Junge Menschen haben kein Interesse an Riester-Rente
Ein Forschungsprojekt der Universität Duisburg-Essen hat ergeben, dass junge Menschen sich kaum für ihre Altersvorsorge interessieren und Wissenslücken aufweisen. Auch die 2002 eingeführte Riester-Rente ist ein Ladenhüter.
Die Verbreitung der 2002 eingeführten Riester-Rente stagniert seit Jahren und ist seit 2018 rückläufig. Insbesondere haben von den 25- bis 35-Jährigen nur gut 26 % einen Riester-Vertrag. Im Rahmen von drei studentischen Forschungsprojekten an der Universität Duisburg-Essen erwies sich ein geringer Wissensstand junger Menschen über Alterssicherung allgemein und die Riester-Rente im Besonderen. Demnach werden Riester-Verträge als Versicherungsprodukt wahrgenommen, das von gewinnorientierten Versicherungsvertretern verkauft wird. Der eigene Wissensstand wird als mangelhaft eingeschätzt und hieraus ergeben sich weitere Konsequenzen. Aus mangelndem Wissensstand heraus können laut Wissenschaftlern Gefühle der Überforderung entstehen, die wiederum die Entscheidungsfindung im Hinblick auf eine private Altersvorsorge hemmen. Auch sehen sich junge Menschen nicht als Zielgruppe. Eine frühe Beschäftigung mit dem Thema Alterssicherung in der Schule könnte helfen, junge Menschen zu einer früheren Auseinandersetzung mit dem Thema private Alterssicherung zu animieren, meinen die Studienautorinnen und -autoren. Konkret sollte man laut Studie darüber nachdenken, inwieweit die Altersvorsorge – und insbesondere die staatlich geförderte Riester-Rente – als Thema in Schulen und Hochschulen behandelt werden kann. Auch das kürzlich freigeschaltete Jugendportal Rentenblicker der gesetzlichen Rentenversicherung mit Informationen über die gesetzliche Rentenversicherung und die private Vorsorge, die auf die Lebenssituationen junger Menschen wie Ausbildung, Studium oder den Beginn des Berufslebens zugeschnitten sind, kann hier zweifellos einen wichtigen Beitrag leisten. Die Autoren mahnen: Das Ziel der Alterssicherungspolitik, die infolge des sinkenden Rentenniveaus entstehenden Versorgungslücken im Alter durch den Auf- und Ausbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge auszugleichen, wird gegenwärtig nicht erreicht. Insgesamt bestätigt sich dies durch die drei Studien.
Autoren sehen die Gefahr, dass der Aufbau der privaten Vorsorge zu spät beginnt
Bei den jungen Befragten waren mehrheitlich Vorstellungen von und Erwartungen an Alterssicherung ausgeprägt, die auf die unvermindert hohe Bedeutung einer allgemeinen kollektiven Absicherung verweisen, wie sie am ehesten die gesetzliche Rentenversicherung gewährleisten kann. Die Studienautoren sehen die Gefahr, dass die private Vorsorge wegen des mangelnden Wissensstands zu spät in Angriff genommen wird, und damit schon aufgrund der kurzen verbleibenden Vertragsdauern die Kürzungen im „lebenslaufbezogenen“ System der gesetzlichen Rentenversicherung keinesfalls kompensieren kann. Ein weiterer Punkt, der sich aus den Forschungsergebnissen ergibt, ist, dass die Kommunikation wenig zielgruppengerecht sei. Viele junge Menschen fühlen sich offensichtlich von Riester-Produkten nicht angesprochen und nehmen sich selbst nicht als Zielgruppe für die Riester-Rente wahr. Auch die Anbietenden teilen diese Einschätzung und konstatieren, dass die Zielgruppenansprache ausbaufähig sei. Aus den Forschungsprojekten geht hervor, dass sich junge Menschen vor allem transparente und unabhängige Beratung bezüglich der privaten Altersvorsorge wünschen und dass dies auch für Riester-Produkte gilt. Einige junge Menschen gaben an, die Angebote von Riester-Anbietern als nicht seriös zu empfinden. Sie haben die Sorge, aus rein wirtschaftlichem Interesse der Anbietenden heraus nicht optimal beraten zu werden. Fazit der Autoren: Es sollten hier also gezielte Ansprachestrategien entwickelt werden, um mehr Vertrauen in die Anbietenden und ihre Produkte aufzubauen, denn der Erfolg dürfte weiter gefährdet sein, solange die Produkte als vorwiegend gewinnorientiertes Verkaufsprodukt, ähnlich einer Hausrat- oder Kfz-Versicherung, wahrgenommen werden. Ein ganzheitliches, unabhängiges und auf junge Menschen spezialisiertes Beratungsangebot – auch durch die Verbraucherzentralen – könnte dabei helfen, die Interessen der Zielgruppe und die der Anbietenden zu verbinden. Die autonome Entscheidungsfindung junger Menschen könnte so unterstützt und der Prozess der Entscheidungsfindung bei jungen Menschen optimiert werden.