VERSICHERUNGEN 17. Jan 2014 Monika Lier Lesezeit: ca. 4 Minuten

Privatversicherte können erstmal durchschnaufen

Die Beiträge in der privaten Krankenversicherung bleiben 2014 relativ stabil, wie aktuelle Analysen zeigen. Die niedrigen Zinsen könnten die Prämien jedoch bald wieder verteuern.

Beruhigende Nachricht: Wer privat krankenversichert ist, bleibt in diesem Jahr meist von höheren Prämien verschont.
Foto: dpa/bilderbox

Nach teils zweistelligen Beitragserhöhungen in den vergangenen Jahren drehen die meisten privaten Krankenversicherer (PKV) für 2014 nur wenig oder gar nicht an der Beitragsschraube. „In den meisten Tarifen werden die Beiträge konstant bleiben, Erhöhungen werden eher moderat in Höhe der Inflation ausfallen. Einige Tarife werden sogar günstiger“, so Gerd Güssler Geschäftsführer des Brancheninformationsdienstes KVpro.de.

Gesetzlich Versicherte: Das ändert sich 2014

– Für Besserverdienende verteuert sich die gesetzliche Krankenversicherung: Die Beitragsbemessungsgrenze auf Basis des Jahreseinkommens ist zu Jahresbeginn auf 48 600 € gestiegen. Bisher lag sie bei 47 250 €.

– Pflichtversicherungsgrenze: Das Bruttojahresgehalt muss seit Januar 53 550 € (bisher 52 200 €) übersteigen, damit sich Arbeitnehmer privat versichern können.

– Der Koalitionsvertrag listet eine Reihe von Maßnahmen auf, die Schwarz/Rot ergreifen will. Dazu gehören die Termingarantie beim Facharzt, die Möglichkeit zur Zulassung von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung in unterversorgten Gebieten und die Stärkung von Prävention. Der Wettbewerb zwischen den Kassen soll forciert werden.

– Die Versicherungsbeiträge dürften bald wieder angehoben werden. Die Koalitionspartner in Berlin rechnen damit, dass schon 2015 die prognostizierten Ausgaben des Gesundheitsfonds seine Einnahmen übersteigen.

– Der Krankenkassenbeitrag liegt seit drei Jahren bei 15,5 %. Der Arbeitgeber zahlt davon 7,3 %, der Arbeitnehmer den Rest. Höhere Beiträge gehen künftig allein zulasten der Arbeitnehmer.

– Kassen dürfen einen Zusatzbeitrag als prozentualen Satz vom beitragspflichtigen Einkommen erheben. Damit wird es bald wieder größere Preisunterschiede zwischen den Kassen geben.

– Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung wird spätestens zum 1. Januar 2015 um 0,3 % Punkte erhöht.   ml/ps

Viele Gesellschaften lösen für ihre über 65-jährigen Kunden aktuell mehr Mittel aus den Rückstellungen für Beitragsrückerstattung und zur Beitragsstabilisierung auf. Dies führt dazu, dass die Prämien für den gesamten Bestand durchschnittlich sinken. Zudem sinken die Preise im Neugeschäft nach Berechnungen des Analysehauses Morgen & Morgen von 500 PKV-Vollversicherungstarifen im Schnitt um 0,1 %.

Seit dem 21. Dezember 2012 dürfen nur noch geschlechtsneutral kalkulierte Tarife verkauft werden. Die Versicherer waren zunächst unsicher, wie viele Frauen – die allgemein mehr Leistungen beanspruchen als Männer – aus den alten Bisex- in neue Unisex-Tarife wechseln würden. Deshalb hatten sie in diese neuen Tarife hohe Sicherheitspuffer eingerechnet.

Doch bei 88 % der von Morgen & Morgen untersuchten Tarife wurden die Preise nicht verändert. Bei 7 % der Tarife wurden die Beiträge um rund 4,8 % erhöht und bei 5 % der Tarife sogar um rund 4,9 % gesenkt. Bei Letzteren wurden also die Puffer, aufgelöst, nachdem die befürchteten Wanderungsbewegungen ausgeblieben waren.

Beim Marktführer Debeka bleiben die Beiträge für die Altkunden in der Vollversicherung 2014 stabil. Nur zwei Zusatztarife zur Vollversicherung wurden um insgesamt 0,3 % verteuert. Für 600 000 der 2,2 Mio. Debeka-Vollversicherten wird es gar billiger.

Die Allianz hat bei 2,3 Mio. ihrer 2,5 Mio. Versicherten die Beiträge nicht verändert oder gesenkt. Im Durchschnitt blieben die Beiträge stabil, sagte eine Allianzsprecherin. Im Neugeschäft werden die Vollversicherungslinie „AktiMed“ für Angestellte und Selbstständige sowie das Pflegetagegeld „Best“ um bis zu 10 % billiger.

