Stahlstreit eskaliert 30. Aug 2024 Von André Weikard Lesezeit: ca. 2 Minuten

Thyssenkrupp: Führung der Stahlsparte um Sigmar Gabriel schmeißt hin

Die Führungsspitze von Thyssenkrup Steel tritt zurück: Mit Sigmar Gabriel gehen drei weitere Aufsichtsratsmitglieder, mit Osburg zwei weitere Vorstände.

Sigmar Gabriel verlässt den Aufsichtsrat von Thyssenkrupp Steel. Mit ihm gehen weitere Vorstände und Aufsichtsräte.
Foto: picture alliance/dpa/Fabian Strauch

Der Streit über die Zukunft der Stahlsparte von Thyssenkrupp ist weiter eskaliert. Drei Vorstände und vier Aufsichtsratsmitglieder haben sich aus der Führungsspitze zurückgezogen. Darunter Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel und Stahlchef Bernhard Osburg. Der ehemalige SPD-Chef Gabriel erklärte in Duisburg, die Mandate der Vorstände seien mit sofortiger Wirkung beendet. Die Aufsichtsräte müssen noch bestimmte Fristen einhalten, ehe ihre Zuständigkeiten enden.

Gabriel wirft Thyssenkrupp-Chef López „schweren Vertrauensbruch“ vor

Gabriel spricht in seiner Begründung für den drastischen Schritt davon, Thyssenkrupp-Chef Miguel López habe eine „beispiellose Kampagne“ gegen den Stahlvorstand öffentlich in Gang gesetzt. Dies sei ein „schwerer Vertrauensbruch“. Gabriel gibt weiter an, offensichtlich sei es das Ziel dieser Kampagne gewesen, „den Vorstand zur Aufgabe zu bewegen“. Vorausgegangen waren öffentliche Äußerungen von López, der dem Stahlvorstand unter anderem „Schönfärberei“ vorwarf und statt der von ihnen erarbeiteten Pläne für eine Neuaufstellung der Stahlparte einen langfristig tragfähigen Geschäftsplan forderte.

Darum geht es in dem Stahlstreit

Die Pläne befassen sich damit, wie die Stahlsparte von Thyssenkrupp vom Mutterkonzern abgespalten werden kann. Insbesondere geht es darum, wie viel Geld die Thyssenkrupp AG der Stahlsparte in die Eigenständigkeit mitgeben muss, um ihr Überleben zu sichern. Die Konzernspitze fordert wesentlich härtere Einschnitte, als bislang geplant. Thyssenkrupps Stahlsparte hat bereits seit Jahren mit Billigimporten unter anderem aus China zu kämpfen. Die bestehenden Kapazitäten in der Produktion sind nicht mehr genügend ausgelastet.

Vorwürfe auch gegen BDI-Präsident Siegfried Russwurm

Eigentlich hätte der Aufsichtsrat in der Sitzung vom gestrigen Abend einen Finanzierungsplan für die kommenden zwei Jahre fassen sollen. Sigmar Gabriel hatte die geplanten Maßnahmen noch vor wenigen Wochen als „einen erfolgversprechenden Weg in die Neuaufstellung des Stahlunternehmens“ beschrieben. Vorgesehen war unter anderem ein Verkauf der Hüttenwerke Krupp Mannesmann, an denen Thyssenkrupp Steel zur Hälfte beteiligt ist. In seiner Stellungnahme kritisierte Gabriel, man müsse nun „mit großem Bedauern feststellen, dass es insbesondere mit dem Vorstandsvorsitzenden der Thyssenkrupp AG mit großer Unterstützung seines Aufsichtsrats Differenzen über diesen gemeinsamen Weg gibt“. Damit attackiert Gabriel nicht nur Miguel López, sondern auch Siegfried Russwurm, der derzeit den Aufsichtsrat von Thyssenkrupp anführt und zudem auch Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) ist.

Zahl der Hütten könnte halbiert werden

Damit ist die Zukunft von Deutschlands größtem Stahlerzeuger und Arbeitgeber für 27.000 Menschen weiterhin ungewiss. Von Betriebsratsseite wird befürchtet, dass die Zahl der Hütten halbiert werden könnte. Das würde mit dem Verlust Tausender Arbeitsplätze einhergehen. Der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner, kommentiert: „Die Ablösung der drei erfahrenen Stahlvorstände wirft uns meilenweit zurück.“ Mit den Personalquerelen werde vom „Stillstand bei den eigentlichen Problemen“ abgelenkt. „Gut ein Jahr nach dem Amtsantritt von Herrn López als CEO stehen wir vor einem Scherbenhaufen“, so Kerner.

„Vertrauen in der Belegschaft zerstört“

Die SPD-Landesvorsitzende NRW, Sarah Philipp, schließt sich den Schuldzuweisungen an und spricht von einem „De-facto-Rauswurf des Stahlvorstandes“, mit dem kein einziges Problem gelöst werde. Miguel López habe das Vertrauen in der Politik und der Belegschaft in die Mitbestimmung zerstört. Sigmar Gabriel verabschiedete sich von seinem Aufsichtsratsmandat mit den Worten an die Belegschaft: „Ich wünsche den Beschäftigten vor allen Dingen, dass ihr so gute Chefs bekommt, wie ihr sie jetzt verliert, und bessere Eigentümer als ihr derzeit habt.“ (mit Material von dpa)

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