Die Konjunkturaussichten der deutschen Industrie bleiben bescheiden
Die Industrie hat weiter mit Lieferkettenproblemen und der weltpolitischen Lage zu kämpfen, zeigt die aktuelle Konjunkturampel des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
Die wirtschaftliche Zuversicht scheint derzeit wieder nachzulassen. Die IW-Konjunkturampel zeigt, dass die Einkaufsmanager der Industrie rund um den Globus deutlich vorsichtiger werden und eher nicht an eine spürbar anziehende Konjunktur glauben. Das verwundert nicht in Anbetracht des weiterhin angespannten weltweiten Wirtschaftsumfeldes.
Inflation vermindert die Kaufkraft
In Europa dominieren weiterhin die Probleme und Risiken, die mit der Energiekrise einhergehen. Zwar sind Unternehmen und Haushalte ohne Versorgungsprobleme durch den letzten Winter gekommen. Für die Zukunft kann das aber nicht als Selbstverständlichkeit erwartet werden. Dazu kommen die hohen Kaufkraftentzüge durch die hartnäckige Inflation. Das bekommen insbesondere haushalts- und konsumnahe Branchen zu spüren. Steigende Zinsen wirken in vielen Wirtschaftszweigen restriktiv.
Das geopolitische Umfeld bleibt angespannt. Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist derzeit nicht absehbar. Die politischen Spannungen zwischen China und den USA belasten weltweit die Produktions- und Investitionsentscheidungen. Die Materialengpässe in der deutschen Industrie gehen zwar deutlich zurück, aber Risiken in den globalen Produktions- und Lieferketten infolge der schwelenden geoökonomischen Fragmentierungen liegen auf der Hand. Das Ausmaß an handelsbeschränkenden Staatseingriffen erreicht derzeit Höchststände.
Kobaltproduktion zu schnell ausgeweitet: Die Preise sinken deutlich
Der globale Warenaustausch liegt auf einem hohen Niveau. Die kräftige Erholung nach dem Coronaeinbruch war nachhaltig. Für die Zukunft sind jedoch keine großen Handelsimpulse zu erwarten.
Die US-Wirtschaft mit schlechten Investitionsaussichten
Die Perspektiven für die US-Wirtschaft sind so schwach wie lange nicht. Die hohe Inflation zehrt am Konsum und die Investitionsperspektiven für die US-Wirtschaft sind schlecht. Hoffnungen liegen auf dem „Re-Opening“ von China nach den coronabedingten Beschränkungen. Das schwache globale Wirtschaftsumfeld und die geopolitischen Verunsicherungen wirken aber auch für China bremsend.
In diesem Umfeld kommt die deutsche Industrie wohl auch in diesem Jahr nicht voran. Bereits seit dem Herbst 2020 – als der starke Einbruch vom ersten Coronaschock im Frühjahr 2020 fast überwunden war – kommt sie nicht mehr von der Stelle. Seitdem besteht eine Produktionslücke von knapp 5 % zum Jahresniveau 2019.
Große Produktionseinbußen in der Chemieindustrie
Große Defizite waren lange Zeit in der Automobilindustrie zu verzeichnen, sie beliefen sich im April noch auf gut 9 %. Dagegen entstanden in der Chemieindustrie erst im Jahr 2022 gewaltige Produktionseinbußen – mit zuletzt fast 20 % zum Niveau 2019. Beim Maschinenbau fehlen noch 7 %. Dagegen liegt die aktuelle Produktion in der Elektroindustrie um 10 %, in der Pharmaindustrie um fast 17 % über dem Vorkrisenniveau. Diese großen Divergenzen in der Industrie erklären sich durch starke Branchenunterschiede hinsichtlich der Materialengpässe, der Energiekosteneffekte sowie der Nachfrageimpulse.
Russlands Aluriese Rusal fokussiert sich auf Chinas E-Autoindustrie
In der gesamten deutschen Industrie verhindert die geringe Nachfrage derzeit jede Aufbruchstimmung. Die Bestellungen lagen im April um fast 20 % unter dem Niveau vom Anfang des vergangenen Jahres. Dabei gaben die Inlandsorder um 12 % und die Bestellungen aus dem Ausland sogar um 23 % nach. Die Produktionslücke wird wohl 2023 nicht geschlossen und die deutsche Industrie erlebt wohl ein weiteres schwaches Jahr.