Digitale Vermögenswerte sichtbar machen
Immer größere Unternehmenswerte beruhen auf Daten. Sie tauchen in der Bilanz nicht auf – bis jetzt.
Als einige Analogfilmenthusiasten 2008 das Polaroidwerk in Enschede aus der Insolvenzmasse des Sofortbildkamera-Herstellers kauften, begingen sie einen schweren Fehler. Die Investoren sicherten sich zwar Grundstück, Fabrikhalle und Maschinen. Die Mitarbeitenden aber waren fast alle gekündigt, ihr Wissen verloren. Die chemische Rezeptur für die einstmals so beliebten Sofortbilder fehlte schlichtweg und musste in aufwendigen Versuchen über Jahre hinweg neu erfunden werden.
Digitale Vermögenswerte müssen systematisch erfasst und bepreist werden
Ein Beispiel dafür, wie wichtig technisches Wissen ist, obwohl dies häufig in keiner Unternehmensbilanz auftaucht. Thomas Froese, Geschäftsführer des Big-Data-Spezialisten Atlan-tec Systems und stellvertretender Vorsitzender des VDI-Fachbereichs Digitale Transformation, beschäftigt sich damit, solche verborgenen Werte sichtbar zu machen – und festzuhalten.
Im Rahmen des Projekts „Future Data Assets“ aus dem Technologieprogramm „Smarte Datenwirtschaft“, das vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wurde, hat Froese im Team mit anderen eine Richtlinie (VDI/VDE 3715: Daten als Vermögenswert; Unternehmerisches Datenkapital identifizieren, analysieren, messen und bewerten; Erstellen eines Datenberichts) erarbeitet, die den Datenschatz heben soll.
Das wird immer wichtiger, so Froese. Man sehe es allein daran, wie sehr Bilanzwert und Börsenwert von Technologiefirmen auseinandergehen. „Bei Firmen wie Microsoft oder Google machen die klassischen Bilanzwerte wie Gebäude, Server, Hardware ja nur noch einen geringen Prozentsatz vom eigentlichen Firmenwert aus. Ihre Erträge erwirtschaften diese Unternehmen mit ihren Daten.“
Vom Verkauf einer Fabrik mit Maschinen hin zum Verkauf eines Unternehmensapparates mit Gebrauchsanweisung
Diese Assets zu erfassen, bedeute zwar einen einmaligen „Grundaufwand“, wie Froese gesteht, sind Qualitäts- und Datenbeauftragte aber einmal benannt und eingearbeitet und die wichtigen Einflussfaktoren vollständig erfasst, hält sich der Aufwand für das Daten-Monitoring in Grenzen.
„Prinzipiell geht es darum, dass einmal alle technischen Messwerte, die für die Produktion wichtig sind, zunächst einmal dokumentiert werden“, erläutert Froese. Das können im Fall der Herstellung einer Kunststofffolie etwa chemische Störkomponenten sein, die richtige Raumtemperatur oder die geeignete Luftfeuchtigkeit bei der Verarbeitung.
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