Wetterforschung bestätigt Rekorderwärmung für 2023
Die Weltwetterorganisation WMO legte ihren Bericht über den Zustand des Weltklimas vor: 1,45 °C lag die global gemittelte Durchschnittstemperatur 2023 über dem vorindustriellen Niveau.
„Beim Klimawandel geht es um viel mehr als um Temperaturen. Was wir erlebt haben, vor allem die beispiellose Erwärmung der Ozeane, den Rückzug der Gletscher und den Verlust des antarktischen Meereises, gibt Anlass zu besonderer Sorge“, sagte WMO-Chefin Celeste Saulo laut Mitteilung. Die Weltwettergemeinschaft rufe die „Alarmstufe Rot“ aus. Die WMO bestätigte ihre bisherige Schätzung: Die global gemittelte Durchschnittstemperatur lag im vergangenen Jahr 1,45 °C über dem vorindustriellen Niveau. Der europäische Klimawandeldienst Copernicus hatte bereits Anfang Februar seine Ergebnisse vorgestellt und kam auf 1,48 °C. Die WMO nutzt die Copernicus-Daten, aber auch andere Datensätze und kommt daher auf einen leicht davon abweichenden Wert.
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Die Klimahöchstmarken für das Jahr 2023 reihen sich wie die Perlen auf einer Schnur aneinander:
- Global gesehen war 2023 jeder Monat von Juni bis Dezember der wärmste seit Aufzeichnungsbeginn für diesen bestimmten Monat; vor allem der September stach heraus, so die WMO: Seine globale Mitteltemperatur übertraf die des bisherigen Rekord-Septembers um rund 0,5 °C.
- Gletscher verloren so viel Eis wie niemals zuvor seit Messbeginn im Jahr 1950.
- So gering wie 2023 war die Fläche des antarktischen Meereises noch nie.
- 90 % der Weltmeere erlebten ein Hitzewelle.
- Nie zuvor war der Meeresspiegel höher seit Messbeginn 1993 durch Erdbeobachtungssatelliten.
Politik und Wissenschaft mahnen zu konsequentem Klimaschutz
„Manche Rekorde toppen nicht nur die Charts, sie pulverisieren sie. Und die Veränderungen beschleunigen sich weiter“, mahnte Uno-Generalsekretär António Guterres. Bundesklimaminister Robert Habeck warnte schon vor Veröffentlichung des Berichts in Berlin: „Wir sind vielleicht kurz davor, dass die globale Erderwärmung, in diesem Fall die Erwärmung der Ozeane, tatsächlich außer Kontrolle gerät.“ Es werde zu Stürmen, Winden, Hurrikan-Fluten kommen, die wir schwer beherrschen können, sagte er laut dpa bei einer internationalen Energiewende-Konferenz im Auswärtigen Amt in Berlin. „Mich beunruhigt das zutiefst.“ Die Internationale Agentur für erneuerbare Energien, Irena, hatte in einem ebenfalls heute veröffentlichten Bericht gewarnt. Der Ausbau erneuerbarer Energien hinke derzeit akut hinter dem Bedarf hinterher. Die in Dubai bei der Weltklimakonferenz COP28 vereinbarten Zielmarken seien so nicht zu erreichen.
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Auch die Klimaforschung ist angesichts der Ergebnisse der WMO alarmiert, dass die Klimaveränderung schneller passiert und weiter ist als vielleicht bisher angenommen. „Nicht nur die große Zahl kurzfristiger Extreme wie Hitzewellen, Dürren und Starkregen, sondern auch die dokumentierte Entwicklung langsamerer Folgen der Erwärmung sind eindeutige Zeichen eines zunehmend starken Wandels“, erläutert Helge Gößling, Klimaphysiker und Arbeitsgruppenleiter am Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. „Hierzu zählt insbesondere die stetige Zunahme der Wärmemenge in den Meeren, der schneller werdende Schwund der Eisschilde und Gletscher und der daraus resultierende beschleunigte Meeresspiegelanstieg.“
2023 wurde beeinflusst durch das Wetterphänomen El Niño. Dies soll aber recht wahrscheinlich von einer für Abkühlung stehenden La-Niña-Phase noch 2024 abgelöst werden. Für die Meeresforscherin Sonia Bejarano, die die Arbeitsgruppe Riffsysteme am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen leitet, ist dies nicht unbedingt ein Grund zur Entwarnung: „Dies ist riskant, zumindest dort, wo La Niña kühlere Meerestemperaturen, geringere Niederschläge und häufigere Stürme und Wirbelstürme mit sich bringt.“ Denn die ungewöhnlich kühlen Wassertemperaturen könnten ebenfalls eine Korallenbleiche auslösen. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass La Niña die Erholung der Korallen nach 2023 stören könnte, was zu Kaskadeneffekten bei den Rifforganismen und einer weiteren Degradierung der Riffe führen würde.“