Aktien günstig handeln
Die Börsen in Deutschland kämpfen vehement um die Gunst der Privatanleger. Der Konkurrenzkampf führt zu immer günstigeren Konditionen, längeren Handelszeiten und höherer Effizienz. Es lohnt sich, das vielfältige Angebot genauer anzuschauen.
19.55 Uhr. An jedem Werktag beginnt kurz vor der Tagesschau die ARD-Sendung „Börse vor acht“. Die Live-Berichterstattung vom Frankfurter Parkett ist mit hübschen Bildern unterlegt. Gezeigt werden der bronzene Bulle und der Bär, das Gebäude der Alten Börse in Frankfurt sowie der Handelssaal. Diese Bilder verbinden die meisten Zuschauer mit dem Börsenhandel. Aber der Schein trügt. Der klassische Parketthandel spielt nur noch eine Nebenrolle. Der Großteil des Privatanlegergeschäfts läuft über elektronische Handelssysteme ab. Sie heißen: Xetra, Max-One, Xontro, Xitaro oder Quotrix. Über diese Systeme tragen die Betreiber einen erbitterten Wettbewerb aus. Mit dem Ergebnis, dass die Börsentransaktionskosten für Privatanleger extrem gesunken sind.
Aktuell günstigster Anbieter in sieben von neun Kategorien des Aktienhandels inländischer Werte ist Quotrix, das System der Börse Düsseldorf. Erstellt wurde die Rangliste (siehe Tabelle) von der DWP Bank. Die Quotrix-Konkurrenten Xetra und Tradegate wurden von Spitzenplätzen verdrängt, nachdem das Düsseldorfer System Ende 2013 in die Betrachtung der DWP Bank einbezogen wurde. Dieser Erfolg setzt die anderen Betreiber unter Druck. Aktuell plant die Börse München ein neues System. Auf Anfrage sagte ein Sprecher, dass man derzeit mit Banken Gespräche führt. Voraussichtlich im Oktober tritt die Börse München mit ihren Plänen an die Öffentlichkeit.
Für Quotrix ist die Einbeziehung in die Statistik der DWP Bank extrem wichtig. Eigenen Angaben zufolge ist die DWP Bank die führende Transaktionsbank für Wertpapierabwicklung im deutschen Markt. Das Institut betreut fast alle Sparkassen sowie WGZ Bank, DZBank, Apo-Bank und Postbank. Daran hängen insgesamt 5,5Mio.Wertpapierdepots. Seit 1. Juli haben fast alle Sparkassen in ihren Computern Quotrix als den besten Ausführungsplatz eingestellt. Die anderen Banken haben sich dazu noch nicht durchringen können. Konkret bedeutet das, dass die Sparkassen in den entsprechenden Kategorien die Kauf- und Verkaufsaufträge von Privatanlegern nun über Quotrix laufen lassen – es sei denn, ein Kunde bestimmt den Ausführungsplatz selbst. In diesem Fall müsste der Anleger etwa bei einer telefonischen Order gegenüber dem Bankangestellten ausdrücklich sagen, dass der Auftrag z.B. in Xetra ausgeführt werden soll.
Bestimmt der Anleger keinen Ausführungsplatz, sind Banken und Online-Broker verpflichtet, die Orders an den für den Kunden günstigsten Börsenplatz zu geben. Dies verlangt die Best Execution Policy gemäß der EU-Richtlinie Mifid I. In die Auswahl kommen aber nur Handelsplätze, welche die Geldhäuser in ihren Auswertungen integriert haben. Die Börse Düsseldorf hofft nun, dass weitere Banken und Online-Broker Quotrix in ihrer Best Execution Policy beachten. Dirk Elberskirch, Chef der Börse Düsseldorf, betont: „Wer im Interesse der Kunden agiert, sollte alle verfügbaren Börsensysteme in Deutschland vergleichen.“ Allein aufgrund der Voreinstellung bei fast allen Sparkassen rechnet Elberskirch in Zukunft mit einem „deutlich höheren Orderflow nach Düsseldorf“.
Privatanleger sollten ihre Bank daher durchaus mal danach fragen, welche Börsenplätze sie in ihrer Best Execution Policy berücksichtigt. Zudem kann es sich lohnen, sich die Konditionen der jeweiligen Ausführungsplätze genauer anzuschauen. Zu finden sind sie über die Homepage der jeweiligen Börse.
Die Kosten einer Orderausführung hängen von vielen Faktoren ab, insbesondere dem aktuellen Handelsvolumen einer Aktie. Oft bewegen sich die Kostenunterschiede zwischen den Handelssystemen nur im Cent-Bereich, bei nicht so liquiden Aktien kommen aber schnell ein paar Euro zusammen – pro Trade wohlgemerkt. Bei aktiven Anlegern ergibt das über das Jahr eine staatliche Summe. Generell gilt: Je höher der Umsatz, desto näher liegen Kauf- und Verkaufspreis beieinander, und desto günstiger ist die Order.
Besonders lebhaft ist der Handel auf Xetra. Das System dominiert mit gut 90% den börslichen Wertpapierhandel. Der Großteil des Geschäfts entfällt auf Großinvestoren. Sie schätzen die hohe Preisqualität allein aufgrund des sehr liquiden Handels. Auf Xetra können Anleger aber nur von 9 Uhr bis 17.30 Uhr handeln. Die Regionalbörsen dagegen zielen auf Privatanleger. Sie sind länger geöffnet, erlauben diverse Ordertypen (z.B. Stop-Loss-Limit, Stop-Buy-Limit) und orientieren sich bei der Preisermittlung an der jeweils liquidesten Börse, also z. B. Xetra.
Weil die Regionalbörsen viel zu bieten haben, hat die Frankfurter Börse in den vergangenen Jahren deutlich an Boden verloren. Vor allem Tradegate hat viel Privatkundengeschäft an sich gezogen. Der Marktanteil von Tradegate in diesem Bereich liegt deutlich über 58%. Mit Tradegate macht sich die Deutsche Börse AG intern selbst Konkurrenz. Sie ist nicht nur Betreiberin von Xetra und der Frankfurter Börse, sondern hält auch 75% plus eine Aktie an Tradegate.
Die meisten Trends im Retail-Börsenhandel setzte die Börse Stuttgart. Dazu zählen die Einführung des Best-Price-Prinzips sowie die Senkung der Mindestordergröße auf ein Stück.
Auf Quotrix, also in Düsseldorf, können Privatanleger Aktien, Anleihen, ETFs und Fonds von 8 Uhr bis 23 Uhr kaufen und verkaufen – und zwar mit Market Maker. Dabei wird der Handel neutral überwacht. Laut Börse Düsseldorf entscheidet der Kunde, ob das Geschäft zum verbindlichen, referenzmarktgebundenen Preis zustande kommt, und nicht der Makler, wie in herkömmlichen Handelssystemen. Zudem fallen keine Market-Maker-Kosten und auch keine börslichen Transaktionsentgelte an.
Die Börsen in Hamburg und Hannover haben sich auf Handel mit Investmentfonds spezialisiert. Berlin und München setzen verstärkt auf ausländische Aktien. Insgesamt ist die deutsche Börsenlandschaft sehr vielfältig. Die Fernsehbilder bei „Börse vor acht“ suggerieren eine Monotonie, die es nicht gibt.