Konjunkturampel des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) 17. Aug 2022 Von Michael Grömling Lesezeit: ca. 2 Minuten

Der Ukrainekrieg vertieft die Investitionslücke in Deutschland

Investitionsklima und Konsumlaune in Deutschland haben sich angesichts von Ukrainekrieg und Gaskrise eingetrübt.

Der Einkaufsbummel auf der Düsseldorfer Kö ist nicht mehr das, was er einmal war. Die Konsumerholung nach der Coronakrise ist wieder vorbei, zeigen die aktuellen Zahlen des IW-Konjunkturbarometers.
Foto: IMAGO/Michael Gstettenbauer

Die russische Invasion in der Ukraine hat die weltwirtschaftlichen Perspektiven erheblich eingetrübt. In der IW-Konjunkturampel nehmen von Monat zu Monat die roten Felder wieder zu. Vor allem die Konsumkonjunktur kommt aufgrund der hohen Preissteigerungen mehr und mehr unter Druck. Die erhofften Nachholpotenziale nach zwei Jahren Konsumeinschränkungen infolge der Coronapandemie lösen sich zusehends in Luft auf.

Nur ein Drittel der Unternehmen erwartet höhere Investitionen

Zusätzlich hat sich – nach der kurzen Erholung im ersten Quartal 2022 – durch die Verhärtung der geopolitischen Lage das Investitionsklima erneut eingetrübt.

Sowohl in der Produktion wie beim Konsumentenvertrauen stehen die Signale auf Rot. Die nach der Coronakrise gestiegene Nachfrage ist wieder eingebrochen. Grafik: IW

Gemäß der IW-Konjunkturumfrage vom Sommer 2022 haben sich die Investitionserwartungen der Unternehmen in Deutschland seit dem Herbst 2021 empfindlich zurückgebildet: Demnach erwarten 36 % der befragten Unternehmen höhere Investitionen als im Jahr 2021 – im Herbst waren es 48 %.

Woher unser Gas kommt

Ein Viertel der Firmen geht von niedrigeren Investitionen als im Vorjahr aus – im Herbst waren es nur 15 %. Bei diesen Zahlen gilt es zu bedenken, dass die Investitionen im Jahr 2021 deutlich niedriger waren als vor der Coronapandemie. Der aktuelle Saldo aus positiven und negativen Investitionserwartungen ist mit 11 Prozentpunkten wieder weit entfernt vom Herbst 2021 mit 33 Punkten und von jenen Niveaus, die in Zeiten einer guten Investitionstätigkeit zu verzeichnen sind.

Bauindustrie besonders von Lieferproblemen bei Investitionsgütern betroffen

Vor allem die Investitionspläne der Bauunternehmen fallen bescheiden aus: Während nur ein Fünftel mit höheren Investitionen plant, geht gut ein Drittel von niedrigeren Investitionen aus. Dies reflektiert in Teilen die Lieferprobleme bei Investitionsgütern. In der Industrie haben sich die Investitionsabsichten ebenfalls massiv verschlechtert: Gingen im Herbst noch 51 % der Betriebe von höheren Investitionen in diesem Jahr aus, so sind es aktuell nur noch 37 %. Der Anteil der Betriebe mit geringeren Investitionsbudgets stieg gleichzeitig von 16 % auf 28 % an. Dies erklärt sich aus den eingetrübten globalen Geschäftsaussichten sowie der anhaltenden Produktionsstörungen aufgrund fehlender Materialien. Die Investitionsneigung im Dienstleistungssektor ist insgesamt zwar positiv. Der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Firmen gab aber auch hier von 40 Prozentpunkten auf nur noch elf Prozentpunkte nach.

Wie Investitionstätigkeit durch den Krieg in der Ukraine beeinflusst wird, zeigen die IW-Unternehmensdaten auch: Zum einen werden die wenigen positiven Einflussfaktoren der Investitionen wie Digitalisierung und Dekarbonisierung aus Sicht der Unternehmen durch den Krieg nur wenig gemindert. Zum anderen hat es aber massive weitere Verschlechterungen bei den bestehenden Investitionshemmnissen in Deutschland gegeben. Die stark angestiegenen Energiekosten, Unsicherheiten hinsichtlich der Energieversorgung, globale Verunsicherungen und Störungen in den internationalen Lieferketten stellen durch den Krieg eine nochmals höhere Investitionsbarriere dar.

Preisverfall beim Öl aus Angst vor der Rezession

Die im Gefolge der Coronapandemie entstandene Investitionslücke in Deutschland wird vorerst also nicht geschlossen werden. Dies belastet nicht nur das konjunkturelle Tempo, sondern schafft zugleich langwierige Defizite beim gesamtwirtschaftlichen Kapitalstock und den damit einhergehenden Produktions- und Wohlstandspotenzialen.

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