Belastung des Faktors Arbeit liegt bei 36 %
Im OECD-Durchschnitt belief sich die Belastung des Faktors Arbeit mit Einkommensteuern sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung in Deutschland 2019 für einen alleinstehenden Durchschnittsverdiener auf 36,0 %. Das ergibt der neue Bericht „Taxing Wages 2020“ der Organisation OECD.
Der Satz von 36 % entspricht einem Rückgang um 0,11 Prozentpunkte. Das ist laut OECD der sechste jährliche Rückgang in Folge. Im OECD-Durchschnitt fiel der Steuerkeil für Alleinstehende 2019 zwar niedriger aus, tatsächlich verzeichneten aber nur 17 von 36 OECD-Ländern eine Verringerung der Steuer- und Abgabenbelastung.
Der sogenannte Steuerkeil misst die Differenz zwischen den Arbeitskosten des Arbeitgebers und dem Nettoverdienst, der dem Arbeitnehmer bleibt. Er ergibt sich aus der Summe der Einkommensteuern und der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung abzüglich erhaltener Transferzahlungen im Verhältnis zu den Gesamtarbeitskosten des Arbeitgebers.
Umfassende Reform in Litauen
In allen diesen Ländern außer Litauen hatte die Verkleinerung des Steuerkeils lediglich einen geringen Umfang von weniger als 1 Prozentpunkt. Litauen wies mit 3,43 Prozentpunkten den stärksten Rückgang aus. Grund war eine umfassende Politikreform mit einer deutlichen Senkung der arbeitgeberseitigen Sozialversicherungsbeiträge, die größtenteils durch eine Erhöhung der Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeitnehmer und einen entsprechenden Anstieg ihres Bruttoverdiensts ausgeglichen wurde.
Trotz des im OECD-Durchschnitt verzeichneten Rückgangs war 2019 in 19 OECD-Ländern eine Vergrößerung des Steuerkeils für den alleinstehenden Durchschnittsverdiener zu beobachten. Die Erhöhungen des Steuerkeils fielen noch geringer aus als die Rückgänge und machten in keinem Land außer Estland (1,08 Prozentpunkte) mehr als einen halben Prozentpunkt aus.
Steuerkeil für Alleinverdienerfamilien
Auch der Steuerkeil für Alleinverdienerfamilien verringerte sich im OECD-Durchschnitt zum fünften Mal in Folge. Er schrumpfte gegenüber 2018 um 0,07 Prozentpunkte auf 26,4 %. Eine Verkleinerung dieses Steuerkeils war 2019 in 17 OECD-Ländern zu beobachten. Den stärksten Rückgang verzeichneten Litauen (4,24 Prozentpunkte), Österreich (3,67 Prozentpunkte) und Frankreich (2,34 Prozentpunkte). In Chile blieb der Steuerkeil für diesen Haushaltstyp unverändert, während er in den übrigen 18 OECD-Ländern stieg. Eine Zunahme um mehr als 1 Prozentpunkt wurde in Slowenien (3,32 Prozentpunkte), Polen (2,62 Prozentpunkte), Neuseeland (1,55 Prozentpunkte), Estland (1,37 Prozentpunkte) und der Tschechischen Republik (1,03 Prozentpunkte) festgestellt.
Den größten durchschnittlichen Steuerkeil für kinderlose Alleinstehende, deren Arbeitsentgelt dem Durchschnittsverdienst in ihrem Land entspricht, wies 2019 Belgien (52,2 %) auf, gefolgt von Deutschland (49,4 %), Italien (48,0 %), Österreich (47,9 %) und Frankreich (46,7 %). Am niedrigsten war die Steuer und Abgabenbelastung in Chile (7,0 %) und Neuseeland (18,8 %).
Einfluss der Steuersysteme auf die Wahl der Beschäftigungsform
In einem Sonderkapitel des Berichts werden anhand der Rahmenvorgaben von Taxing Wages ausgewählte Länder daraufhin untersucht, ob Unterschiede bei der steuerlichen Behandlung verschiedener Kategorien von Beschäftigten für Steuerarbitragemöglichkeiten sorgen. Die Ausgestaltung von Steuersystemen kann bewirken, dass Unternehmen durch die Art der Arbeitsverhältnisse, die sie anbieten (z. B. die Wahl zwischen Vollzeitstellen oder Werkverträgen), oder Arbeitskräfte durch ihre Organisationsform (z. B. die Wahl zwischen abhängiger oder selbstständiger Beschäftigung) von Arbitragemöglichkeiten profitieren können. Große Arbitragemöglichkeiten können ein Anreiz sein, bestimmte steuerlich vorteilhafte Beschäftigungsformen zu wählen. Dies kann die Steuergerechtigkeit beeinträchtigen und die Staatseinnahmen mindern. Die OECD fordert, Steuersysteme zu evaluieren und neu zu überdenken, um sicherzustellen, dass die Steuerpolitik mit den Veränderungen am Arbeitsmarkt Schritt hält. Möglicherweise müssten Steuer- und Transfersysteme reformiert werden, damit die Unternehmen keine übermäßigen Anreize hätten, Arbeitskräfte als Selbstständige zu beschäftigen.