FINANZEN 10. Jul 2019 Stefan Terliesner Lesezeit: ca. 3 Minuten

Verführerische Aktienanleihen

Die Aussicht auf relativ hohe Zinszahlungen lockt immer mehr Anleger in Aktienanleihen. Doch der fixe Coupon verstellt allzu oft den Blick auf die Risiken.

Hohe Zinsen locken Anleger in Aktienanleihen. Doch im Gegensatz zu sonstigen festverzinslichen Anlageprodukten wie Sparbüchern sind sie komplex und ihre Rendite von Aktienkursen abhängig.
Foto: Eric Andras/dpa

Auf der Suche nach höheren Zinserträgen landen Sparer schnell bei Aktienanleihen – auch, weil Banken dieses strukturierte Zinsprodukt aktuell ins Schaufenster stellen. Die meist relativ hohen Zinszahlungen wecken Begehrlichkeiten. Die Deutsche Bank z. B. wirbt auf einer eigenen Homepage zum Thema Aktienanleihe unter anderem mit einem Papier, das 6,2 % p. a. verspricht. Auch andere Geldhäuser wie Commerzbank, Vontobel oder HSBC Trinkaus bieten ähnliche Produkte an. Aber: Bevor Anleger eine Aktienanleihe kaufen, sollten sie das Produkt verstehen. Und mit dem Verständnis kommt dann meist die Ernüchterung.

Aktienanleihen

Vorteil von Aktienanleihen:

Über Marktzinsniveau liegender Zinssatz

Nachteile von Aktien- anleihen:

Mit Direktanlage vergleichbares Risiko

Sinkt der Kurs des Basiswertes, sinkt auch der Kurs der Aktienanleihe

Totalverlust des eingesetzten Kapitals möglich

Maximaler Ertrag auf die Zinszahlung begrenzt

Emittent kann zahlungsunfähig werden.

Eine Aktienanleihe ist eine Sonderform von Anleihe, die sich immer auf einen Basiswert – in der Regel eine Aktie – bezieht. Wie andere Anleihen auch verspricht eine Aktienanleihe während einer bestimmten Laufzeit eine festgelegte Zinszahlung (Coupon). Der Zinssatz liegt meist über dem aktuellen, risikolosen Marktzins, sprich: über dem Zins einer Bundesanleihe mit gleicher Laufzeit. Sofern der Emittent der Aktienanleihe nicht insolvent wird, erfolgt die Zinszahlung in jeden Fall – unabhängig von der Entwicklung der Aktie als Basiswert. Das ist der Vorteil der Aktienanleihe.

DIE RÜCKZAHLUNG DES INVESTMENTS IST VOM KURS DER AKTIE ABHÄNGIG

Dem Vorteil einer fixen Zinszahlung steht freilich ein Aktienrisiko gegenüber. Denn die Rückzahlung des Geldes am Ende der Laufzeit ist vom Kurs der Aktie abhängig. Zwei Fälle sind zu unterscheiden:

Liegt der Aktienkurs am Laufzeitende auf oder über dem festgelegten Basispreis, erfolgt die Rückzahlung zu 100 % des Nennbetrags (hier: Nennbetrag = Kapitaleinsatz). Der Anleger bekommt also seinen Einsatz zurück und hat in den Jahren zuvor regelmäßig die festgelegte Zinszahlung kassiert. Diese Zinszahlung ist der maximale Ertrag, den der Käufer einer Aktienanleihe erzielen kann. Ansprüche aus dem Basiswert (Dividenden, Stimmrechte) hat er nicht.

Liegt der Aktienkurs unter dem Basispreis, erfolgt die Rückzahlung in Aktien entsprechend dem festgelegten Bezugsverhältnis (= Nennbetrag dividiert durch Basispreis). Verbraucherschützer Niels Nauhauser betont: „Der Käufer einer Aktienanleihe muss damit rechnen, unfreiwillig zum Aktionär zu werden, und das nur dann, wenn die Kurse einbrechen, nicht wenn sie steigen.“ Der Sparer kann die Aktien behalten oder verkaufen. Bei einem Verkauf macht er mit seiner Anlage so lange keinen Verlust, wie die addierten Zinszahlungen höher sind als die Differenz aus Aktienerlös und Kapitaleinsatz. Die festgelegte Zinszahlung bekommt der Sparer nämlich auf jeden Fall.

Die Ausführungen zeigen: Über den Erfolg der Anlage entscheidet die Entwicklung des Aktienkurses. Dazu sollte der Anleger eine Meinung habe. Sinnvoll können Aktienanleihen sein, wenn die Aktie als Basiswert seitwärts tendiert oder leicht steigt. Hat der Anleger die Erwartung eines stark steigenden Aktienkurses, kauft er die Aktie besser direkt; so hat er auch Anspruch auf Dividenden. Kalkuliert der Anleger auch mit einem fallenden Aktienkurs, kommt es auf die Differenz zwischen Aktienkurs und Basispreis an. Innerhalb dieses Risikopuffers darf die Aktie bis zum Bewertungsstichtag fallen, ohne dass eine Tilgung in Form der Lieferung von Aktien erfolgt und der maximale Ertrag gefährdet wäre. Auf Anfrage raten Banken Anlegern häufig zu einem Risikopuffer von z. B. 10 %.

Dabei gilt: Je größer die positive Differenz zwischen Aktienkurs und Basispreis, desto konservativer die Investition. Auch eine negative Differenz ist möglich. Solche Aktienanleihen sind jedoch nur für risikofreudige Anleger interessant.

ZU BEACHTEN SIND KOSTEN IN FORM VON PROVISIONEN UND GEBÜHREN

Denn der Aktienkurs muss also erst einmal steigen, damit Anleger zum Laufzeitende den maximalen Ertrag erzielen können. Kauft der Anleger die Aktienanleihe nicht zum Emissionskurs, sondern während der Laufzeit an der Börse, sind zudem Stückzinsen, also zeitanteilige Zinszahlungen, die dem Verkäufer der Aktienanleihe zustehen, herauszurechnen.

Der von Emittenten ins Schaufenster gestellte Zinssatz sinkt weiter, wenn Anleger als Opportunitätskosten die entgangene Dividende im Vergleich zu einer Direktanlage berücksichtigen. Zudem sind Kosten in Form von Provisionen und Gebühren zu beachten. Allein der Kauf einer Aktienanleihe kostet oft 0,5 % bis 1,0 % der Anlagesumme. Und auch auf dieses Risiko weist Nauhauser hin: „Geht die Aktiengesellschaft Pleite, droht ein Totalverlust.“

Fazit: Werden alle Nachteile und Kosten einer Aktienanleihe berücksichtigt, verfliegt nach und nach der anfangs vielleicht vorhandene Zauber. Anleger sollten sich nicht von hohen Coupons blenden lassen. Aktienanleihen sind Risikopapiere. Weil sie rechtlich als Anleihe gelten, ist die Bonität des Emittenten zu beachten. Ganz wichtig ist die Auswahl von Basiswert, Basispreis und Laufzeit. Maßgeblich für die Wahl des passenden Produkts ist die individuelle Risikoneigung eines Anlegers.

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