Auch die Continentale (- 0,1 %), die Krankenversicherer der Signal Iduna (Deutscher Ring) und die Barmenia haben ihre Tarife zum Januar nicht angehoben. Die HUK-Coburg erhöht zum 1. März die Beiträge um durchschnittlich 1,1 %. Bei den betroffenen Vollversicherten verteuert sich die Monatsprämie im Schnitt um 2 €.

Die Süddeutsche Kranken erhöht die Beiträge um 0,5 % in der Voll- und um 0,2 % in den Ergänzungsversicherungen. Die Gothaer hat die Prämien zum 1. Januar um durchschnittlich 2,1 % angehoben, die Central um 2,8 %.

Bei Axa müssen die Versicherten durchschnittlich knapp 3 % mehr bezahlen. Es verteuerten sich nur wenige Tarife, von denen viele über „einen langen Zeitraum stabil“ gewesen seien, so eine Axa-Sprecherin. Die Unisex-Tarife würden bis 1. Januar 2015 nicht erhöht.

Auch die Nürnberger nimmt ihre Unisex-Tarife bis mindestens Ende 2014 von Erhöhungen aus. Im Durchschnitt erhöhte die Nürnberger die Prämien um 0,1 %, wobei die Preise für die am stärksten nachgefragten Tarife „TOP“ und „Hausarzttarif für Preisbewusste“ (HAT) stabil blieben.

Bei der DKV stehen Beitragsänderungen erst zum 1. April an. „Wir haben umfangreiche Beitragsgarantien bis zum 31. 3. 2015 ausgesprochen, sodass viele Tarife in diesem Jahr keine Beitragsanpassung haben werden“, verspricht eine Unternehmenssprecherin.

Die niedrigen Kapitalmarktzinsen könnten die moderate Beitragsentwicklung allerdings schon bald stoppen. Nach Erkenntnissen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erwirtschaften 18 PKV-Unternehmen einen „Aktuariellen Unternehmenszins“ von weniger als 3,5 %. Mit dieser Zinshöhe wird mit wenigen Ausnahmen bei alten Tarifen gerechnet.

Fehlen nun Zinserträge, entstehen Ertragslücken, die durch Beitragsanpassungen ausgeglichen werden dürfen. Einer Faustformel zufolge kann ein Zehntel Prozentpunkt weniger Zins den Beitrag um 1 Prozentpunkt verteuern.

Beitragserhöhungen seien aber nicht zwingend, meint Branchenexperte Güssler. Einige Gesellschaften hätten hohe Reserven in ihren Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen. Diese könnten sie zum Ausgleich nutzen.

Steigenden Beiträgen können PKV-Versicherten durch den Wechsel des Anbieters oder des Tarifs beim selben Versicherer entgehen. Ob sich ein Wechsel zu einem anderen Anbieter lohnt, entscheidet sich neben Prämien- und Leistungsunterschieden auch danach, in welcher Höhe aufgebaute Alterungsrückstellungen verloren gehen.

Innerhalb derselben Gesellschaft darf nach § 204 Versicherungsvertragsgesetz unter Mitnahme der Alterungsrückstellungen und ohne erneute Gesundheitsprüfung gewechselt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der neue Tarif keine Mehrleistungen enthält bzw. der Wechselwillige diese zusätzlichen Leistungen ausschließt oder extra zahlt.

Bisher in einem Bisex-Tarif Versicherte können bei ihrem Anbieter in jeden anderen Bisex- oder Unisex-Tarif wechseln. Von den Unisex-Tarifen gibt es jedoch kein zurück. Das Wechselrecht gilt auch für Tarife, die der Versicherer nicht mehr im Verkauf hat, die also „geschlossen“ sind. Das hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erst jüngst in einem Streit zwischen Versicherer und Kunde klargestellt.

Den Wechsel in einen Unisex-Tarif sollten sich bislang „Bisex-Versicherte“ mit Blick auf ihre weitere Erwerbsbiografie aber gut überlegen, rät Güssler. Vollversicherten mit Verträgen vor dem 21. Dezember 2012 steht nämlich im Falle von finanziellen Engpässen der Standardtarif zur Verfügung.

Dieser PKV-Sozialtarif bietet vergleichbare Leistungen wie die GKV und kostet durchschnittlich weniger als 300 €. Damit ist er günstiger als der Basistarif mit GKV-Leistungsniveau, aber teurer als der seit August 2013 geltende Notlagentarif. Letzterer kostet rund 100 € deckt aber auch nur Notfälle und bestimmte Schwangerschaftsleistungen ab.

Debeka-Chef Uwe Laue hat sich in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des PKV-Verbands ausgesprochen, den Standardtarif als Auffangnetz auch für die Unisex-Versicherten zu öffnen.

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