Schritt für Schritt über etliche Knotenpunkte an die Quelle herantasten – mit Chemietests, Laboruntersuchungen und einem Fotometer, das Stoffe anhand der Wasserfärbung erkennt. „Wesentlich schneller könnten die Verantwortlichen die Quellen von Verschmutzungen mit dem mobilen Analysegerät finden.“
Derzeit tüfteln Rohr und seine Kollegen an der Markteinführung des mobilen Analysegeräts. Dafür haben die Unternehmer ein Büro auf dem Gelände des Rollei Zentrums für Existenzgründer in Braunschweig bezogen. Und sie haben drei Teilzeitkräfte eingestellt – einen Chemiker, einen Programmierer und einen Berater für Produktionstechnik. Finanzielle Rückendeckung geben zwei Investoren: Die Innovations- und Beteiligungsgesellschaft Wolfsburg mbH und die NBank, eine Förderbank des Landes Niedersachsen mit Sitz in Hannover. Im Sommer gehen dann erste Geräte an Pilotkunden. Die Sensosticks, die sich nur für eine einzige Messung verwenden lassen, sollen nur wenige Cents kosten. Zudem sind sie recycelbar, daher landet keine Chemie im Abfluss oder in der Umwelt. Die Anwender müssen die Sticks dafür lediglich an die Lilian Labs zurückschicken.
Mittelfristig soll die Technologie auch für Endverbraucher verfügbar sein. „Man kann mit dem Analysegerät nicht nur Wasser in Pools und Bädern kontrollieren. Es wird beispielsweise möglich sein, das Trinkwasser zuhause zu überprüfen“, erklärt Rohr. „Gerade in Altbauten sind die Rohre auch heute noch häufig aus Blei oder Kupfer, was ein Risiko für die Gesundheit durch mitgespülte Schwermetalle darstellt. Auch die Keimbelastung durch in Leitungen stehendes Wasser soll für jedermann messbar werden.“
Ein weiteres Einsatzfeld ist die Aquaristik. Damit sich Fische und Pflanzen auf engem Raum dauerhaft wohlfühlen, müssen u. a. Nitrat- und pH-Wert stimmen. Bisherige Tests sind laut Lilian Labs jedoch ungenau (Streifentests) oder, besonders bei regelmäßigen Überprüfungen, mit hohem Aufwand verbunden (Tröpfchentests).
Lilian Labs hofft zudem, das System auch in afrikanischen und asiatischen Ländern etablieren zu können. „Eine komplette Analyse ist Voraussetzung für die Verbesserung der Wasserqualität“, sagt Rohr. „Wir hoffen, mit unserer Lösung die wichtige Ressource Wasser für mehr Menschen nutzbar zu machen.“