Stromerzeugung 20. Sep 2013 Robert Donnerbauer Lesezeit: ca. 3 Minuten

Hochleistungskeramik fördert Entwicklung kleiner Gasturbinen

Neues in der Energiegewinnung: Eine Alternative zu Verbrennungsmotoren sind gasbetriebene Turbinen. Sie kosten zwar mehr, sind aber wesentlich verschleißärmer und versprechen eine sehr viel höhere Lebensdauer.
Foto: panthermedia.net/kirisa99

Die Technik der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) für die dezentrale Energieerzeugung wird vor allem bei Anlagen im kleinen und mittleren Leistungsbereich eingesetzt. Sie werden zumeist mit Verbrennungsmotoren betrieben – mit relativ hohem Verschleiß und Wartungskosten.

Eine Alternative zu Verbrennungsmotoren sind gasbetriebene Turbinen. Sie kosten zwar mehr, sind aber wesentlich verschleißärmer und versprechen eine sehr viel höhere Lebensdauer. Ein entscheidender Nachteil der heute im kleinen, dezentralen Leistungsbereich verfügbaren Turbinen: Der Wirkungsgrad ist noch relativ gering und sie arbeiten nur mit Erdgas.

Hier setzen nun Fraunhofer-Forscher mit dem Projekt „TurboKeramik“ an. Ziel ist, mit neuen Werkstoffen den elektrischen Wirkungsgrad zu steigern. Eine neue Hochleistungskeramik soll die Spaltverluste in Mikrogasturbinen verringern und höhere Temperaturen in der Brennkammer ermöglichen. Der neue Werkstoff soll resistenter gegenüber Verschleißangriffen sein.

Gleich fünf Fraunhofer-Institute sind an diesem interdisziplinären, bis 2015 laufenden Projekt beteiligt: IFF (Fabrikbetrieb und -automatisierung), IPK (Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik), IKTS (Keramische Technologien und Systeme), IWS (Werkstoff- und Strahltechnik) und SCAI (Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen).

Während moderne Großturbinen in einem Gas- und Dampfturbinenkraftwerk einen elektrischen Wirkungsgrad von rund 60 % erzielen, schaffen Kleinturbinen gerade mal etwa 30 %, berichten Andreas Lehwald und Matthias Gohla vom IFF.

Im Projekt „TurboKeramik“ sollen einige Teile der Mikrogasturbinen durch solche aus keramischen Werkstoffen ersetzt werden, so das Turbinenlaufrad. Die Forscher wollen weniger Spaltverluste und eine höhere Brennkammertemperatur, um den Wirkungsgrad um mehrere Prozentpunkte zu steigern.

Sebastian Uhlemann vom IPK ergänzt, durch den Einsatz keramischer Bauteile mit geeigneten Schutzschichten erhöhe sich die Beständigkeit gegenüber Schadgasbestandteilen in Bio-, Vergasungs- oder Pyrolysegas. So führen zum Beispiel Halogene, Phosphor, Alkalimetalle oder Schwefel zu Korrosion in konventionellen Verbrennungskraftmaschinen. Das begrenzt die Lebensdauer und macht eine Gasreinigung nötig.

Das gesamte Brennersystem soll so modifiziert werden, dass auch niederkalorische Brenngase eingesetzt werden können. Das würde das Spektrum der verfügbaren Brenngase für Mikrogasturbinen in Richtung regenerativer Rohstoffe erweitern.

Als Forschungsobjekt hat man sich beim IFF für eine Gasturbine mit 30 kW elektrischer und 68 kW thermischer Leistung entschieden. Das Turbinenrad und die anderen beweglichen Teile sitzen auf einer luftgelagerten Welle. Die Turbine braucht daher weder Schmierstoffe noch Kühlwasser.

Zur Erhöhung des Wirkungsgrades spielen neben der Temperatur in der Brennkammer auch die Spaltverluste eine Rolle, bei denen ein Teil des Gases im Spalt zwischen Laufrad und Gehäuse strömt – also an der Turbine vorbei, anstatt sie anzutreiben. Im Unterschied zu Stahl- und Nickelbasislegierungen sowie zu Titanaluminiden zeigen technische Keramiken wie Siliziumnitrid einen deutlich geringeren thermischen Ausdehnungskoeffizient.

Der neue Werkstoff muss nicht nur extrem heiße Temperaturen um 1200 °C unbeschadet überstehen, er sollte sich dabei möglichst wenig ausdehnen, hohen Kräften standhalten, möglichst leicht sein, weder beim Verbiegen noch beim Schwingen brechen sowie chemisch stabil sein.

Spannungen von rund 400 MPa bei Drehzahlen von 100 000 Umdrehungen/min sollten für heutige Hochleistungskeramiken kein Problem darstellen, so Uhlemann. Modellrechnungen hätten gezeigt, dass Rotoren aus moderner Hochleistungskeramik grundsätzlich machbar sein sollten. Doch müssten sowohl Geometrie als auch Werkstoff und Schutzschichten optimiert werden.

Der Schritt, die Turbine auf andere Gase umzustellen, berge einige zusätzliche Herausforderungen, betonen Lehwald und Gohla. Denn Gase, die etwa aus der Vergasung von Reststoffen entstehen, sind vollkommen anders zusammengesetzt als Erdgas, das nahezu vollständig aus Methan besteht. Hinzu können erhebliche Anteile von Wasserstoff, Kohlenstoffmonoxid, Stickstoff und Kohlenstoffdioxid kommen.

Hat das Brenngas zum Beispiel nur die Hälfte des Heizwertes, muss doppelt so viel davon in der Brennkammer verbrannt werden, um die gleiche Leistung wie beim Erdgas zu erhalten. Das heißt: Die Turbine muss auch für diesen hohen Gasstrom ausgelegt sein.

Das Projekt „TurboKeramik“ biete die Chance, so Uhlemann, moderne Hochleistungswerkstoffe und Fertigungstechnologien zu erforschen, effiziente Wirkungsgrade zu verwirklichen und einen neuen Markt für hochbeanspruchte Bauteile aus Keramik zu erschließen. RoDo

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