Kostenschocks bedrängen die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
Unternehmen beklagen steigende Lohnkosten und vielfältige Regulierungen. Das zeigt die aktuelle Konjunkturampel des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
Die deutsche Wirtschaft hat sich festgefahren. Nach den Rückgängen bei der gesamtwirtschaftlichen Leistung in den beiden vorhergehenden Quartalen ging es im zweiten Quartal 2023 nach ersten Schätzungen zumindest nicht weiter abwärts. Nach vorne gerichtet signalisieren Auftragseingänge und Unternehmensbefragungen eher keine Besserung.
Nachlassende Inflation stabilisiert den Konsum
Dass sich die Abwärtsbewegung nicht fortsetzte, lag ausschließlich an der einsetzenden Erholung im Dienstleistungssektor. Die nachlassenden Inflationseffekte stabilisierten den privaten Konsum. Dagegen setzte sich die Baukrise weiter fort.
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Hohe Kosten, steigende Zinsen und getrübte Wirtschaftsperspektiven lasten auf der Bereitschaft zum Bauen. Vor allem im Wohnungsbau sind Aufträge und Baugenehmigungen um rund ein Drittel eingebrochen. Erholung vorerst nicht in Sicht.
Auch die Industrieproduktion gab im zweiten Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal nach. Mittlerweile befindet sich Deutschland in einer seiner längsten Industrieflauten. Seit rund drei Jahren kommt das verarbeitende Gewerbe nicht mehr von der Stelle. Während bei der Autoindustrie im zweiten Quartal zumindest ein leichtes Plus verbucht werden konnte, ging die Produktion im Maschinenbau, in der Elektroindustrie und bei der Chemie erneut zurück. Auch in der Pharmaindustrie gab es zuletzt einen leichten Dämpfer – auf hohem Niveau.
Produktion der Industrie liegt niedriger als vor der Coronakrise
Damit bleibt die Industrie insgesamt gesehen weiterhin deutlich unter ihrem Vorkrisenniveau. Die Produktionslücke gegenüber dem Jahreswert von 2019 belief sich mit Blick auf das zweite Quartal 2023 auf rund 5 %. Diese Lücke besteht nunmehr schon seit dem Schlussquartal 2020. Noch höher sind die langwierigen Produktionseinbußen im Maschinenbau und der Automobilindustrie. Dagegen liegt die Produktion in der Pharma- und Elektroindustrie deutlich über dem Niveau vor den beiden Schocks aus Pandemie und Ukrainekrieg.
Die Gründe für die Industrieschwäche sind vielfältig und treffen die einzelnen Sparten unterschiedlich. Während etwa Maschinenbau und Automobilindustrie über lange Zeit unter fehlenden und teuren Materialien litten, schickte die kriegsbedingte Energiekrise die Chemieindustrie auf Talfahrt. Die hohen und kumulativen Kostenbelastungen schwächen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen – und das in einer sich abschwächenden Weltwirtschaft. Denn geopolitische Verunsicherungen und hohe Inflationsraten bremsen rund um den Globus die Investitions- und Konsumneigung. Entsprechend sinken die Bestellungen aus dem Ausland.
Kostensteigerungen belasten die internationale Wettbewerbsfähigkeit
Für das Hochkostenland Deutschland sind weitere Kostensteigerungen im internationalen Wettbewerb problematisch. Im Rahmen der aktuellen IW-Konjunkturumfrage wurden die Belastungen mit verschiedenen Kostenkategorien vermessen. Demnach werden steigende Lohnkosten von fast 40 % der Unternehmen als starke Mehrbelastung empfunden. Zugleich wird dies von praktisch allen Firmen als ein dauerhaftes Wettbewerbshandicap angesehen.
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Aber auch Energie-, Rohstoff- und Materialkosten, die insbesondere das vergangene Jahr beeinträchtigt haben, werden von zwei Dritteln der Unternehmen als eine dauerhafte Belastung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gesehen. Gemeinsam mit vielfältigen Regulierungslasten (Bürokratie, Umweltauflagen etc.) sind bleibende Standortverschlechterungen für die Produktion in Deutschland zu befürchten.